Marina Ginestà

Auch wenn ihr Name nur einigen etwas sagt, ein Bild von ihr aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges, womit sie zur Ikone wurde, ist umso bekannter. Marina Ginestá, eine überzeugte Kommunistin, war Autorin, Journalistin und mit 94 Jahren vermutlich die letzte überlebende französische Veteranin des Spanischen Bürgerkrieges.
15. Juli 2019 |

Marina Ginestà wurde am 29. Jänner 1919 im französischen Toulouse in eine aus Spanien ausgewanderte Arbeiterfamilie hineingeboren. Diese hatte bereits eine jahrzehntelange Tradition an linker politischer Arbeit vorzuweisen. Die Eltern waren kommunistische Schneider und in der Gewerkschaftsbewegung organisiert. Ihre Großmutter mütterlicherseits war Feministin, Mitglied der Sozialistischen Partei und mitten drin dabei in der Genossenschaftsbewegung,  so wie der Großvater väterlicherseits, der außerdem auch Mitglied der katalanischen Sektion der Sozialistischen Partei war.

Bei dieser Familiengeschichte war es nur eine Frage der Zeit, bis Ginestà in die Fußstapfen ihrer Verwandten treten würde. Das Engagement der Familie intensivierte sich 1928 nach deren Rückkehr nach Spanien, wo sie sich in Barcelona niederließen. Dort kandidierte Ginestàs Mutter für die kommunistische Partei. 1930 wurde ihr Vater als Armeedeserteur verhaftet.

Aktivismus im Bürgerkrieg

Bereits vor Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs war Ginestà politisch sehr aktiv: Im Februar 1936 war sie auf einem Foto mit anderen jungen Kommunist_innen an der Spitze einer Demo für die Freilassung des linken katalanischen Politikers Lluís Companys zu sehen. Im selben Jahr wurde sie Mitglied im Vereinigten Sozialistischen Jugendverband Kataloniens (JSUC), dem Zusammenschluss der kommunistischen und sozialistischen Jugendorganisation Kataloniens. Auch ihr Bruder Albert, der davor 1933 wegen Verbreitens kommunistischer Propaganda verhaftet wurde, war dort eingetreten.

Wegen ihrer Französischkenntnisse unterstützte sie ihre Genoss_innen als Übersetzerin, unter anderem für die Planung der Volksolympiade in Barcelona, eine Gegenveranstaltung zu den Olympischen Spielen in Berlin unter Hitler. Jedoch kam es nie dazu, da bei Morgengrauen des 19. Juli 1936 das spanische Militär einen Staatsstreich unternahm, wobei Ginestà und ihr Bruder einen engen Freund im Barrikadenkampf verloren.

Nach der Kapitulation des Militärs am selben Tag wurde in einem besetzten Hotel an der Plaça de Catalunya die Zentrale der Sozialistischen Einheitspartei Kataloniens eingerichtet, wo die erst 17-jährige Ginestà als Schreibkraft arbeitete und die Aufgabe hatte, Kolzow, den Französisch sprechenden Korrespondenten der sowjetischen Zeitung Prawda, zu dolmetschen. Dieser beschrieb sie in seinem Tagebuch als Beispiel der emanzipierten spanischen Frau: „Die authentische spanische Frau, die […] in den schwierigen Stunden des Kampfes ihres Volkes, ihr wahres, standhaftes, rührendes eigenes Bild entdeckt hat.“

Es blieb nicht beim Dolmetschen, darüber hinaus war sie als Journalistin und 1938 als Redakteurin der kommunistischen Zeitschrift Verdad tätig.

Eine Ikone des Widerstands

Bei der Parteizentrale entstand auch das Bild von ihr, das der deutsch-spanische Fotograf Juan Guzmán von ihr machte, und das zu einem Symbol des Widerstands im Spanischen Bürgerkrieg wurde. Selbstbewusst schaut die uniformierte Ginestà seitlich in die Kamera, sie lächelt und trägt lässig ein Gewehr um ihre Schulter. Trotz der starken Verbreitung dieses Fotos war das darauf abgebildete Mädchen jahrzehntelang der Öffentlichkeit unbekannt – Guzmán hatte es fälschlicherweise unter dem Namen Jinesta katalogisiert.

Ginestà selbst erfuhr erst im hohen Alter von ihrer Berühmtheit. Das Bild, das sie unsterblich gemacht hatte, kommentierte sie mit: „Es ist ein gutes Foto, es widerspiegelt das Gefühl, das wir damals hatten […] Man sagt, auf dem Foto habe ich einen hinreißenden Blick. Das ist gut möglich, denn wir lebten mit der Mystik der Revolution des Proletariats und den Hollywood-Bildern, von Greta Garbo und Gary Cooper.“

Am Ende des Bürgerkriegs wurde sie in einem spanischen Konzentrationslager inhaftiert, aus dem sie jedoch wieder frei kam und dann erst nach Frankreich und später über die Dominikanische Republik nach Venezuela floh. 1949 kehrte sie wieder nach Frankreich zurück. 1970 veröffentlichte sie in Barcelona ihren Debütroman und etablierte sich als Autorin preisgekrönter katalanischsprachiger Bücher. Im Jänner 2014 verstarb sie im Alter von 94 Jahren in Paris.