#aufdiestrasse: Mit Zelten und Trompeten gegen Abschaffung der Mindestsicherung
„Den Ärmsten Menschen das Mindeste zu streichen, in einem der reichsten Länder der Welt – das ist ein Skandal, Herr Kurz!“, empörte sich Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger am 23. April auf der Kundgebung am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt. Das neue Sozialhilfegesetz komme einer Abschaffung der Mindestsicherung gleich und bekämpfe die Armen und nicht die Armut. „Ich gehe auf die Straße, damit andere nicht auf die Straße gedrängt werden und um gemeinsam für eine andere Welt einzutreten“, erklärte Fenninger, warum er über eine Woche durch die Bundesländer tourte und aus Protest gegen das neue „armutsfördernde“ Sozialhilfegesetz in einem Zelt übernachtete.
Er ermutigte die Protestierenden, sich gegen die schwarz-blauen Angriffe zu wehren: „Wir sind nicht die nutzlosen Idioten der Geschichte. Wir sind die vielen und wenn wir vielen uns zusammentun dann schreiben wir Geschichte. Und wir können Geschichte schreiben.“ Auch in dieser Nacht schlugen Fenninger und zahlreiche Unterstützende, darunter Aktivist_innen von Linkswende jetzt, wieder ihre Zelte auf, beim Deserteursdenkmal am Ballhausplatz. Prominente wie Konstantin Wecker, Julya Rabinowich, Elfriede Jelinek und Michael Niavarani unterstützten schon im Vorfeld die Initiative.
An dunkelste Zeit unserer Geschichte erinnert
Monika Salzer, Mitbegründerin der Omas gegen Rechts, kritisierte in ihrer Rede die geplante Verschärfung der Mindestsicherung als „eine Bestrafung der Ärmsten der Armen, eine Beschämung, eine Gemeinheit sondergleichen.“ Die Wiener Vizebürgermeister Birgit Hebein (Grüne) kündigte Widerstand der Stadt Wien gegen die Pläne der Bundesregierung an: „Türkis-Blau hat ein schäbiges Armutsförderungsgesetz auf den Tisch geknallt und Wien wird dagegen halten.“
Die SPÖ-Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner prangerte den fehlenden „menschlichen Anstand“ der schwarz-blauen Regierung an. Das zeige sich nicht nur beim neuen Mindestsicherungsgesetz, sondern auch in den wiederholten rassistischen Skandalen und den Verbindungen der FPÖ in die Neonazi-Szene.
„Fakt ist, dass die Verstrickungen mit rechtsradikalen Netzwerken bis hinauf in die höchsten Ämter der Bundesregierung gehen. Und Fakt ist, dass Gedichte, die Menschen mit Ratten vergleichen und als Ostergrüße verschickt werden [wie jenes des Braunauer FPÖ-Vizebürgermeisters, Anm.] mehr als menschenverachtend sind. Diese Gedichte und diese Fakten erinnern uns an die dunkelste Zeit unserer Geschichte.“ Rendi-Wagner warnte davor, dass „permanent, jeden Tag Grenzen überschritten werden“ und forderte, dass Politik und Gesellschaft sich niemals an diese Grenzüberschreitungen gewöhnen dürften.
Regierungskrise vertiefen
David Albrich, Koordinator der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, betonte in seinem Beitrag, dass das Braunauer Gedicht „kein Einzelfall, sondern die Regel in der FPÖ“ sei und erinnerte an die Stärke der antifaschistischen Bewegung: „Wir haben dafür gesorgt, dass die Regierung seit dem Aufdecken der Spende des Christchurch-Attentäters an die ‚Identitären‘ in einer schweren Krise steckt – eine Krise, die wir ausnutzen und vertiefen können.“
Albrich rief dazu auf, sich an der inspirierenden Klimastreikbewegung, die seit Monaten in Österreich und der ganzen Welt die politische Landschaft auf den Kopf stelle, ein Beispiel zu nehmen: „Nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand und bereiten wir den rechtsextremen Umtrieben in diesem Land ein Ende.“
Weitere Redebeiträge kamen vom Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker und Rudolf Hundstorfer (beide SPÖ) sowie von SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Die Künstler_innen Kid Pex und Esrap, Music 4 Human Rights und die Band Russkaja unterstützten den Protest mit musikalischen Beiträgen. Vor dem Auftritt der Musiklegenden Willi Resetarits und Ernst Molden zitierte Resetarits in Hinblick auf die nächsten Wahlen Peter Westenthaler und erntete großen Applaus: „Hauts de Oarschlächer ausse!“