Die SPÖ ist nicht der Hauptfeind
Rechte Kräfte fühlen sich im Vormarsch und sind nach dem Dammbruch dementsprechend mutig.
Außenminister Kurz etwa hat seit der Koalitionsbildung zwei Vorstöße unternommen, die alte Leier von Ausländer-sind-Sozialschmarotzer wieder zu beleben. Er wolle, so wie sein britischer Amtskollege Außenminister Philipp Hammond, einer „Sozialunion vorbauen“. Familienbeihilfe solle an Familien, deren Kinder nicht in Österreich leben, nicht in der vollen Höhe ausbezahlt werden. Davor forderte er, dass Sozialleistungen für Zuwanderer aus EU-Ländern, die nach kurzem Aufenthalt arbeitslos werden, eingestellt werden.
Beide Vorstöße sind bezeichnenderweise völlig irrelevant, da solche Leistungen ohnedies nur bezogen werden können, wenn man 52 Wochen beschäftigt war. Aber was Kurz von sich gegeben hat, bestärkt Rassisten. Dahinter steckt Kalkül.
SPÖ selbst auf Abwegen
In Linz stellten sich am 22. Juni SPÖ-Mitarbeiter_innen mit Taferln auf die Straßen, auf denen unter anderem zu lesen war: „Sind auch Sie gegen ein großes Asyl-Zentrum in Linz?“ So verhält sich derzeit die SPÖ im Wettlauf nach rechts, den Rot-Blau im Burgenland ausgelöst hat. Man darf prophezeien, dass es mit der SPÖ weiter bergab gehen wird, aber dafür sind umfassendere Entwicklungen verantwortlich.
Die sozialdemokratischen Parteien Europas verlieren, weil sie nicht links genug sind, weil ihre Basis unter neoliberaler Politik leidet, die diese Parteien nicht bekämpfen, sondern mittragen. Daneben auch noch so wichtige ideologische Säulen wie Antifaschismus und Antirassismus zu kippen, wird auf den neoliberalen Kurs eine enthemmende Wirkung haben. Rechtsruck und Abschwung werden sich gegenseitig beschleunigen.
Linke profitiert nicht davon
Davon wird, das ist zu befürchten, auch bei den Wiener Wahlen die FPÖ profitieren. Für den Wahlausgang wird entscheidend sein, wie gut die SPÖ ihre potentiellen Wähler_innen mobilisieren kann.
Die Verluste der vergangenen Jahrzehnte sind vor allem damit zu erklären, dass ihre Wähler_innen sich der Stimme enthielten, bzw. sich nicht motivieren konnten, wählen zu gehen. Das ist einerseits völlig nachvollziehbar, das Problem dabei ist, dass dadurch nicht die Linke gestärkt wird, sondern vor allem die FPÖ.
Das ist ein Dilemma, mit dem alle konfrontiert sind, die sich von den aktuellen Entwicklungen richtiggehend abgestoßen fühlen. Es sieht überhaupt nicht danach aus, als würde sich als Reaktion auf den Rechtsruck der SPÖ eine neue Linkspartei formieren. Eine Alternative links der SPÖ müsste in der Arbeiter_innenbewegung Wurzeln schlagen können, wenn sie nicht gleich wieder verkümmern wollte.
Ohne Bewegung geht nichts
Das heißt eine solche Partei braucht die Unterstützung von Gewerkschaftsaktivist_innen und dabei vor allem von solchen, die wirklich Einfluss in den Betrieben haben, also von aktiven Betriebsrät_innen. Linksparteien sind deshalb kaum lebensfähig, wenn es nicht zu einer tiefen Spaltung innerhalb der Sozialdemokratie kommt, und danach sieht es derzeit nicht aus. Zu einer solchen Spaltung kommt es vor allem dann, wenn heftige soziale Kämpfe toben, die große Teile der Arbeiter_innenschaft mobilisieren und aktivieren können.
Aktive Menschen stellen die herrschenden Zustände viel grundsätzlicher infrage als es passive Menschen tun, auch wenn sie noch so unzufrieden sind, oder wie Rosa Luxemburg es ausgedrückt hat: „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht!“.
In Bewegungen fragen sich die Aktivist_innen, welche Organisationsform oder Partei sie bei ihrem Kampf weiterbringen kann und tun dann eventuell so große Schritte, wie es die Gründung von neuen Parteien bedeutet. Die sozialdemokratische Führung ist sich dessen bewusst und wird sich davor hüten ihre Mitglieder zu mobilisieren. Streiks, befristet auf einen Tag, oder von oben herab organsierte Proteste, mehr würden sie nicht riskieren, solange sie nicht dazu gezwungen sind.
Wir Linken sollten deshalb sehr bedacht sein, wen wir als unseren Hauptfeind sehen. Auch wenn die SPÖ sich noch so schrecklich entwickelt, unser politischer Hauptfeind sind die Rechten und die wollen wir auf keinen Fall als Sieger vom Platz ziehen lassen.