Familie ist ein Menschenrecht!

Die Familie ist für die meisten Menschen wichtiger Rückhalt, besonders in schwierigen Lebenslagen. Das Menschenrecht auf Familie ist in Gesetzen und internationalen Vertragswerken festgeschrieben. Die Regierung pfeift auf das Recht und folgt dem Druck der FPÖ. Es ist pure Bösartigkeit, welche die Politik zur Aussetzung des Familiennachzugs motiviert. Sie wollen Flüchtlingen das Leben zur Hölle machen.
19. Juni 2025 |

Oft machen sich jüngere Männer oder die fittesten Familienmitglieder auf die mühevolle und gefährliche Reise. Sind sie in Sicherheit, holen sie die Familie nach, um gemeinsam leben zu können. Asylberechtigte haben das mehrfach abgesicherte Recht ihre Familienmitglieder nachzuholen, sobald sie ihren positiven Asylbescheid bekommen. Seit der Verschärfung des Asylgesetzes 2016 können subsidiär Schutzbedürftige ihre Familie frühestens nach drei langen Jahren nachholen.

ÖVP, SPÖ und NEOS können den Familiennachzug rechtlich nicht gänzlich stoppen, wollen ihn aber bis Ende September 2026 „pausieren“ und dann nur Kontingente erlauben. Shoura Hashemi die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich bringt es auf den Punkt: „es ist kein gutes Vorzeichen, wenn die Amtsperiode mit einem klaren Verstoß gegen geltendes Völkerrecht beginnt“

Von wegen Notfall!

Die Regierung beruft sich auf die „Notfallklausel“ der EU wegen „Systemüberlastung“, vor allem im Bildungssystem. Die Klausel sieht vor, dass bei einer Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit eines EU-Landes der Vorrang des EU-Rechts vor nationalem Recht nicht mehr gilt. Es liegt kein Notfall vor! Österreich ist das achtreichste Land in Europa. Im Jänner 2025 kamen österreichweit nur 95 Menschen per Familienzusammenführung, im Februar 60 Personen. Im Jahr 2024 waren es 7.762 Menschen. Davon waren 5.331 Minderjährige, unter ihnen 3.098 Schulpflichtige. Der Großteil stammte aus Syrien. Die Schicksale von weiteren 3.600 Menschen aus Syrien, deren Anträge seit dem Sturz von Diktator Assad unbehandelt blieben, sind unsicher. Es wäre keine Hexerei diese Menschen, auf die ihre Angehörigen warten, in Österreich unterzubringen.
Was ist die Alternative? Wenn Familienzusammenführung nicht auf legalem Weg passieren kann, flüchten auch die schwächeren Familienmitglieder auf gefährlichen Fluchtwegen mit Hilfe teurer Fluchthelfer:innen. Dadurch werden noch mehr Flüchtlinge sterben. Syrien ist wie Afghanistan nicht sicher. Innenminister Karner und seine deutsche Amtskollegin Nancy Faeser sagten ihren bestens geschützten Besuch in Syrien aus Sicherheitsgründen ab. Ihre Leben zählen. Aber das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen leitete eiligst tausende Asyl-Aberkennungsverfahren für anerkannte syrische Flüchtlinge ein.

Legitimation für Hassverbrechen

Die Regierung nimmt lieber mehr Tote in Kauf als der Hetze der FPÖ entgegenzutreten. Die FPÖ dominierte unter Jörg Haiders Erfolgswelle bereits einmal die österreichische Politik aus der Opposition heraus. Die Folgen davon waren fatal. Das Jahr 1993 begann mit dem Anti-Ausländer-Volksbegehren Österreich-zuerst der FPÖ, gin weiter mit dem neuen Aufenthaltsgesetz der ÖVP/SPÖ-Koalition und endete mit der faschistischen Briefbombenserie gegen Minderheiten und Flüchtlingshelfer:innen. Erstmals wurden mit dem Aufenthaltsgesetz 1993 die verschiedenen Aufenthaltstitel festgelegt und Quoten für den Familiennachzug eingeführt. Faschisten sahen ihre Zeit gekommen, die Politik machte Zugeständnisse. Der Bombenterror ab Dezember 1993 bis 1997 hatte Tote und Verletzte zur Folge. Der Fahndungsdruck führte braune Aktivisten der außerparlamentarischen Szene verstärkt in die sichere FPÖ und ihre Vorfeldorganisationen.

Österreich veränderte sich nachhaltig. Dennoch eiferten die anderen Parteien der FPÖ immer weiter nach. Viele Forderungen des FPÖ-Volksbegehren sind inzwischen längst umgesetzt. Die Spirale nach unten dreht sich weiter. Das von oben aufbereitete Klima des Rassismus betrifft vor allem Muslim:innen und Geflüchtete und hat handfeste Folgen. Bei rassistisch motivierten Übergriffen liegt unter 13 untersuchten EU-Ländern nur Deutschland vor Österreich. Österreich führt beim antimuslimischen Rassismus. Dies ist ein Ergebnis des jüngsten Berichts der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA). Im FRA-Bericht „Being Black in the EU“ zeigt sich, Österreich führt auch die Länderliste bei möglicher Polizeidiskriminierung an.

Recht auf Familie

Wer ständig Unterdrückung und Ausgrenzung erlebt, braucht ein liebevolles und stabiles Umfeld noch dringender als der Rest der Gesellschaft. Die Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK, Artikel 8) schützen das Menschenrecht auf Familie. Die österreichische Verfassung garantiert jedem Kind Schutz und Fürsorge sowie eine regelmäßige persönliche Beziehung zu beiden Elternteilen. Die Regierung weiß, dass ihr neues Gesetz voraussichtlich rechtlich wieder gekippt wird. Aber, das kann Jahre dauern. Bis dahin sollen Flüchtlinge weiter leiden. Dazu kommt noch die Signalwirkung des Rechtsbruchs: Hass auf Flüchtlinge ist so legittim, dass wir geltendes Recht ignorieren dürfen, ist die Botschaft der Regierung.
Die österreichische Gesellschaft ist überaltert. 2025 stieg der Bevölkerungsanteil der Senioren das 9. Jahr in Folge auf einen erneuten Höchststand. Eigentlich sollte die Politik für jedes Kind dankbar sein. Geflüchtete Familien integrieren sich laut UNHCR-Studien leichter in die Gastgesellschaft und lernen schneller die Sprache als Menschen, die sich ständig Sorgen um die Zurückgebliebenen machen müssen. „Familien die Aussicht auf Wiedervereinigung zu nehmen löst keine Probleme, sondern schafft nur weitere“, so Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich.

Politik hat Bildungssystem ruiniert

Verantwortlich für die Limits im Bildungsbereich sind nicht die Neuankömmlinge, sondern die zuständigen Politiker. Anders als bei anderen Formen der Zuwanderung ist die gute Planbarkeit beim Familiennachzug ein echter Bonus. Für ein gutes Gelingen von Inklusion braucht es nur politischen Willen, Kommunikation zwischen den Behörden und mehr Ressourcen. Österreich bildet zudem ausreichend Pädagog:innen aus, die bleiben jedoch wegen der schlechten Rahmenbedingungen nicht im Beruf. Bildungspersonal und Gewerkschaften zeigen der Politik bei unzähligen Gesprächen, mit Petitionen und durch lautstarke Proteste, die herrschenden Missstände und den folgenden Fachkräftemangel in Kindergärten und Schulen auf.
Die untätigen Verantwortlichen schieben nun schamlos den Kindern die Schuld für ihre eigene Untätigkeit zu. Das passt ins Gesamtbild. Österreich bricht Menschenrechte und steckt Schutzsuchende in Wertekurse, damit sie „unsere Werte“ lernen. ÖVP, SPÖ und NEOS verkünden im Regierungsprogramm neben dem Angriff auf Familiennachzug noch mehr rassistische Sondergesetze wie ein Kopftuchverbot, Rückkehrverfahrenszentren für Geflüchtete, usw. Die Regierung will die Asylanträge generell „auf Null“ reduzieren. Wer so eine zynische Asylpolitik in Anlehnung an die FPÖ macht, bekleckert sich nicht mit Ruhm, sondern mit dem Blut der Toten auf ihren gefährlichen Fluchtwegen. Flüchtlinge brauchen jetzt unsere aktive Solidarität und die Regierung Druck von links.