Was hat ein überzeugter Rassist bei Diskussion über Burka verloren?
Efgani Dönmez war zu Gast bei Pro und Contra auf Puls 4. Es ging wieder einmal um den Nikab, der wie so oft fälschlicherweise als Burka bezeichnet wurde. Zu Gast waren neben der konvertierten Muslimin, Nora Illi, die selbst einen Nikab trägt, die Frauensprecherin der Grünen Berivan Aslan, und niemand minderer als der Vorzeigeintegrierte Efgani Dönmez.
Wie nicht anders zu erwarten war, bediente sich Dönmez wiederholt rassistischen, sexistischen und menschenverachtenden Aussagen. Gleich zu Anfang der Sendung nennt er seine Diskussionspartnerin „geistes- und spaßfrei“ und „ein Stückchen Elend“. Er geht weiter und unterstellt Nora Illi eine radikale Extremistin zu sein. Das Verweigern des Handschlages gegenüber einem männlichen Gesprächspartner, so wie es Nora Illi getan hatte, finde er „krank“.
Dönmez sitzt auf seinem hohen Ross und denkt die Deutungshoheit über muslimische Frauen zu haben, sie über die Demokratie und „unsere Werte“ belehren zu müssen. Er nimmt sich die Freiheit, über die körperlichen Grenzen einer Frau zu entscheiden und plädiert dafür, das auch mit staatlichen Gesetzen zu untermauern.
Zum Zeitpunkt, als Efgani Dönmez sich Frau Nora Illi gegenüber mehrmals herabwürdigend äußert, befinden sich drei weitere Frauen in derselben Diskussionsrunde. Eine von ihnen, Berivan Aslan, gibt vor Feministin zu sein, die andere tut so, als setze sie sich für Frauenrechte ein. Jetzt kommt das groteske: Keine von ihnen, schreitet ein, indem sie Dönmez unterbricht oder ihn in die Schranken weist. Die Moderatorin, Frau Milborn, kommentiert nur nebenbei mit einem schwachen „Herr Dönmez, entschuldigen Sie, aber „ein Stückchen Elend“ ist wirklich ein bisschen untergriffig.“
Ich bin so empört von vielen Tatsachen gleichzeitig, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Das wiederholt eine Scheindebatte um eine Burka, die in unseren Breitengraden noch nie gesichtet wurde, oder um einen Nikab der von einem marginalen Teil der muslimischen Frauen in Europa und Österreich getragen wird, aufgegriffen wird, während wir weitgehend wichtigeren Problemen ausgesetzt sind, ist keine große Überraschung mehr.
Um trotzdem kurz darauf einzugehen: Erkennbare Musliminnen werden immer öfter und in kürzeren Abständen Opfer verbaler und physischer Attacken auf offener Straße. Muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind von institutionellem Rassismus und Sexismus in der Arbeitswelt betroffen. Wann hat Efgani Dönmez, der sich die Werte „unserer Gesellschaft“ so sehr zu Herzen genommen zu haben scheint und wie ein selbst ernannter Superheld für diese kämpft, sich je über diese sozialpolitischen Probleme geäußert? Nie. Er sitzt lieber auf seinem hohen Ross und belehrt Frauen darüber was sie zu tragen haben und was nicht.
Efgani Dönmez ist devot und narzisstisch zugleich. Einerseits denkt er, der Vorzeigedemokrat zu sein und alle anderen eines Besseren belehren zu können, andererseits benimmt er sich wie ein devoter kleiner Junge, der aufgrund seiner Komplexe auf den Beifall der Rechts- und Anderspopulistischen elitären Szene angewiesen ist. Er möchte um jeden Preis dazugehören, da bieten sich solche Diskussionsrunden natürlich hervorragend an – das perfekte Sprungbrett für solche Kandidaten.
Dönmez ist natürlich auch selbsternannter „Islamexperte“ und wenn ihm die Argumente ausgehen, spricht er ganz einfach über andere Länder, wie dem Iran und Saudi-Arabien und die dort vorherrschenden Zustände. Dabei entrüstet er sich über die Erniedrigung der Frauen in diesen Ländern und eine Minute später erniedrigt er sein weibliches Gegenüber. Er ist echauffiert darüber, dass Nora Illi überhaupt die Möglichkeit geboten wird, ihr „salafistisches Gedankengut“, wie er es nennt, kundzutun und welches Gedankengut verbreitet Dönmez selbst in dieser Sendung und anderen Aussagen?
Wieso wird einem Menschen, der offen rassistische und sexistische Äußerungen von sich gibt, eine Bühne geboten und das andauernd? Warum denn in aller Welt? Dönmez unterstellt während der Sendung Nora Illi, Extremisten wären ihre „Brüder im Geiste“. Wessen Brüder im Geiste vertritt denn er selbst? Aussagen die wie folgt anfangen „Ich will nicht, dass unsere Gesellschaft…“ , „Unsere Werte…“, „Es ist eine Gefahr für uns, dass…“, „Ich schwöre Ihnen, so wahr wir hier alle sitzen, genau solche Menschen…“ folgen einem altbekannten Muster.
Außerdem ist erwähnenswert, dass er Salafisten verantwortlich für Attacken auf muslimische Frauen macht, und ein Modegeschäft, dass muslimische Kleidung verkauft, und nicht etwa rechtspopulistische Hetze und durch Scheindebatten geschürte Islamfeindlichkeit. Es wird also eine religiöse Minderheit für Angriffe, die sich gegen sie selbst richtet verantwortlich gemacht. Die Analogie ist, glaube ich, nicht schwer zu bilden.
Begüm Türktekin