Hannie Schaft
Jannetje Johanna Schaft, Spitzname Jo, wurde 1920 als jüngste Tochter eines Lehrers und Mitglied im sozialistischen Lehrerverband und in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei der Niederlande (SDAP) geboren. 1938 begann sie ein Jurastudium an der Universität Amsterdam und wurde wenig später von Studienkollegen über die Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland informiert. Nach Hitlers Einfall in Polen schickte sie monatelang über das Internationale Rote Kreuz Pakete an gefangene polnische Offiziere.
Politischer Widerstand
Als die Deutschen am 10. Mai 1940 in Amsterdam einmarschierten, begann Jo illegale Flyer zu drucken und kritische Artikel in der Universitätszeitung zu verfassen. Sie sprach über Arbeitsrechte, las rote Literatur und unterstützte die SDAP. Als im Herbst 1940 Repressalien gegen die niederländischen Juden begannen, organisierte sie auch Verstecke, Ausweispapiere und Essensmarken für Verfolgte. Niederländische Jüdinnen und Juden wurden ab 1942 gezwungen „Judensterne“ zu tragen. Für ihre Kommilitoninnen Philine Polak und Sonja Frenk, die das Studium aufgeben mussten, stahl Jo Ausweise und half ihnen unterzutauchen.
Trotz Repression schlug den Nazis massiver Widerstand entgegen. Beispielsweise riefen am 25. Februar 1941, drei Tage nach der ersten Razzia im jüdischen Viertel von Amsterdam, die Eisenbahner zum Streik gegen die Pogrome auf. Stunden später stand die gesamte Stadt im Generalstreik still. Auch Jo Schafts Studium endete als sich die junge Frau 1943 weigerte, eine Loyalitätserklärung gegenüber der nationalsozialistischen Universitätsverwaltung zu unterzeichnen. Sie war nicht allein, 80 Prozent aller Studierenden folgten der Aufforderung nicht.
Militante Frauengruppe
Unter dem Kampfnamen Hannie wurde sie Mitglied des „Raad van Verzet“ (RVV), einer militanten Widerstandsgruppe, die mit der niederländischen kommunistischen Partei verbunden war. Der Gründer war Jan Thijssen, welcher später bis zu seiner Ermordung eine Liebesbeziehung mit Hannie pflegte.
Die Anweisungen für die einzelnen konspirativen Kampf-Gruppen kamen von einer Fünfergruppe, bestehend aus drei Frauen und zwei Männern. Truus Oversteegen die sich bereits als Siebzehnjährige dem kommunistischen Widerstand verschrieb, war in Hannies Dreiergruppe die Verantwortliche. Anschläge auf hohe Repräsentanten der deutschen Besatzung und niederländische Kollaborateure führte Hannie vor allem mit Truus und deren zwei Jahre jüngerer Schwester Freddie durch.
Kompromisslose Heldin
Während eines Anschlages auf drei führende Beamte der Haarlemer Staatspolizei, die ein grausiges Schreckensregime führen, erleidet Hannie einen Oberschenkeldurchschuss. Leider werden nur zwei der drei Nazi-Kader getötet. Nach wenigen Tagen nimmt die verletzte Antifaschistin ihre Tätigkeit als Kurierin und Ausspäherin wieder auf. Mit hervorragenden Deutschkenntnisse und gefälschten Papieren machte sie sich an deutsche Soldaten heran um die militärischen Standorte auszukundschaften.
Beispielsweise gelang der Royal Air Force am 26. März 1944 deshalb ein massiver Luftangriff auf die deutschen Stellungen. Als das „Mädel mit den roten Haaren“ zum Staatsfeind Nummer eins erklärt wurde, schoss und sprengte sie fortan mit schwarz gefärbten Haaren und Brillen. Truus, die oft auch ihren Freund spielte, erinnerte sich Jahre später an die massive Verschlechterung, als der Widerstand Prinz Bernhards Binnenstreitkräften, Verbündete der Allierten, unterstellt wurde. Das legendäre Frauentrio bemerkte eines Tages beim Öffnen eines Paketes, sie hatten eben ihr Leben statt für vermutete Dokumente oder Waffen nur für Juwelen und Zigaretten riskiert.
Widerstand bis zur Befreiung
Zum Einsatz am 27. März 1945, einem Angriff mit Handgranaten auf das Geschäft eines Nazi-Kollabarteurs, kam Hannie nicht. Am Vortag wurde sie bei einer Kontrolle durch NS-Besatzer verhaftet, im Gepäck fand man mehrere Exemplare der kommunistischen Untergrundzeitung „De Waarheid“ (Die Wahrheit) und ihre Pistole. Zur geplanten Befreiungsaktion kam es leider nicht mehr.
Obwohl es gegen Kriegsende eine Übereinkunft zwischen den deutschen Besatzern und den Binnenstreitkräften Prinz Bernhards gab, keine Frauen hinzurichten, wurde Hannie nach schwerer Folter am 17. April 1945 erschossen. Als bei der Hinrichtung erst nur ein Schuss ihren Kopf streifte, soll sie gerufen haben: „Au! Ich schieße besser!“ Nach Kriegsende wurden in den Dünen von Bloemendaal die Überreste von 421 Männern und Hannie gefunden. An jedem letzten November-Sonntag findet in Haarlem eine Gedenkveranstaltung für die Heldin statt.