Strache als Kanzler? Jetzt die FPÖ-Verharmlosungsspirale durchbrechen!

Die FPÖ ist überwiegend unter Jugendlichen verhasst. Von den Parteien im Parlament erwarten sie sich nichts, und besonders nichts, wenn es um das Ausgrenzen der FPÖ geht. Die Linke muss mit ihnen die Unbeliebtheit der FPÖ auf der Straße sichtbar machen.
4. Februar 2016 |

Linke, die schon jahrelang politisch aktiv sind, können es kaum glauben: Zeigt man jungen Leuten Fotos von Heinz-Christian Strache in paramilitärischer Uniform bei „Wehrsportübungen“ (Ende der 1980er-Jahre mit dem Neonazi Gottfried Küssel), bekommt man ganz häufig die Reaktion: Was? Das ist der Strache? Das wusste ich ja gar nicht! In den damaligen Wehrsportlagern trainierten die Teilnehmer den Mord an Linken und Demokraten für den Bürgerkrieg. Strache wurde in dieser Zeit sogar von der deutschen Polizei festgenommen – als Teilnehmer einer Neonazi-Demonstration, die eine Synagoge stürmen wollte.

Verharmlosungsspirale

Dass die Mehrheit von Straches Vergangenheit in der radikalen Neonazi-Szene nichts weiß, darf nicht verwundern. Moderne Faschisten sind mehr als ihre historischen Vorbilder dazu gezwungen, ihre wahren politischen Absichten zu verschleiern. Darüber hinaus ist die Verharmlosung der FPÖ durch die anderen Parteien symptomatisch für die nie stattgefundene Entnazifizierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Als die Wehrsportfotos an die Öffentlichkeit gerieten, übernahm SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer die Rolle des obersten Verharmlosers: es hätte sich schließlich nur um „Jugendtorheiten“ gehandelt, aus denen man „Strache keinen Strick drehen“ dürfe.

Die FPÖ wird von den Parlamentsparteien systematisch verniedlicht, das heißt als eine legitime demokratische Partei anerkannt. Als die SPÖ die Koalition mit den Blauen im Burgenland schloss, rechtfertige sich der sozialdemokratische Verfassungssprecher Peter Wittmann, dass man gut beraten sei, „demokratisch gewählte Parteien nicht kategorisch auszuschließen.“ Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Verharmlosungsspirale im Parlament schneller abwärts dreht, je stärker die FPÖ wird.

Sprachrohr Straße

Jetzt hilft es wenig, wenn wir uns als Linke, ob in der SPÖ oder nicht, eine radikale Oppositionspartei herbeiwünschen – so sehr wir sie nötig hätten. Verlassen können wir uns nur auf unsere eigenen Kräfte auf den Straßen. Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Nurten Yilmaz marschierte auf der Demonstration der „Offensive gegen Rechts“ gegen den FPÖ-Burschenschafterball mit. Gegenüber der Neuen Linkswende sagte sie: „Mir war es ein Anliegen Teil jener Demonstration zu sein, die für Zivilcourage und Solidarität und gegen Rechtsextremismus und Rassismus durch die Straßen in Wien gezogen ist.“

Die FPÖ wird nicht wegen, sondern trotz ihrer wahren politischen Absichten gewählt.

Über 10.000 Antifaschist_innen forderten den Rauswurf der FPÖ aus der Hofburg. „Die FPÖ ist keine demokratische Partei“, sagte Datenforensiker Uwe Sailer auf der Kundgebung von „Jetzt Zeichen setzen“ am Heldenplatz, sondern „eine Burschenschafter-Partei“. Die Freiheitlichen seien keine „normale Partei“, schloss auch die grüne Gemeinderätin Birgit Hebein und appellierte an Einheit der Bewegung und den „Sommer des Aufbruchs“ der Flüchtlingsbewegung zu nutzen. Die Zeitzeugin Susanne Bock warnte vor der rechtsextremen Elite in der Hofburg, „die sich von umstürzlerischen Bewegungen in Richtung Faschismus Erfolg verspricht“.

Taktik

Schön und gut, könnten wir jetzt sagen, aber schadet das der FPÖ überhaupt, wenn wir ihren gefährlichen antidemokratischen Charakter aufdecken? Ja, das tut es. Die FPÖ wird nicht wegen, sondern trotz ihrer wahren politischen Absichten gewählt. 87 Prozent der FPÖ-Wähler_innen in der Nationalratswahl 2013 stimmten zu, dass die Demokratie zwar Probleme mit sich bringe, jedoch immer noch die „beste Regierungsform“ sei.

Wenn die Demokratiefeindlichkeit der FPÖ bekannt wird, stürzt sie ab. Die Präsidentschaftskandidatur von Barbara Rosenkranz, deren Mann „keinerlei Berührungsängste mit dem Neonazismus“ hatte (DÖW), endete 2010 in einem Debakel für die FPÖ – sie konnte nur ein Viertel der Wähler_innen von der vorigen Nationalratswahl erneut zur Urne bewegen.

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Wie viele „Einzelfälle“ werden wir noch erleben müssen, wie viele „Einzelfälle“ kann sich die FPÖ noch leisten? Philipp Schrodt von der Achse kritischer Schüler_innen Wien (aks) schrieb,  die Antwort darauf „wird vor allem vom Druck abhängen, den linke Kräfte auf die FPÖ ausüben müssen.“ Spätestens 2018 droht ein blauer Bundeskanzler und Innenminister, mit der ÖVP als Juniorpartner. Die Unbeliebtheit der FPÖ auf der Straße sichtbar zu machen ist eine dringende Aufgabe.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.