Meine Chefin ist ja keine Rassistin, aber…
Weil ich, wie viele andere Studierende, mit der Coronapandemie meinen Nebenjob verloren habe, musste ich mich auf die Suche nach einem neuen machen. Anfang Juni hatte ich endlich Erfolg – allerdings wusste ich schon nach dem vierten Tag: hier bleibe ich nicht! An diesem Tag kam eine junge schwarze Frau zum Vorstellungsgespräch vorbei. Nachdem sie weg war, bekam ich ein Telefonat meiner Chefin mit einer meiner Kolleginnen mit.
Die Chefin meinte eiskalt, dass sie die junge Frau erst gar nicht zum Gespräch eingeladen hätte, wenn die ein Foto mitgeschickt hätte. Sie könne sie nicht einstellen, weil in ihrem Geschäft viele rassistische Kunden einkaufen würden. Würde eine schwarze Frau hinter der Theke stehen, dann würden die ja nicht mehr kommen! Unfassbar, ich war geschockt. Noch am Tag davor war ich auf der Black Lives Matter-Demo, gemeinsam mit 50.000 anderen. Ich war noch ganz geflasht von der großartigen Solidarität, die man dort gespürt hat; .
Umso wütender war ich, dass die Chefin auch noch so getan hat, als wolle sie die Frau schützen. Als könne sie ihr die mögliche Diskriminierung nicht antun. Die reinste Heuchelei! Sie stellt einfach ihre Profitinteressen über die Menschenwürde. Wenn sie sich wirklich um das Wohl ihrer Mitarbeiterinnen sorgen würde, dann würde sie sie gegen rassistische Diskriminierung verteidigen! Das zeigt, wie tief Rassismus in diesem System verankert ist, wenn jemand einfach offen sagen kann: wenn ich eine schwarze Frau einstelle, verliere ich Kunden. So verfestigt sich Rassismus. Ich habe gleich am nächsten Tag gekündigt. Für eine Rassistin arbeite ich nicht. Eine Rassistin bekämpfe ich.
Lisa B., Studentin