Flüchtlingslager bei Bihać muss geschlossen werden!
Wir, eine selbst organisierte Gruppe von freiwilligen HelferInnen, haben als einzige in dem illegal errichteten Camp bei Bihać in Bosnien eine durchgehende medizinische Versorgung organisiert. Diese haben wir ab Anfang Juni aufgebaut und bis Ende September alleine betrieben, und zwar mit ausdrücklicher Genehmigung und Unterstützung des lokalen Roten Kreuzes.
Nun wurde uns der Zugang verwehrt und die gerade aktiven VersorgerInnen im Camp bestraft und aus Bosnien-Herzegowina von der Ausländerbehörde verwiesen. Die Unterzeichner haben, immer akkordierend mit dem Roten Kreuz, alle hierfür erdenklichen Aufgaben freiwillig übernommen, um ein durchaus vollwertiges medizinisches Zelt täglich betreiben zu können.
Diese Aufgaben umfassten u.a. die Betreuung durch ÄrztInnen, Krankenschwestern, Paramedics, First-Responder, organisatorische Hilfen. Zudem haben wir alle hierfür notwendigen Materialien sowie Medikamente, Gelder und weitere Hilfsgüter besorgt und eingesetzt.
Wir protestieren auch deshalb, weil wir in einem Camp gearbeitet haben, in dem zuvor die dringende und mehr als notwendige Versorgung nicht vorhanden war. Während dieser ganzen Zeit sind zu keinem Zeitpunkt andere ÄrztInnen zugegen gewesen, die vom Staat oder von lokaler Seite auch nur eine Aufgabe übernommen haben.
Das ist ein Skandal, den wir bereit waren zu korrigieren. Nun wurden wir wie Eindringlinge behandelt. Dass Menschen in einem auf einer Mülldeponie errichteten Schandlager nichts zu suchen haben, ist eine Sache, sie nun nicht mehr entsprechend versorgen zu wollen ist eine Verantwortungslosigkeit, die ihresgleichen sucht.
Wir haben durchschnittlich bis zu zweihundert Menschen am Tag versorgt. Dazu gehörten viele akute und schwerwiegende Wundversorgungen, alle erdenklichen Krankheiten und Notfälle. Wir als einzige können bezeugen welchen körperlichen Leiden und Traumata diese Menschen ausgesetzt waren. Dazu gehören insbesondere die Verletzungen durch die systematischen Misshandlungen, die diese Menschen auf kroatischer Seite täglich ausgesetzt waren, inklusive der illegalen Rückweisung vieler.
Ob die kleine neue entfernte Dorfambulanz, die nicht täglich offen ist, alle versorgen kann, ist fraglich. Die wichtige Dokumentation von durch Polizeigewalt verursachten Verletzungen wird nun ebenso wegfallen.
Wir warnen davor, dass nun Menschenleben wissentlich in Gefahr gebracht werden. Bis dato hat der Staat auch kaum zureichende Vorkehrungen für den Winter getroffen. Unserer Ansicht nach sind solche Maßnahmen auf einer Mülldeponie gar nicht möglich und werden zu Toten führen.
Wir verlangen den sofortigen Wiedereinsatz unserer Kräfte, und/oder die lückenlose und gleichwertige tägliche(!) Versorgung durch andere professionelle. Eine Auflösung dieses nicht tragbaren Camps unter der Bedingung der gleichzeitigen Schaffung einer menschenwürdigen Hilfe wäre die eigentliche Aufgabe.
-Team Vučjak
Dr. Karin Tschare-Fehr / Österreich, Johanna Thomé, / Deutschland, Dr. Wolfgang Heide / Deutschland, Notfallsanitäterin Leonie-Alisa Meyer / Deutschland, Krankenschwester Michaela Atzmanstorfer / Austrija, Ines Schiller / Österreich, Krankenschwester Stefanie Machart / Österreich. Lydia Lee / Deutschland, Dean Blaževic / Deutschland, Journalist Dirk Planert / Deutschland, Fotograf Arye Wachsmuth / Österreich