Die wahren Täter der Stuttgarter Krawalle
Bereits vor den Ausschreitungen kam es nach einer riesigen Black Lives Matter-Demo zu den ersten Angriffen auf die Staatsgewalt in Stuttgart. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sprach in diesem Zusammenhang noch von einem „latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte“. Dafür wird sie nun medial gekreuzigt. Jede Kritik an der Polizei wird für die Stuttgart-Riots verantwortlich gemacht.
Politik leugnet Rassismus
Nach den jüngsten Ereignissen ruderte Esken leider zurück: „Was für eine sinnlose, blindwütige Randale in Stuttgart, die so viele verletzte Polizist*innen und zerstörte Ladengeschäfte zurücklässt. Die Gewalttäter müssen ermittelt & hart bestraft werden“, schrieb sie auf Twitter. Dabei hat eine Tonspur ihren Rassismus-Vorwurf bestätigt. Darauf bezeichnet ein Polizist während des Einsatzes in Stuttgart die Aufständischen als „Kanaken“. Trotzdem sind sich deutsche Politiker_innen einig, dass die Polizei alles richtig gemacht hat und es jetzt darauf ankäme, die Jugendlichen hart zu bestrafen. Innenminister Seehofer drohte einer Journalistin, die einen kritischen Artikel über die Polizei schrieb, mit einer Klage und brachte sie in Verbindung mit den Stuttgarter Krawallen: „Enthemmung der Worte“ würde „unweigerlich eine Enthemmung der Taten“ nach sich ziehen.
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir will die Schuld in den Sozialen Medien (die Polizei könne so ihre Arbeit nicht in Ruhe machen), Drogen (schließlich seien migrantische Jugendliche dabei gewesen), den geschlossenen Clubs (da wird den Jugendlichen langweilig) usw. sehen. Nur eine politische Motivation schließt er aus – sonst müsste man sich ja tatsächlich mit Rassismus auseinandersetzen. Ähnlich wie Seehofer inszenierte sich Özdemir in Stuttgart als besorgter Politiker im Kampf gegen Gewalt. Während eines Interviews mit der Zeitung Welt zeigte er aber sein wahres Gesicht: Ein Mann unterbrach ihn mit den Worten „Die Polizeidiktatur ist schuld!“ Özdemir: „Halten Sie bitte die Fresse, danke, ich rede gerade.“ So sieht also Umgang mit Kritik aus.
Die Polizei gab als Startpunkt der Eskalation in ihrer Pressemitteilung den Verdacht auf Drogendeals an. Leute hätten sich mit dem Beschuldigten solidarisiert. Andere Augenzeugen sprechen von unverhältnismäßiger Polizeigewalt, die wieder einmal eskaliert ist. Die Polizei hätte Getränkeflaschen zerschlagen und Leute gedemütigt, sagt ein junger Schwarzer. Anscheinend sind nach Pfefferspray- und Schlagstock-Einsätzen beinahe 500 junge Menschen in mehreren Gruppen randalierend durch die Stuttgarter Innenstadt gezogen. Nach stundenlangem Katz- und Mausspiel blieben völlig überforderte Polizeikräfte, geschrottete Polizeiautos und Scherben in den Geschäftsstraßen zurück.
No Justice, no Peace!
Genau dieser Rassismus, jahrzehntelange Willkür, Diskriminierung, Polizeigewalt und Racial Profiling sind die Ursachen für diese Riots. Rassismus-Erfahrungen und Einschüchterungen durch die Polizei sind Alltag. Ein Beispiel in Stuttgart sind die zwei Männer mit Migrationshintergrund, welche die Polizei riefen. Sie wollten Hilfe für einen Imbiss-Angestellten gegen einen Randalierer holen. Die Polizisten kamen und packten brutal die dunkelhäutigen Zeugen, die die Polizei gerufen hatten. Das Vertrauen der diskriminierten Communities in diese staatlichen Strukturen ist längst massiv erschüttert. Die City-Streetwork, eine mobile Jugendarbeit, verfügte über eine gute Gesprächsbasis zu den jungen Menschen, 2013 strich ihr der Gemeinderat die Mittel zur Fortsetzung des Projekts. Perspektiven gibt es für viele Jugendliche nicht, nur Repression.
Der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King sagte: „Randale ist die Sprache der Ungehörten.“ Solange sich nichts ändert, wird es immer wieder Riots geben. Riots sind nur ein Symptom der schlechten Verhältnisse im Kapitalismus. Die wahren Plünderer und Gewalttäter sitzen in den Chefetagen von Politik und Wirtschaft. Ihnen dient die Staatsgewalt und deren Hang zum Rechtsextremismus ist in Deutschland spätestens seit dem NSU-Komplex bekannt. Die Black Lives Matter-Bewegung, eine der größten sozialen Bewegungen der jüngeren Geschichte, gibt global Hoffnung.