Konvoi Budapest Wien: Kriminalisierung von Fluchthilfe

Seit zwei Monaten ermöglicht die Solidarität von Privatpersonen, die sich mit einem Akt der Zivilcourage bewusst über Gesetze hinweggesetzt haben, Flüchtlingen eine sichere Einreise nach Österreich. Drei Beteiligte des Autokonvois von Budapest nach Wien wurden der Schlepperei bezichtigt.
2. Dezember 2015 |

Die drei betroffenen Aktivist_innen, die dem Konvoi Budapest Wien – Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge angehören, wurden von der Landespolizeidirektion zur Einvernahme vorgeladen und müssen sich gegen den Vorwurf der Schlepperei rechtfertigen. Anfang September startete eine Gruppe von Freiwilligen diese Initiative, als Viktor Orbán in Ungarn mehrere Bahnhöfe sperren ließ, Flüchtlinge an den Bahnhöfen festsaßen und ihre Reise per Fußmarsch nach Wien fortsetzten.

Dem Aufruf von Konvoi Budapest Wien, die Flüchtlinge auf ihrer beschwerlichen Reise bestmöglich zu unterstützen und über die Grenze zu transportieren, folgten zahlreiche hilfsbereite Menschen. Laut der Organisation Refugee Convoy sammelten sich ungefähr 300 Freiwillige mit 170 Autos am Parkplatz beim Ernst-Happel-Stadion im Prater und wurden anschließend von 30 überraschend zuvorkommenden Polizisten bis zur Autobahnausfahrt nach Simmering gelotst.

Zivilcourage unerwünscht

Dieser Konvoi von Györ nach Wien war einer der ersten seiner Art und brachte die rebellische Stimmung in der Bevölkerung zum Ausdruck. Auch gegen die deutsche Onlineplattform fluchthelfer.in wird von der deutschen und der Linzer Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Internetseite wird beschuldigt, zu Schlepperei aufzurufen und somit Straftaten zu provozieren.

Schlepper: Lebensretter oder skrupellose Kriminelle?

Schlepper: Lebensretter oder skrupellose Kriminelle?

An den drei Teilnehmer_innen des Konvois Budapest Wien sowie an fluchthelfer.in soll ein Exempel statuiert werden, mit einem klaren Signal an die Bevölkerung: wer Flüchtlingen hilft ins Land zu kommen, muss mit konsequenter Bestrafung rechnen.

„Schlepperbekämpfung“

„Schlepper übernehmen Dienste, die eigentlich Aufgabe des Staates wären“, sagt Strafrechtler Andreas Schloenhardt im Gespräch mit dem Standard treffend. Anstatt als Regierung für sichere und legale Einreisemöglichkeiten zu sorgen und damit Schleppern den Nährboden zu entziehen, verstärkt sie die Grenzkontrollen und baut einen Grenzzaun.

Der Leiter der Anti-Schlepperei-Zentralstelle im Bundeskriminalamt, Gerald Tatzgern, behauptet laut dem Standard, es gehe ihnen um die schweren Fälle, denn Schleuser würden skrupellos und ausbeuterisch vorgehen. Deren Bekämpfung diene also dem Schutz der Geflüchteten. Tatsache ist, dass gegen drei Fluchthelfer_innen vorgegangen wird, die sich nicht durch ihre Hilfeleistung bereichern wollten, sondern die unmenschliche Asylpolitik Österreichs und ganz Europas satt haben und nicht länger mit­ansehen wollen, wie Flüchtlinge durch das Dublin-III-Abkommen wie willenlose Schachbrettfiguren umhergeschoben werden. Die Flüchtlingsbewegung wird sich nicht vom Helfen abhalten lassen, sondern im Gegenteil weiterhin für Menschenrechte kämpfen.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.