Wir können FPÖ-Hofer nach Corona-Koran-Sager K.O. schlagen

Parteichef Norbert Hofer versucht seine gekenterte FPÖ mit Rassismus gegen Muslim_innen aus der Krise zu ziehen. Die antifaschistische Linke kann dieses Manöver – aus einer Position der Stärke – mit Antirassismus, Regierungskritik und Antikapitalismus vereiteln.
1. Juli 2020 |

Bei der FPÖ-Kundgebung am 16. Juni am Wiener Viktor-Adler-Markt hetzte der blaue Parteichef Nobert Hofer mit übelstem antimuslimischen Rassismus: „Ich fürchte mich nicht vor Corona, Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher, meine Lieben, als Corona.“ Gegenüber dem Boulevard-Sender oe24.at bekräftigte er, der Sager sei ihm „nicht herausgerutscht“, und es sei „manchmal wichtig Wespennester zu entfernen“, mit anderen Worten, es war ein gezielter Angriff gegen Muslim_innen.

Die Nazis haben Jüdinnen und Juden und andere Minderheiten systematisch entmenschlicht und bedienten sich dabei widerlichstem biologischem Rassismus. Hofer macht nichts anderes, wenn er von einer angeblichen „Islamisierung“ faselt und den Koran mit einer „Krankheit“ vergleicht, und damit unterstellt, der muslimische Glauben verbreite sich wie eine gefährliche Seuche, die es – und das wäre die Konsequenz – mit allen Mitteln wie „Wespennester“ auszurotten gilt.

Blaue Schwäche

Wir sollten uns, bei all der Hässlichkeit der Rhetorik und dem scheinbaren Selbstbewusstsein der Rechten, in Erinnerung rufen, dass die FPÖ nach Ibiza in die tiefste Krise seit dem legendären Spaltungsparteitag von Knittelfeld im Jahr 2002 gestürzt ist. Auf Bundesebene halten die Freiheitlichen laut den aktuellsten Umfragen nur mehr bei 12 bis 14 Prozent, sie haben sich damit seit den letzten Nationalratswahlen vor dem Regierungseintritt halbiert (2017: 26 Prozent). In Wien ist der Absturz noch dramatischer, hier steht die FPÖ nur mehr einstellig bei 8 Prozent, in der Bürgermeisterfrage ist Nepp sogar hinter Straches Splitterpartei THC gefallen.

Das Kalkül hinter Hofers Corona-Koran-Sager ist, die Ablehnung der autoritären Regierungsmaßnahmen und die finanzielle Unsicherheit der Menschen auszunutzen und aus der eigenen politischen Krise zu kommen. Die FPÖ versucht, die zum Teil berechtigte Empörung in eine Mischung aus Pseudo-Antikapitalismus und Rassismus abzulenken. Daher plakatieren die Freiheitlichen im Wiener Wahlkampf auch in Kombination „Entschädigung für Corona-Opfer“, „Arbeitsplätze sichern statt Banken füttern“ und „Radikale Türken- und Islamistenvereine auflösen“.

Linke Stärke

Es gibt aber noch einen bedeutenderen Faktor, der die Schwäche der FPÖ verdeutlicht: die Stärke der antirassistischen Bewegung. Wir erleben weltweit einen wahnsinnigen Aufschwung, das wissen die Freiheitlichen selbst. Sie fürchten, schreibt etwa das Parteiorgan Neue Freie Zeitung (NFZ) unter Bezugnahme auf die 50.000 Menschen starke Black Lives Matter-Demo in Wien (und auf den Antirassisten Karl Marx, „dem linken Urvater“), dass nun „historische Texte, Bücher, Firmennamen und -logos, Denkmäler und politische Aussagen einem exorzistischen Tribunal unterzogen“ werden. In derselben Ausgabe beklagen sie sich, dass die neuen Wahlplakate im „roten Ottakring“ keine 24 Stunden lang vor „linken Vandalen“ sicher waren.

Die gleiche antirassistische Bewegung hat den Sturz der Koalition aus FPÖ und ÖVP 2019 vorbereitet. Erinnern wir uns, dass es nicht die Korruption war, die zur Regierungskrise führte: Die antifaschistische Bewegung, von den Donnerstags-Demos bis zu den Protesten der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, hat unermüdlich die faschistischen Eskapaden des freiheitlichen Innenministers Herbert Kickl angeprangert (Stichwort Stürmung des Verfassungsschutzes), die Verstrickungen zwischen der Neonazi-Organisation Identitäre Bewegung, den Blauen und dem neuseeländischen Attentäter (der 50 Muslim_innen ermordete) in Massendemonstrationen auf den Straßen zum Thema gemacht – was schließlich dazu geführt hat, dass Kanzler Sebastian Kurz in den entscheidenden Ibiza-Stunden den blauen Polizeiminister fallen lassen musste und die Regierung daran zerbrach.

Antikapitalismus

Um den versuchten Befreiungsschlag der FPÖ – wie vorhin als die Dreiecksbeziehung Coronaempörung-Pseudoantikapitalismus-Rassismus beschrieben – zurückzuschlagen, muss die Linke drei Momente beherzigen: Zuvorderst muss sie im Wahlkampf die antirassistische Bewegung gegen die Blauen werfen, sie muss eine echte Kritik an der Regierungspolitik formulieren und darf vor Tadel der Grünen nicht zurückschrecken, und sie muss eine letztendlich eine radikale antikapitalistische, systemüberwindende Position in den Bewegungen stärken und organisieren.