Z

Der Meister des politischen Thrillers, Constantin Costa-Gavras, hat mit „Z“ einen atemlos spannenden wie auch politisch brisanten Film geschaffen, der tief in die Strukturen der Rechten im Staat blickt.
28. Juli 2015 |

Am 22. Mai 1963, kurz vor Beginn der Militärdiktatur in Griechenland, wurde in Saloniki der sozialistische Oppositionsführer, Grigoris Lambrakis, tödlich verletzt, nachdem er auf einer pazifistischen Kundgebung gegen NATO-Stützpunkte im Land gesprochen hatte. Die staatlichen Instanzen beeilten sich, seinen Tod als Unfall hinzustellen. In Wahrheit steckte eine Verschwörung von Polizei, Militär und dem Königspalast hinter dem Mord.

Gegen alle Widerstände

Regisseur Constantin Costa-Gavras, in Frankreich lebender Sohn griechischer Widerstandskämpfer, wollte unbedingt mit einem Film auf das Ereignis reagieren. Und so wird gleich zu Beginn von „Z“ klar gestellt: „Übereinstimmung mit Personen und wahren Ereignissen ist gewollt“. „Z“ bedeutet im altgriechischen „Er lebt“. Der Buchstabe wurde zur Losung der linken Opposition.

Doch bevor es überhaupt zur Produktion von „Z“ kommen konnte, mussten zahlreiche Hindernisse überwunden werden. Aus Angst vor Repressionen wollte niemand das Projekt finanzieren. Erst als „linke“ Stars des europäischen Kinos wie Jean-Louis Trintignant, Yves Montand und Irene Papas anboten, auf den Großteil ihrer Gagen zu verzichten, kam „Z“ der Realisierung einen Schritt näher. Das nächste Problem stellte der Drehort dar, nachdem es unmöglich war in Griechenland zu filmen, wurden die Dreharbeiten nach Algiers verlegt.

Politischer Mord

Mit den Mitteln des Thrillers wird in „Z“ ein Mord aufgeklärt, doch mit dem Mord wird das ganze scheindemokratische System aufgerollt. Gleich zu Beginn erklärt ein Offizier die Gefahren des Kommunismus, der „wie Mehltau“ die Gesellschaft bedrohe, um Werte wie Gott, König und Vaterland zu vernichten. Auf der anderen Seite der politischen Auseinandersetzung steht eine Gruppe junger linker Anwälte und Intellektueller.

(Die wirkliche Schwäche des Films ist das Fehlen politisch aktiver Arbeiter_innen.)

Mit den Mitteln des Thrillers wird in „Z“ ein Mord aufgeklärt, doch mit dem Mord wird das ganze scheindemokratische System aufgerollt.

Als die Veranstaltung von rechten Schlägertrupps angegriffen wird, sieht die Polizei tatenlos zu. Nachdem der prominente Sprecher der Gruppe (Yves Montand) von Rechtsradikalen niedergeknüppelt wird und später im Spital stirbt, sind die Aktivist_innen hin und hergerissen zwischen Vertrauen in einen Staat und seine Justiz, und Ideen vom bewaffneten Aufstand. Die „Vernünftigen“ setzen sich durch. Die Behörden, die den Mord selbst in Auftrag gegeben haben, setzen einen jungen, scheinbar unerfahrenen Untersuchungsrichter (Trinignant in der besten Rolle seiner Karriere) ein, um die Causa zu untersuchen. Zur Überraschung von Freund und Feind erweist sich dieser als immun gegen Drohungen und Bestechung – er ermittelt ernsthaft.

Lumpenproletariat

Z Look MagazineImmer tiefer dringt er ein in ein Netzwerk aus ehemaligen Nazi-Kollaborateuren, faschistischen Gruppierungen, Militärs und primitiven Schlägern. Gerade letzteren widmet Costa-Gavras viel Aufmerksamkeit. Durch rechte Indoktrinierung, Bestechung und Drohungen werden Menschen aus dem „Lumpenproletariat“ zu Erfüllungsgehilfen der rechtsradikalen Eliten.

Costa-Gavras meinte dazu in einem Interview: „‚Z‘ zeigt ein Sub-Proletariat, das von der Polizei abhängig ist, und Polizei, die von der regierenden Schicht abhängig ist, die wiederum vom ausländischen Kapital abhängig ist. Der Film veranschaulicht, wie diese Elemente zu brutalem Mord an einem Menschen führen können, der nur den Frieden unter seinen Brüdern wollte.“

Happy End?

Im Film sieht es gegen Ende so aus, als würden „die Guten“ gewinnen. Es ist unendlich befriedigend zu sehen, wie die Generäle und Polizeioffiziere vor dem jungen U-Richter antanzen müssen und trocken verhört und angeklagt werden. Die Schläger, die den Mord begangen haben und danach versuchen, Zeugen zum Schweigen zu bringen, landen vor Gericht.

„Im Endeffekt haben die ganzen Ermittlungen dafür gesorgt, dass sich die politische Situation verschlimmert. Gegen diesen Sarkasmus mag nur noch die Hoffnung bestehen.“

(Regisseur Constantin Costa-Gavras)

 

Die vorsichtigeren Aktivist_innen scheinen Recht zu behalten. Der Rechtsstaat hat gesiegt. In einer Schlüsselszene redet einer der Aktivist_innen von einer Revolution, die stattgefunden habe, die Witwe des Ermordeten (Irene Papas) reagiert mit schweigender Ablehnung. Sie scheint zu ahnen, dass dieser Sieg der linken Opposition gerade der Auftakt für die Machtergreifung des Militärs ist. Vor dem Prozess werden alle Zeug_innen umgebracht, die direkten Täter erhalten niedrige Strafen.

Costa-Gavras dazu: „Das Ende ist bewusst sarkastisch, da die Aufklärung des Falles einem Pyrrhus-Sieg gleichkommt: Im Endeffekt haben die ganzen Ermittlungen dafür gesorgt, dass sich die politische Situation verschlimmert. Gegen diesen Sarkasmus mag nur noch die Hoffnung bestehen.“

Eliten unter Beschuss

„Z“ wirkte, auch wegen der Preise, mit denen der Film ausgezeichnet wurde (Zwei Oscars, Preise in Cannes), wie ein Stachel im Fleisch der westlichen Eliten, wird doch auch die Beteiligung der USA an den rechten Umtrieben in Griechenland thematisiert. Die Oscar-gekrönte Kameraarbeit von Raoul Coutard ist bis heute vorbildlich und die Musik von Mikis Theodorakis, die griechische mit arabischen Elementen mischt, ist inzwischen legendär.

Seine Arbeitsbedingungen sagen viel über die Entstehung von „Z“ aus. Costa-Gavras: „Mikis befand sich damals in Verbannung auf den Peloponnesischen Inseln, wo er von zwölf Gendarmen bewacht wurde. Dennoch gelang es uns, ein Tonband herauszuschmuggeln, das er mit den Stücken besungen hatte.“

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.