Filmschaffende wehren sich gegen Abschiebungen und FPÖ

Gegen das Protest Productions Collective, das mit seinem Kurzfilm „How to Stop a Deportation“ Zivilcourage bewiesen, wurde von der FPÖ eine Anzeige eingereicht. Die Aktivistin Anna Distelberger (Mitglied im Regie-Team) spricht im Interview mit Olga Weinberger über Abschiebungen und Meinungsfreiheit.
26. Februar 2016 |

Olga Weinberger: Ihr seid von der FPÖ wegen eines Abschiebe-Videos angezeigt worden. Wie werdet ihr dagegen vorgehen?

Anna Distelberger: Wir werden mal abwarten und schauen, ob die Staatsanwaltschaft den Fall aufnimmt. Und natürlich machen wir weiter, denn das Ganze ist einfach lächerlich. Uns wird „Aufruf zum Widerstand gegen ein Gesetz“ und „Aufruf zum Widerstand gegen die staatlichen Organe“ vorgeworfen. Am Schluss ist auch der Punkt „Missbrauch von Steuergeldern“ aufgelistet, der eher an die Stadt Wien gerichtet ist. Wir sind bei der Anzeige sozusagen Stellvertreter_innen, ein Mittel zum Zweck, denn eigentlich ist das eine Attacke auf die Stadt Wien und auf die Kulturabteilung. Gerade auf die Wienwoche hat die FPÖ sowieso schon einen Hass.

Das Protest Productions Collective ist 2012 im Zuge der Besetzung der Votivkirche durch das Vienna Refugee Protest Camp entstanden. Wer macht bei dem Kollektiv mit?

Alle, die sich aus diesem Zusammenhang gefunden haben. Flüchtlinge, Migrant_innen und Aktivist_innen ohne migrantischen Hintergrund. Eigentlich kommen fast alle Beteiligten aus der Flüchtlings-Protestbewegung rund um die Votivkirche. Wir wollten im Rahmen der Wienwoche einen Film gegen Abschiebungen drehen. Das hat uns zusammengebracht.

Während dieser Zeit der Protestbewegung gab es keine festgesetzten Rollen, sondern es kamen einfach Menschen, die sich engagieren wollten. Innerhalb eines Meetings kam schließlich die Idee auf, einen Film darüber zu drehen, wie man Abschiebungen verhindern kann. Das war der Anfang. Am Ende wurden drei Filme daraus, die wir dann im Winter 2014 bei der Wienwoche eingereicht haben.

Wie sieht eure Arbeit konkret aus?

Wir wollen mit Filmen auf Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam machen. Wir dachten uns, Film ist ein Medium, das am besten und am breitesten vermittelt werden kann und viele Leute anspricht. Zum Beispiel geht es in dem Film „The Dinner“ um Überwachung, Polizeirepression und „ethnic profiling“ und basiert auf einer wahren Begebenheit. Für weitere Filme haben wir noch etwas in petto, quasi als Draufgabe auf den Anti-Abschiebungsfilm, mit ein paar Erkennungsmerkmalen, dass wir das sind. Es soll auch das Signal aussenden, dass wir sowieso weitermachen werden.

In Bezug auf Mohammed-Karikaturen von Charlie Hebdo und eurem Video: Wie denkst du über Meinungsfreiheit und wie weit geht sie für dich?

Meinungsfreiheit ist ein besetztes Thema, weil es von Rechtsextremen so gern für ihre Sache benutzt wird. Sie berufen sich auf sie, wenn es darum geht, eine Gruppe zu diskriminieren oder antisemitische und antimuslimische Äußerungen zu machen. Sobald man aber ihre Traditionen oder ihren Nationalismus angreift, ist es vorbei mit der Meinungsfreiheit.

Eine entscheidende Frage ist auch, ob Satire der Meinungsfreiheit dient oder der Repression und Diskriminierung. Wenn es als Mittel verwendet wird, um auf Gruppen noch härter mit dem Knüppel draufzuhauen, die sich sowieso schon in einer weniger privilegierten Stellung befinden, ist es nur mehr Diskriminierung. Nichtsdestotrotz darf eine Karikatur, egal wie schlimm sie ist, nicht der Grund für einen Mord sein.

Was war für euch der springende Punkt, aktiv zu werden? Wart ihr vorher schon politisch aktiv?

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Ich glaube, einige von uns waren schon länger im Rahmen von Abschiebungskritik und Kritik an der gesamten europäischen Asylpolitik aktiv. Das Miterleben von den Abschiebungen im Sommer 2013 hat einen großen Unterschied gemacht. Das waren Freunde von uns, die hier abgeschoben wurden. Es war heftig zu wissen, dass die Deportationen rein politisch motiviert sind und es war heftig so nahe dran zu sein. Das Ganze war so ein abgekartetes Spiel und so niederträchtig. Unsere Freunde mussten jeden Tag in ein Polizeirevier kommen zum Unterschreiben, um zu beweisen, dass sie eh nicht vorhatten, unterzutauchen. Und genau in diesen Polizeirevieren sind sie dann plötzlich festgehalten, in Schubhaft genommen und abgeschoben worden. Das war ein sehr prägendes Erlebnis und hat die Grausamkeit von Abschiebungen deutlich gemacht. Abschiebungen sind einfach falsch. Aus!

 

8_Anna Distelberger Interview(c)Anna Distelberger(Facebook)Anna Distelberger ist Aktivistin und Mitglied des Protest Productions Collective, das in der Besetzung der Votivkirche durch Flüchtlinge entstand. Sie war beim Dreh des Kurzfilms „How to Stop a Deportation“ beteiligt.

 

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.