Die rechtsextremen Netzwerke der FPÖ. Teil 1: Das Medienimperium

Die FPÖ hat sich ein Imperium an Hetzmedien aufgebaut – eine Gegenöffentlichkeit, die mit stolzer Verachtung auf den klassischen Journalismus spuckt, sei dies ORF, Standard oder ZackZack. „Alternative Medien“ ist das Schlagwort, dass von Telegramm-Kanälen über Internetfernsehen bis hin zu billigem Parteiboulevard alles beinhalten kann. In diesem Artikel geht’s um die Medienwelt an Österreichs rechtsäußerstem Rand – und wie die FPÖ dort überall mitmischt.
6. April 2024 |

Spätestens seit Corona und dem Kriegsbeginn in der Ukraine, sind Medien abseits von Staat und Linksliberalismus auf einem neuen Höhenflug – insbesondere unter FPÖ-Wähler:innen. Ein großer Teil von ihnen informiert sich nur noch „alternativ“ und 22% geben sogar an, Nachrichten ausschließlich über Telegramm zu beziehen. Dadurch gelingt es der FPÖ, sich als Anti-System-Partei zu inszenieren. Verschwörungstheoretische und angstmachende Headliner warnen vor anderen Nachrichtenquellen („Systempresse“) und vermitteln gleichzeitig eine in ihrem Kern faschistische Idee: „Wir, das (ethnisch-reine) Volk, gegen den Feind“ – ein übermächtig gezeichnetes Phantasma, bestehend aus allem was schon die Nazis so sehr hassten: die bürgerliche Demokratie (Regierung, Medien), Ausländer:innen, Jüd:innen, Linke, queere Personen – die Liste ist lang.

Kickls Pöbelbande

Während unter Hofer diesen rechtsextremen Medien die Inserate und Sympathien noch eher unter der Hand zugespielt wurden, geniert sich Kickl nicht den, gesamten Rechtspropagandaapparat zum Pöbeln ins EU-Parlament zu hofieren, so zuletzt vor wenigen Tagen in der Woche vom 11. März. Ein FPÖ-Klubmitarbeiter schwänzte dafür den U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“, zu dem er als Auskunftsperson geladen war. Laut Bernhard Weidinger vom DÖW handelte es sich bei der Reisegruppe „um das gesamte Spektrum an sogenannten ‚Alternativmedien‘, die in den letzten 15 Jahren im Vorfeld der FPÖ aufgebaut wurden“.

Identitäre

Mit im Gepäck hatte Kickl natürlich auch die Medien der Identitären (IBÖ) Info-Direkt, und der Heimatkurier, vertreten durch langjährige IBÖ-Kader. In diesen neofaschistischen Magazinen sind Dinge zu lesen wie: „Es geht inzwischen nicht mehr um die Umzüchtung der Deutschen allein. Jetzt soll eine Zukunftsbesiedlung Europas mit einer europäisch-asiatisch-negroiden Mischrasse […] verwirklicht werden.“ (Info-DIREKT-Publikation Europas Dämme bersten, 2016, S. 101) oder „Wer dagegen die Schuldidentität (Anerkennung der Täterrolle Deutschlands und Österreichs im NS) affirmiert, begrüßt die Ersetzungsmigration sogar als „Endlösung“ (Heimatkurier, online, 28.05.2023). Beide Magazine führen FPÖ-Politiker und deutschnationale Burschenschafter regelmäßig als „Experten“, Info-Direkt hat seinen Sitz in der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), in Linz und lässt sie sich von den FPÖ-„Kameraden im Gemeindevorstand Räumlichkeiten zuschanzen.

Zeitung in NS-Tradition

Die Österreichische Landsmannschaft ist laut DÖW eine „rechtsextreme Organisation“, die eine „wichtige integrative Funktion für das deutschnationale und rechtsextreme Lager erfüllt“. Zur FPÖ bestehen enge Verbindungen, z.B. über die Politiker Johann Herzog, Helmut Kowarik und Monika Mühlwerth. Ebenfalls der ÖLM angehörig und Teil des Straßburg-Ausflugs ist Der Eckart. Als „Zeitung für Volkstum und Kultur“ existiert er seit 1953, kurz nach Lockerung des NS-Verbotsgesetzes und stellt die Nachfolge der nationalsozialistischen Zeitung Der getreue Eckart dar. Berührungsängste von der Zeitung, die wiederholt NS-Verbrechen geleugnet und in der Vergangenheit auch Hitlers Geburtstag gefeiert hatte, gibt es von Seiten der FPÖ nicht. Im Gegenteil lobte der ehemalige FPÖ-Obmann Herbert Haupt die Zeitung als „ein Fundament der österreichischen Medienlandschaft, im Dienst des deutschen Sprach-, Kulturerlebens.“ Natürlich gibt es auch personelle Überschneidungen: Konrad Markus Weiß, Schriftleiter des Eckarts, war ein enger Mitarbeiter von Strache.

Rechte Verschwörer in OÖ

Stefan Magnet, der ehemalige Info-Direkt Autor und Mitglied des Neonazivereins Bund freier Jugend, betreibt inzwischen den Kanal AUF1. Das „Alternativ Unabhängige Fernsehen“, ohne Fernsehlizenz, hat sich vor allem in der rechten Verschwörungstheoretiker-Szene eingenistet und propagiert antisemitische, klimaleugnende und transfeindliche Inhalte an eine enorme Reichweite (240.000 Menschen allein in ihrem Telegramm Channel). Einige Moderatoren sind der FPÖ zuzuordnen, der Programmleiter Andreas Retschitzegger, gehörte ebenfalls dem BfJ an und war im Ring freiheitlicher Studenten aktiv. Seit 2022 kooperiert der oberösterreichische Regionalsender RTV des Öfteren mit AUF1, übernahm deren Inhalte und ließ sie eigenmächtig die RTV-Programmfenster bespielen, weswegen es zu einem Verfahren kam. Die FPÖ finanziert beide Sender massiv über Inserate. Auch Report 24 gehört zu den verschwörungstheoretischen Rechtsmedien, die sich in den letzten Jahren in Oberösterreich formierten. Es stellt eine fast nahtlose Übernahme des Redaktionsteams der FPÖ-nahen Zeitung Wochenblick dar, und steht unter der Leitung des glühenden Kickl-Fans Florian Machl.

Berührungsängste von der Zeitung, die wiederholt NS-Verbrechen geleugnet und in der Vergangenheit Hitlers Geburtstag gefeiert hatte, gibt es von Seiten der FPÖ nicht.

Offizielle Kanäle

Natürlich besitzt die FPÖ mit FPÖ-TV, auch ihren ganz eigenen online Fernsehkanal, mit über 200.000 Abonnenten auf YouTube. Wegen Falschinformationen wurde der Sender schon mehrmals vorübergehend von YouTube gesperrt, Herbert Kickl sieht in ihm eine „schlagkräftige Wahlkampfwaffe“. Gemeinsam mit der Neuen Freien Zeitung (NFZ) sind sie die offiziellen Parteiorgane der FPÖ. Die NFZ wurde erstmals 1946 als Neue Front gemeinsam mit dem Verband der Unabhängigen gegründet. Das Lieblingstitelmotiv der NFZ, sind Großaufnahmen von Herbert Kickl mit Headlines, in denen er als Volkskanzler gelobt wird (9 Ausgaben seit Mai 2023).

In den Ländern:

Auf Lokalebene scheint es verschiedene Strategien zu geben. Die Parteizeitung Wir Steirer wird gleich an alle Haushalte im Land verschickt. Das Cover zieren gerne Mal vermummte Asylanten, die mit einer Pistole auf den Leser zielen (Nr 2/2015) oder die Hand eines „Sozialbetrügers“ (sic!), die sich gierig nach Hunderterscheinen streckt (Nr. 4/2023). In Kärnten erscheinen die Kärntner Nachrichten, ehemals unter der Chefredaktion von den führenden FPÖ-Ideologen Jörg Haider und Andreas Mölzer (auch: Zur Zeit). Daneben wird versucht mit einer Vielzahl an Zeitungen, jede Zielgruppe einzeln anzusprechen, es erscheinen: der Arbeitnehmer Kurier, Der Freie Bauer, Wirtschaft aktiv, Senioren im Blickpunkt und der Jugendkurier. Die seit 2021 eingestellte Zeitung Oberösterreich informiert wurde von der freiheitlichen Bildungswerkstatt OÖ herausgegeben, die fest in deutschnationaler Hand ist. So ist der ehemalige Präsident Hermann Brückl (Nationalratsabgeordneter) auch Obmann der Burschenschaft Scardonia und Ex-Vizepräsident Günther Steinkeller Schriftführer der Alemannia Wien und Ehrenmitglied des Corps Vandalia Graz. Die Website der Bildungswerkstatt OÖ gibt einen guten Einblick in die blaue Medienstrategie, so wird dort das Seminar „Strategische Kommunikation und operative Kampagnenführung“ beworben, mit Inhalten wie „Feindbeobachtung“, „Framing, Agenda Setting“ und natürlich: „Budgetbewirtschaftung, Inserate, Kooperationen“.

Blaue Burschenschafterzeitung:

Das Freilich Magazin tritt seit 2018 die Nachfolge von Die Aula an, das ehemaligen Zentralorgan der deutschnationalen Burschenschaften. Dieses war klarer Gegner des Verbotsgesetzes und bezeichnete den Holocaust als „per Gesetz verordnetes Geschichtsbild“ (Nr. 3/ 2009, S. 26). Die Freilich Medien GmbH gehört dem Freiheitlichen Akademikerverband (FAV) Steiermark, Salzburg und Oberösterreich. Teil von ihr sind auch das Onlineportal Tagesstimme, und Linke-Gewalt.info. Geführt wird das Magazin von dem früheren Grazer Gemeinderrat Heinrich Sickl (FPÖ), der sich in der Vergangenheit auch in der faschistischen Gruppierung Nationalistische Front und der IBÖ engagierte.

Braune Ausfälle

Während die parteizugehörigen Medien immer an der Grenze zur Illegalität balancieren und sich die FPÖ bei großen Rechtsausrutschern – etwa bei der Aula – auch mal aus der offiziellen Beteiligung zurückziehen muss, zeigt man sich in hintergründigeren Medien offen neonazistisch. Das von Andreas Mölzer, damals für die FPÖ im Nationalrat, gegründete Magazin Zur Zeit, bezeichnete den jährlich in der Hofburg stattfindenden Burschenschafterball als „Kristallnacht“ und Adolf Hitler als „Großen Sozialrevolutionär“, was eine einjährige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz nach sich zog. Noch 2018 beschreibt Ex-Pegida-Sprecher Georg Nagel in Zur Zeit die Erinnerungspolitik als „Geiselhaft“. Bis 2023 war Walter Seledec Herausgeber der Zeitung, der sich vom ORF-Chefredakteur zum FPÖ-Bezirkspolitiker runtermauserte. Redakteur Wendelin Mölzer, Sohn von Andreas Mölzer, sitzt seit 2013 im Nationalrat. Harald Vilimsky unterstützt Zur Zeit finanziell mit Steuergeld aus dem Topf der rechtsextremen EU-Parlamentsfraktion ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) teils über Inserate, teils über Fördermittel für fadenscheinige Studien.

Aus dem Parlament

Das online Portal unzensuriert.at, initiiert vom ehemaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) bekennt sich offen dazu, ein reines Werbeorgan der FPÖ und der deutschen AFD zu sein. Dementsprechend präsentiert sich hier auch das Who-is-Who der deutschnationalen FPÖ-Spitzenpolitiker – Norbert Hofer, Walter Rosenkranz, Martin Graf – nicht besonders verwunderlich, schließlich kommt Chefredakteur Alexander Höferl ja direkt aus dem Kabinett Kickl. In eine ähnliche Kategorie fällt der Online-Blog Der Status, geführt von Bernadette Conrads. Sie hat die klassisch freiheitliche Karriereleiter vom RFS und den Identitären hinauf ins Parlament hingelegt, wo sie als Mitarbeiterin für den FPÖ-Klub beschäftigt ist. Der Status hat den „Großen Austausch“ – eine antisemitische Verschwörungstheorie, die von einer Weltherrschaft der jüdischen Eliten fantasiert, zu einer ihrer vier Hauptrubriken gemacht.

Die Demagogen

Die rechtsextreme Journalismusszene hat, nur leicht überspitzt gesagt, fast so viele Medien, wie Autor:innen. Die einflussreichsten unter ihnen sollten im Folgenden kurz aufgelistet werden und für welche Medien sie journalistisch tätig waren, sowie ob sie der FPÖ/den Identitären/einer rechtsextremen Gruppierung zuzuordnen sind:

Andreas Mölzer: Zur Zeit, Kärntner Nachrichten, Die Aula, unzensuriert, FPÖ-TV, Neue Freie Zeitung, Junge Freiheit, Deutsche Monatshefte, Nation Europa, Die Kameradschaft, Deutsche Annalen, und andere. Interviews für Der Eckart, National-Zeitung // FPÖ

  • Julian Schernthaner: Freilich, Der Status, Wochenblick, Tagesstimme, Info-DIREKT// IBÖ-Umfeld
  • Stefan Magnet: AUF1, Info-Direkt, Wochenblick, Stefan Magnet (Podcast) // BfJ
  • Michael Scharfmüller: Freilich, Info-Direkt // IBÖ, BfJ
  • Bernadette Conrads: Der Status, Wochenblick // FPÖ, IBÖ
  • Heinrich Sickl: Freilich, Aula // FPÖ, IBÖ, Nationalistische Front

Die Dunkelziffer an personellen Verbindungen unter den verschiedenen Kanälen ist wohl hoch, denn die meisten der rechten Medien legen ihre Autor:innen nicht offen, oder nur unter Pseudonymen (Heimatkurier, report24, unzensuriert, FPÖ-TV).

Informelle Kanäle der FPÖ

Zur informellen Medienlandschaft der FPÖ müssen auch die unzähligen Facebookgruppen, TikTok-Streams und Telegramm-Channels in Verbindung mit der FPÖ gezählt werden. Diese können teilweise eine enorme Reichweite erzielen – so etwa die Privataccounts der Spitzenpolitiker: Kickls privater Facebook Account kommt auf 276.000 Likes, Norbert Hofer hat 305.000, Strache hatte ganze 800.000, bevor ihm die Partei nach Ibiza die Administratorenrechte entzog. Die teuer finanzierte Social-Media-Präsenz überholt die der anderen Parteien um Welten.

In Facebook-Gruppen offenbart sich auch der gesamte braune Sumpf dieser Partei. Der Standard berichtete 2018 von Facebookgruppen mit Namen wie „freiheitlicher Widerstand“ und „FPÖ“, die mehrere tausend Mitglieder umfassten, in denen täglich verhetzende Inhalte geteilt werden. Der Fall der Gruppe „Ich lebe auf der richtigen Seite der Donau“ kam wegen Wiederbetätigung vor Gericht. Sie zählte 17.000 Mitglieder, darunter Lokalpolitiker und Bezirksräte der FPÖ, die darin sogar aktiv waren. Nicht nur ist in diesen Gruppen der NS und Hitler verherrlicht worden, auch die Massenvernichtung von sechs Millionen Juden wurde gefeiert.

Zuckerbrot und Peitsche

Eine parteitreue Berichterstattung gewährleistet sich natürlich am allerbesten durch Zensur. Eine geleakte E-Mail, die im Jahr 2018 aus Kickls Innenministerium an die Polizei-Pressestellen ging, offenbart, was der sich erträumt: Medien, die spuren, sollten mit „Zuckerl“ belohnt werden – für sogenannte „kritische Medien“ (genannt werden Standard, Falter, Kurier) wird ein Informations-Stopp von Seiten der Polizei gefordert, insofern eine „positive Berichterstattung“ nicht garantiert ist. Was mit jenen passieren soll, die sich nicht fügen, kommuniziert die FPÖ offen. So Haimbuchner bei einer Veranstaltung im Oktober 2023: „Unter einem freiheitlichen Kanzler Kickl werden so einige wieder das Benehmen lernen: vom Journalisten bis zum Islamisten.“

Nazipropaganda

Dass schiere Ausmaß dieses Medienimperiums und ihre gezielte Gestaltung als unentrinnbare Filterblase legen nahe, dass die FPÖ versucht, einen Propagandaapparat aufzubauen, wie wir es von faschistischen Parteien aus der Geschichte kennen. Und das Vorhaben fällt auf fruchtbaren Boden! Ursächlich dafür sind das im Sturzflug schwindende Vertrauen in Journalismus, Medien und Staat. Die Krise der Institutionen ist eine Krise der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und muss im Widerstand gegen diese kritisiert werden, nicht durch rechte Propaganda. Die Themen auf diesen Plattformen, sind dieselben wie vor 90 Jahren: Deportationsfantasien, der Volksfetisch, eine jüdische Weltverschwörung, Frauenrechte instrumentalisieren und natürlich die positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus – alles Inhalte, die täglich in diesen ideologisch, personell und finanziell blau durchtränkten Massenmedien verbreitet werden.