Tödliche Verachtung für uns Hackler
Die systemrelevanten „Heldinnen des Alltags“ erleben statt Wertschätzung nun eine ungeheure Rücksichtslosigkeit der Regierung. Demnächst kommt eine Covid-Freistellung für schwangere Beschäftigte, von der Handelsangestellte ausgenommen sind. Die Begründung? Verkäuferinnen hätten keinen direkten Körperkontakt mit den Kunden. Die Maskenpause kommt nicht, stattdessen wird über Sonntagsöffnung diskutiert.
Positiv getestetes pflegendes und medizinisches Personal kann sogar zur Arbeit gerufen werden, bis Symptome auftreten oder ein Absonderungsbescheid vorliegt. Die Rechtsgrundlage dafür ist in der Covid-19-Notverordnung Paragraf 10 für Alters-, Pflege- und Behindertenheime und in Paragraf 11 für Krankenanstalten. Damit gefährden die ohnehin überlasteten Kolleg_innen nicht nur sich selbst, sondern ebenso ihre Kollegen, Patienten und Bewohner. Vor allem am Beginn der Erkrankung ist man oft symptomfrei, aber hoch ansteckend. Für die Regierung ist nicht jede Gesundheit gleich viel wert.
Offene Schulen – zu jedem Preis
Besonders wütend sind die Kolleg_innen in Kindergärten, Horten und Volksschulen. Während Österreich weltweit trauriger Spitzenreiter bei Corona-Neuinfektionen wurde, trat die „K2-Verordnung“ in Kraft: „Aufgrund des geringen Risikos einer Übertragung durch Kinder bis zum Ende des Volksschulalters kann der Gruppen-/Klassenverband bzw. die Betreuungspersonen in der Bildungseinrichtung bei Positivtestung eines Kindes bis zum Ende der 4. Schulstufe als K2-Kontakt eingestuft werden. Alle Kontaktpersonen zu diesem Kind dürfen weiterhin ohne Test die Bildungseinrichtung besuchen.“ Praktisch für die Wirtschaft, denn kein K1-Kontakt bedeutet keine Quarantäne, keine Gruppenschließung und kein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern.
Eine Kindergruppenbetreuerin berichtet der Gewerkschaft: „Unser Arbeitgeber hat hier auch Druck gemacht, dass wir die Familien anrufen sollen, um ihnen zu sagen, dass die Kinder weiterhin kommen sollen. Das Problem ist aber unsere Gesundheit: wir haben ja auch Familie. Meine Arbeitskollegin hat zum Beispiel ihre Kinder zu ihrer Mutter gebracht, weil wir wissen, wie gefährlich die Arbeit hier ist.“ Das Märchen von den Kindern, die nicht ansteckend sind, ist wissenschaftlich längst überholt. Die verarschten Mitarbeiter_innen sind sich des Risikos durchaus bewusst und brechen derzeit reihenweise weg.
Message-Control gegen Todesmeldungen
Die Prahlerei von Sebastian Kurz vom Frühjahr, dass Österreich „besser als andere“ durch die Pandemie komme, hallt bitter nach. Der Sommer war eine Verschnaufpause, die andere Ländern zur Vorbereitung für die zweite Welle im Herbst nutzten. Die schwarz-grüne Regierung erstellte keine Sicherheitskonzepte und verordnete den zweiten Lockdown dann auch viel zu spät. Jetzt befindet sich das Land im weltweiten Spitzenfeld des Pandemie-Geschehens. Das europäische Mortalitätsmonitoring Euromomo attestiert Österreich Ende November eine „hohe Übersterblichkeit“. Von wegen „wir schützen die Großeltern“. 3.353 Personen waren am 27. November in Seniorenheimen infiziert. Innerhalb eines Monats hat sich die Zahl vervierfacht. Expert_innen warnten im Oktober vorm völligen Kontrollverlust beim Contact-Tracing.
Die von der Statistik Austria im Auftrag des Bildungsministeriums kurz vor dem zweiten Lockdown durchgeführte Dunkelzifferstudie besagt, dass Mitte November die Gesamtzahl der Infektionen um die 228.000 betrug, also 3,1 Prozent der Menschen in Österreich. 55 Prozent der festgestellten Infizierten waren noch nicht behördlich erfasst. Trotz aller unerledigter Aufgaben und während der Rekordarbeitslosigkeit gönnt sich die Regierung 210 Millionen Euro für PR-Agenturen, um ihre Inszenierung zu verbessern. Dazu kommen Kosten für Mediaschaltungen von 180 Millionen Euro, ebenfalls für den Zeitraum bis ins Jahr 2024. Da geht auch dem Hackler, der nicht von der Halle ins Homeoffice wechseln kann, das Geimpfte auf.