Flashmob gegen Notverordnung: „Regierung in Kriegsgebiete schicken“
Am Dienstag, 6. September, versammelte sich eine bunte Mischung von Engagierten, jungen und alten Frauen und Männer aus allen Bevölkerungsschichten vor dem Parlament. Mit Buchstabenschildern formierten Aktivist_innen den Schriftzug „Nein zur Notverordung“ .Unter den Teilnehmenden waren Volkshilfedirektor Erich Fenninger, Schriftstellerin Susanne Scholl, Grünen-Abgeordnete Alev Korun und andere bekannte Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft. Samba-Attac kam zur musikalischen Unterstützung.
Student Johann zeigte auf das Parlament und meinte: „Ich bin so angefressen, was die Deppen da drin treiben. Wer wissen will wie Notstand aussieht, soll sich die Bilder von den Bombenruinen in Aleppo anschauen. Vielleicht sollten wir die ganze Regierungstruppe einen Monat dorthin schicken.“ Auch Flüchtlinge nahmen am demokratischen Akt teil. Niemand weiß so gut wie sie, wie tödlich die österreichische Flüchtlingspolitik ist. Nach dem Fotoshooting kündigte Michael Genner, Plattformsprecher und Obmann von Asyl in Not, die Fortsetzung des Widerstand gegen die Aushebelung des Asylrechts an.
Notstand herrscht in Regierung
Mit der Notstandsverordnung schafft die Regierung einen Präzedenzfall zur Aushöhlung der demokratischen Verfassung. Argumentiert wird sie damit, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die innere Sicherheit gefährdet sind. Fakt ist, laut Bundeskriminalamt, dass in den letzten zehn Jahren noch nie so wenige Anzeigen erstattet wurden wie im Jahr 2015. Von der Hetze der FPÖ gegen Flüchtlinge, welche die Medien gerne unkommentiert übernehmen, lässt sich die Regierung überfordert dahintreiben. Sie hilft mit ihrer Panikmache dabei , den ewiggestrigen Burschenschafter Norbert Hofer in die Hofburg zu bringen.
Den gesellschaftliche Frieden stört die Regierung mit ihren Angriffen auf die schwächsten Bevölkerungsgruppen wie Flüchtlinge und Menschen, welche die Mindestsicherung zum Überleben brauchen. Ein Blick auf den Reichtums-Ticker der Arbeiterkammer zeigt, wo die strukturellen Fehler im Staat liegen: Das Vermögen der reichsten 10 Prozent der Bevölkerung in Österreich wächst fast dreimal so schnell wie der Besitz der restlichen 90 Prozent. Rund 380.000 Haushalte besitzen 2016 mit geschätzt mehr als 970 Milliarden Euro mehr als zwei Drittel des Gesamtvermögens. Sie werden pro Stunde um rund 3,45 Millionen Euro reicher.
Es gibt keine Obergrenze für die Konzentration von Reichtum in Österreich. Eine willkürliche Obergrenze von 37.500 Menschen setzt die Politik nur für Schutzsuchende. Anstatt sich mit den Superreichen und Steuerflüchtlingen anzulegen, will die Regierung nun das vielfach verankerte Menschenrecht auf Asyl aussetzen.
Koalition gegen das freundliche Gesicht Österreichs
ÖVP und SPÖ verhöhnen die hunderttausenden freiwilligen Helfer_innen, die im letzen Jahr an Bahnhöfen, Grenzübergängen und in Asylunterkünften Unglaubliches geleistet haben. Diese Menschen verhinderten eine humanitäre Katastrophe und waren das international gefeierte freundliche Gesicht Österreichs, als der Staat seine grundsätzlichsten Aufgaben verweigert hat.
Solche solidarischen Menschen fanden sich auch beim Parlament ein und brachten ihren Protest zum Ausdruck. Nach dem Flashmob standen noch Gesprächsgruppen beisammen und tauschten sich über den Aufbau ihrer Initiativen und Netzwerke aus. Die Buchhalterin Regina zeigte Fotos ihres syrischen Pflegekindes. Aus ihrer Wut über die Regierung machte sie keinen Hehl: „Die ganze Hetze gegen Flüchtlinge kotzt mich an. Wenn hier jemand kriminell ist, dann die Regierung! Wer massig Steuergelder verzockt, wird bei uns Innenminister. Wer vorm Bombenhagel flieht, kommt in Schubhaft. Was für eine Schande!“
Der Abend setzte sich mit „ Music for Peace“ aus, die schon seit Mittag live vorm Parlament gespielt wurde. Diese Demonstration der anderen Art ging von einer privater Initiative aus. Es fanden sich Musiker_innen aus verschiedenster Genres zusammen, um mit ihrer wunderbaren Musik an die Notwendigkeit für den Frieden in unserer Gesellschaft einzutreten zu erinnern.