Ein Champion des Volks: Muhammad Ali (1942-2016)
Es ist der 17. Jänner 1942, als in Louisville, Kentucky, ein Schwarzer das Licht der Welt erblickt, den sie später den „Größten aller Zeiten“ nennen würden; einer den Amerika hassen und lieben wird; einer dessen Fäuste und beispielloser Kampfstil seinen Gegnern im Ring das Fürchten lehrten; aber auch einer dessen scharfe Zunge, und radikale politische Ansichten, das weiße Establishment tief erschütterten, und gegen ihn aufbrachte.
Geburt einer Legende
Muhammad Ali, damals noch Cassius Clay, wird in ein Amerika geboren, in dem der institutionalisierte Rassismus immer noch die grundlegende soziale Ordnung darstellt.
Mit 12 Jahren greift er sich zum ersten Mal die Boxhandschuhe. Aus Wut über den Diebstahl seines Fahrrades, aber auch angefeuert vom grausamen Mord an dem schwarzen Jugendlichen Emmett Till durch weiße Rassisten, beginnt er mit dem Boxtraining.
1960 holt er bei den olympischen Spielen in Rom für Amerika den Titel im Halbschwergewicht. Als er in die USA zurückkehrt, zeigt sich jedoch schnell: Die Repressionen gegen Schwarze Menschen machen auch vor dem Champ nicht halt. Trotz seiner herausragenden Leistungen in der Welt des Boxens, sah er sich oft mit denselben Schikanen konfrontiert wie die Masse des afroamerikanischen Volkes. So schmiss er seine Goldmedaille in den Ohio River, nachdem ihm, in einem „whites-only“-Restaurant, die Bedienung verweigert wurde.
Clay wird Ali
1964 stößt der als Außenseiter geltende Clay, den bis dahin amtierenden Schwergewichtsmeister Sonny Listen, vom Thron. Es sollte sein letzter Kampf als Cassius Clay werden.
Noch im selben Jahr irritiert er die amerikanische Öffentlichkeit, mit seinem Beitritt zur Nation of Islam, einer Organisation die einen schwarzen Nationalismus lehrte, und eine bedeutende radikale Alternative zur Bürgerrechtsbewegung unter Martin Luther King darstellte. Cassius Clay wird Muhammad Ali, und lehnt von nun an seinen alten Namen ab: „Cassius Clay ist ein Sklavenname … Ich bin Muhammad Ali.“
Doch seine Verbindung zur Nation und seine Freundschaft mit deren prominentesten Prediger, Malcolm X, stößt bei vielen auf Unverständnis, vor allem seitens der Medien, der Sponsoren und dem weißen Establishment.
„Sie nannten mich nie Nigger“
Etwa drei Jahre später, bekommt er die Rechnung für seine Aufmüpfigkeit präsentiert. Das US-Militär will ihn nach Vietnam einziehen, was Ali jedoch strikt verweigert. Seine Begründung? Eine Anklage gegen den amerikanischen Imperialismus und Rassismus: „Warum sollte ich eine Uniform anziehen, um … Bomben auf farbige Menschen in Vietnam zu werfen, während der Schwarze in Louisville wie ein Hund behandelt wird und ihm die grundlegenden Menschenrechte verwehrt werden? … Sie (die Vietnamesen) nannten mich nie einen Nigger!“
Der Preis, den Ali für seinen Mut zahlte, war hoch: Eine 10.000 Dollar Geldstrafe und die drohende Gefahr einer fünfjährigen Gefängnisstrafe. Darüber hinaus wurde ihm der Weltmeistertitel aberkannt, und es wurde für ihn zunehmend schwieriger, sowohl im In- als auch im Ausland, eine Boxlizenz zu erhalten.
Rumble in the Jungle
Ab 1970 darf Ali wieder boxen und stellt sich bald darauf Joe Frazier, der in einem aufsehenerregenden Kampf, den Titel verteidigen kann. Nach dieser Niederlage, boxte er sich weiter den Weg frei, bis es ihm 1974 gelingt, Joe Frazier in einem Rückkampf zu besiegen. Der Weg war nun frei für den Titelkampf gegen den amtierenden Weltmeister im Schwergewicht: George Foreman.
Der von Don King veranstaltete „Rumble in the Jungle“ schrieb Geschichte. Er fand in Kinshasa, Kongo (damals Zaire) statt, und war die erste internationale Sportveranstaltung von derartiger Bedeutung auf afrikanischem Boden. Muhammad Ali ging als Sieger hervor, und holte sich den Titel zurück, der ihm Jahre zuvor aus politischen Gründen aberkannt wurde.
Kämpfer gegen Unterdrückung
Noch Jahre später, als seine Parkinson Krankheit sichtbarer wird, setzt Ali sich immer wieder für soziale Belange ein und versucht etwa zwischen der westlichen und islamischen Welt zu vermitteln. Auch nach den Anschlägen vom 11. September setzt er sich für einen Dialog und gegen Hass und Vorurteile ein.
Jetzt, wo der Champion zur Ruhe gebettet wird, lebt sein Andenken im Bewusstsein von Millionen auf der ganzen Welt weiter: Cassius Clay, der Muhammad Ali wurde; und Muhammad Ali der der Champion des Volkes war – weil er sich auf Seiten der Unterdrückten stellte, und weil er bereit war, die damit verbundenen Konsequenzen zu tragen.