COP26 – viel Blablabla
Schon die COP21 in Paris 2015 war von Lug und Trug begleitet. Die Mächtigen erzählten uns, sie hätten sich auf das gemeinsame Ziel verständigt, die globale Temperaturerhöhung auf 1,5 Grad zu begrenzen – sie haben sich aber auch gegenseitig zugestanden, so viel oder wenig zu tun, wie jedem Land beliebte.
Diese „Ziele“ sind genauso viel wert wie Wahlkampfversprechen, auf die nicht mehr zu hören wir längst gelernt haben. In der Klimapolitik müssen wir uns diesen nüchternen Zugang erst noch zu eigen machen.
Versagen der Klimakonferenzen
Die Klimaprotestbewegung war nach Paris jahrelang ratlos und gespalten. Einige übten sich in Schönreden von Paris, andere waren angesichts des Ausmaßes des Betrugs fassungslos. Bis 2018 Greta Thunberg und mit ihr 2019 Fridays for Future, eine globale Protestbewegung auf die Straßen brachten, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Die Mächtigen versprachen, um die jungen Menschen zu beruhigen, 2020 würden in Madrid „verpflichtende Ziele“ beschlossen.
Dann kam Corona. Die Verpflichtungen für ernsthafte und wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel mussten bis Glasgow 2021 warten. Und so waren die Erwartungen in die COP26 riesig, zumindest unter denjenigen innerhalb der Klimabewegung, die noch Hoffnungen in den Prozess der Klimakonferenzen hatten. Klimakonferenzen basieren auf der Vorstellung, Regierungen und infolge die Konzerne, würden sich freiwillig dazu verpflichten, die CO2-Emissionen so weit zu reduzieren, dass die Katastrophe noch abgewendet werden kann. Heute sehen wir wieder, wie naiv der Gedanke war, sie würden freiwillig auf Profite verzichten, die sie nur haben können, wenn weiter fossile Brennstoffe gefördert und verbrannt werden.
Die COP26 in Glasgow hat uns wieder vor Augen geführt, dass die Mächtigen der Welt einfach nicht verstehen können, was auf uns zukommt.
Totschweigen der dringendsten Ziele
Die führenden Politiker haben allerdings gelernt, rhetorisch auf uns zuzugehen. Sie können nach den Massenprotesten von 2019 nicht mehr so brutal vorgehen wie die Präsidenten Barack Obama und Xi Jipeng 2009 bei der COP15 von Kopenhagen. Damals haben die beiden, sämtliche Proteste und Gespräche beiseite schiebend, sich am letzten Tag getroffen und dann der Welt ihr Übereinkommen präsentiert: Das drei Seiten lange Abkommen besagte, dass von nun an jedes Land sein Emissionsniveau selbst wählen darf. Jedes Land könnte in Zukunft mehr oder weniger emittieren.
Wir müssen erzwingen, dass sie Gesetze erlassen, die eine weitere Förderung fossiler Brennstoffe unterbindet und die Finanzierung erneuerbarer Energie ermöglicht.
Im Gegensatz zu Kyoto war kein Land verpflichtet, irgendwelche Grenzwerte einzuhalten. Es würde keine Durchsetzungsmechanismen und keine Sanktionen geben. Es war das vorläufige Ende aller Klimaschutzbemühungen und auch die Protestbewegung brauchte Jahre um wieder auf die Straßen zu finden.
Den Anfang machten die Proteste von Indigenen in Nordamerika gegen Pipelines und gegen die Erschließung von Teersand, die Präsident Obama 2015 dazu zwangen die Keystone XL Pipeline zu beerdigen.
Global wurde es für die Mächtigen erst mit den Schulstreiks fürs Klima politisch eng. Jetzt formulieren sie wieder Versprechungen und Ziele – viel Blablabla – und sie geben sich geläutert, hören auf die Wissenschafter und applaudieren peinlich berührt der Jugend, wenn sie von dieser angeklagt und beschimpft werden. Wir brauchen natürlich eine Vielzahl von Maßnahmen, aber keine wird uns retten, wenn sie nicht den Leitsatz befolgt: Lasst die fossilen Brennstoffe unter der Erde! Aber fossile Brennstoffe finden im vorläufigen 47-seitigen Abschlussdokument von Glasgow gerade ein Mal Erwähnung: „Die Wissenschaft fordert die Vertragsparteien auf, den Ausstieg aus der Kohle und den Abbau der Subventionen für fossile Brennstoffe zu beschleunigen.“ – Das war alles, was die Konferenz-Organisation den Mächtigen abringen konnte. Sie haben keine Ahnung, wie sie die Mächtigen zu mehr bewegen können.
Jetzt erst recht
Sich das totale Scheitern der COP26 und des Instruments der Klimakonferenzen einzugestehen, ist keine Schande und stellt auch keine Kapitulation vor dem Feind dar. Es erlaubt schlicht und einfach, den Feind als solchen zu erkennen und zu den geeigneten Mitteln zu greifen. Eben weil heute schon so viele Menschen Null Zutrauen zu den Mächtigen haben, versuchen sie auf eigene Faust das Klima zu retten, indem sie sich in Verzicht üben, ihr Verhalten der Herausforderung anzupassen, und versuchen immer mehr Menschen zu umweltfreundlichem Konsumverhalten zu bewegen.
Aber, wie der weltweit renommierte Klimaforscher Keywan Riahi vom Institut für angewandte Systemanalyse in Laxenburg bei Wien insistiert, reicht es nicht, Treibhausgasemissionen lediglich zu reduzieren: „Wir brauchen null Emissionen.“ Das Ziel der Null-Emissionen ist „mit Verzicht nicht zu erreichen.“ Es geht nicht nur um das Verhalten Einzelner, seien es auch noch so viele, sondern es braucht „einen Systemwandel!“
Welche Mittel bleiben uns?
Am Ende bleibt die Frage: wenn wir die Mächtigen nicht davon überzeugen können, die notwendigen Umstellungen vorzunehmen, um Null-Emissionen zu erreichen, und wenn auch eine massenhafte Veränderung des Konsumverhaltens das nicht bewirken kann, welche Mittel bleiben uns dann noch?
Es scheint klar, dass diese historische Herausforderung nur mit globalen Maßnahmen begegnet werden kann. Unter dem Strich brauchen wir einen globalen Kraftakt um den Ausstieg aus fossilen und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zu schaffen. Aber die Zeit drängt dermaßen, dass wir nicht auf eine sozialistische Revolution warten können, bevor wir damit anfangen den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu drosseln. Weil der Umstieg auf Erneuerbare viele Billionen Euros kosten wird, und nur Regierungen die Mittel haben, solche Summen zu organisieren, müssen wir als erste Schritte zu einer weltweiten Revolution alle unsere Energie dazu verwenden, unsere Regierungen unter Druck zu setzen – durch Massenproteste, Schüler_innenstreiks und gewerkschaftliche Kämpfe.
Wir müssen erzwingen, dass sie Gesetze erlassen, die eine weitere Förderung fossiler Brennstoffe unterbindet und die Finanzierung erneuerbarer Energie ermöglicht. Und weil auch dieser logische Gedanke sich nicht von alleine innerhalb der Klimaprotestbewegung durchsetzen wird, müssen wir „Linken“ alle Ökosozialistinnen und Ökosozialisten werden. Es gibt wie gesagt kein auch nur annähernd so dringliches Problem wie den Klimawandel.