Gewalt gegen Frauen ist hausgemacht
Im Bereich der sexuellen Integrität (2% aller verurteilten strafbaren Handlungen) wurden 2015 2.376 Fälle angezeigt. Im Vorjahr waren es um 15 Prozent mehr. Die Anzeigen wegen sexueller Belästigung (§218 StGB) sind von 1.228 im Jahr 2015 auf 1.918 im Vorjahr gestiegen. Gleich zu betonen, dass „sexuelle Übergriffe … explodiert“ seien, wie Innenminister Wolfgang Sobotka das auf der Pressekonferenz zur Kriminalstatistik 2016 tat, ist irreführend. Denn seit Jänner 2016 gibt es einen neuen Paragraphen (Stichwort „Po-Grapschen“), dessen Sinn ja ist, dass ein weiterer Tatbestand eingeführt wurde, wodurch mehr Anzeigen zu erwarten waren.
Täter Asylwerber?
beim Thema Vergewaltigung geht es nicht um die schiere Anzahl der Anzeigen, sondern einerseits um die Tatsache, dass nur ein Bruchteil angezeigt wird und andererseits, dass die wenigsten Anzeigen zu Verurteilungen führen: Laut dem Tätigkeitsbericht 2015 der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie sind nur 7,2% der Strafverfahren wegen Vergewaltigung in einer Verurteilung gemündet. Mehr als die Hälfte (51,5%) der Verfahren wurden eingestellt und fast ein weiteres Drittel (29,4%) abgebrochen.
Hausgemachte Gewalt
Die Rechten suggerieren, dass sexuelle Gewalt ausschließlich von außen zu „uns“ in den „Westen“ kommen würde – aus „nicht-aufgeklärten“ Ländern. Doch häusliche Gewalt ist in Österreich – nicht erst seit gestern – die Hauptursache für den Tod oder die Gesundheitsschädigung bei Frauen zwischen 16 und 44 Jahren. Im Jahr 2016 wurden 18.373 Opfer familiärer Gewalt von den Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen betreut. Fast drei Viertel (71,6%) der Vorfälle passieren in (ehemaligen) Beziehungen.
Der Kampf gegen Rassismus und gegen sexuelle Gewalt gehören zusammen.
Zu betonen ist weiters: Ginge es nach der FPÖ, gäbe es gar kein Gewaltschutzgesetz, das vorsieht, dass die gewalttätige Person die gemeinsame Wohnung verlassen muss. Dieses Gesetz ist seit 1. Mai 1997 in Kraft. Damals stellte sich die FPÖ dagegen – mit dem Argument, das geplante Instrument der Wegweisung gehe zu weit und sei ein Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte (des Mannes).
Scheinheiligkeit
Denen, die antimuslimischen Rassismus mit einem Verweis auf Frauenrechte legitimieren, geht es nicht um Frauenrechte und schon gar nicht darum, Sexismus anzugreifen. Es ist ihre Politik, die die Situation für Frauen tatsächlich erschwert. In ihrem Schwafeln von „tatverdächtigen Flüchtlingen“ geht es nie um die Opfer und deren Schutz.
Selten wird über die unzureichende Finanzierung von Notrufen, Frauenhäusern und Beratungsstellen diskutiert: In ganz Österreich konnten im Vorjahr 336 Frauen nicht aufgenommen werden. Allein in der Stadt Salzburg mussten 107 Frauen abgewiesen werden, weil kein Platz frei war.
Der Nachtdienst in Hallein ist nur noch spendenfinanziert. In Tirol berichten Vertreterinnen von Gewaltschutzeinrichtungen, dass im Schnitt pro Jahr 200 hochrisikogefährdete Frauen zurückgewiesen werden müssen, so Selma Yildirim, Vorsitzende der SPÖ-Frauen Tirol.
Ebenso wenig interessiert sich jemand für die sexuelle Gewalt, der sich flüchtende Frauen ausgesetzt sehen; nicht nur von Schleppern, sondern auch in Flüchtlingsunterkünften bei uns. So wurde die „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz” für Opfer häuslicher Gewalt 2014 in nur 2 Fällen und 2015 in nur 6 Fällen erteilt.
Rassistischer Diskurs
Warum dieser rassistische Diskurs über „frauenfeindliche Flüchtlinge“ so gefährlich ist, ist nicht nur, weil er sich zum Großteil der Fakten entledigt und ausschließlich der Hetze dient. Er legitimiert das „westliche“ Frauenbild und die damit einhergehende Unterdrückung, indem er das Problem in Herkunft, Religion oder Kultur sieht. Er suggeriert, wenn wir nur „den Islam“ verbannen, wären wir Sexismus los; Wenn wir alle sexistischen Flüchtlinge abschieben, wären wir Vergewaltigungen los. Tatsächlich sind Flüchtlinge nur für sexuelle Übergriffe im Promillbereich verantwortlich.
Der Kampf gegen Rassismus und gegen sexuelle Gewalt gehören zusammen. Nicht nur, weil wir uns gegen jede Form von Unterdrückung stellen, sondern auch, weil die eine gegen die andere auszuspielen an der Wurzel des Problems vorbei geht.