Las Soldaderas – Die Frauen in der Mexikanischen Revolution
Auch wenn Frauen in der Mexikanischen Revolution oft – wie damals üblich – „nur“ passiv den männlichen Aufständischen folgten, um sie zu versorgen, fanden die Waffen der Revolution schnell den Weg in die Hände der Frauen. Soldaderas wurden zu Schmugglerinnen, Spioninnen, Soldatinnen und manchmal sogar Kapitän oder Leutnant.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Frauen in Mexiko per Gesetz in vielen Rechten beschnitten und zu Bürgerinnen zweiter Klasse degradiert. Doch auch die indigene Landbevölkerung litt unter der Präsidentschaft von Porfirio Díaz (1876-1910), der bis zum Ausbruch der Revolution 1910 rund 90 Prozent der Landbevölkerung ihres Landes beraubt hatte, während sich eine kleine Elite und das ausländische Kapital bereicherten.
Der Ruf nach Veränderung wurde laut. Empanzipatorische Kräfte waren leider gespalten: Während bürgerliche Feministinnen die indigenen ärmeren Frauen ausschlossen – weil zu traditionell und ungebildet –, argumentierten einige Radikale, dass ein Wahlrecht für Frauen die Kirche stärken würde und brandmarkten Frauen als Feinde des Wandels.
Kämpferinnen
Dass dem nicht so war, zeigen die vielen Frauen in der Revolution: Rosa Bobadilla kämpfte in über 168 Schlachten; Komandantin Clara de la Rocha, Juana Ramona und Valentina Ramírez waren in der Übernahme der Stadt Culiacán, Sinaloa, beteiligt; Carmen Parra de Alanís kämpfte in der Schlacht um Ciudad Juárez; Carmen Vélez kommandierte mehr als 300 Männer in Hidalgo und Tlaxcala – um nur einige zu nennen.
Petra Ruiz („Pedro“), gekleidet wie in Mann, wurde auch „Kugelhagel“ genannt und „schoss genauer als ein Torpedo“. Sie führte eines der Bataillone an, die Mexiko Stadt bezwangen und errang so den Rang des Leutnant. Als die Soldaten diskutierten, wer als Erster ein entführtes Mädchen vergewaltigen darf, erklärte „Pedro“ mit der Pistole in der Hand: „Ich!“. Die anderen fürchteten ihr Können und akzeptierten. „Pedro“ ließ die Entführte mit den Worten „Ich bin auch eine Frau wie du“ laufen.
Ein anderer „Pedro“, Petra Herrera, ebenfalls als Mann gekleidet, sprengte Brücken in die Luft, zeigte enorme Führungskraft und wurde später Oberst. Als Herrera aufgrund ihrer Fähigkeiten in den Truppen etabliert war, enthüllte sie ihre wahre Identität und formierte eine Brigade, die nur aus Frauen bestand. Gemeinsam mit 400 Frauen kämpfte sie in der zweiten Schlacht um Torreón am 30. Mai 1914. Cosme Mendoza Chavira, auch Soldadera, versicherte: „Es war sie, die Torreón übernommen hat“. Ihre Rolle wurde von offizieller Seite, wie auch von Pancho Villa & Co, verschwiegen.
Bedrohung für das System
María Herrera-Sobek zufolge war Petra Herrera eine von nur drei Frauen, die in den corridos (volkstümliche Lieder zur Informationsverbreitung) mit Vor- und Nachname erwähnt wurde. Doch in den bekanntesten volkstümlichen Liedern, „La Adelita“ und „La Valentina“, wurde das Bild der Soldadera umgedeutet: Aus der tapferen, starken Frau wurde der „Liebling der Truppen“ mit einem „Herz aus Gold“. Dieses Bild hat wenig mit den tatsächlichen Erfahrungen der Frauen in der Revolution zu tun. Die Soldatinnen prallten mit den gesellschaftlichen Erwartungen, wie Frauen sich zu verhalten haben, aufeinander.
Ihre Leistungen auf dem Schlachtfeld wurden herunter gespielt und ihre Schönheit und Loyalität betont. Erfolgreiche Frauen in der mexikanischen Revolution mussten in einer Weise erinnert werden, die das System nicht bedrohen würde. Und so erkannte die Regierung die Soldaderas nie als Veteraninnen an.
Errungenschaften
Dennoch erreichten sie viel: Das schon 1914 eingeführte Scheidungsrecht wurde 1917 ausgebaut. Schwangeren Arbeiterinnen wurden Unterstützungsleistungen zugestanden und Arbeitgeber mussten ein Monat bezahlten Mutterschaftsurlaub geben.
Zwar waren die meisten mexikanischen Frauen in der Revolution keine Kämpferinnen, aber sie verrichteten Aufgaben, die täglich das Funktionieren der revolutionären Armee ermöglichten: „Ohne die Soldaderas könnte die Armee nicht vorankommen“, bemerkte die Washington Post am 3. Mai 1914.
Und auch wenn viele Frauen ihren Männern in den Kampf folgten, um ihrer gesellschaftlichen Pflicht, der Verpflegung des Mannes, nachzukommen, eröffnete dies auch den Weg zu mehr Freiheit. Als die Soldaderas ihr Heim verließen, verließen sie auch den Ort, wo Gesellschaft und Kirche sie haben wollte – das Zuhause. Die Grenzen zwischen häuslich und öffentlich wurden so auf den Schlachtfeldern verwischt und führte dazu, dass manche Frauen die ihnen auferlegten gesellschaftlichen Normen ablehnten. Nach der Revolution gingen viele von ihnen in die Städte oder die USA um zu arbeiten – was vor der Revolution undenkbar war!
Die Soldaderas kämpften nicht nur für eine gerechtere Welt, sie brachen auch traditionelle Rollenbilder auf.