Herbert Kickl: Auf des Führers Spuren
FPÖ-Innenminister Herbert Kickl ließ seine Gesinnung gleich zu Regierungsantritt durchblicken, als er ankündigte, künftig Flüchtlinge wieder „konzentriert“ an einem Ort „halten“ zu wollen. Das war kein Ausrutscher, sondern eine ganz ungeheuerliche Anspielung auf die Konzentrationslager der Nationalsozialisten. Einem Mann, der aus der indirekten „Nachfolgepartei der NSDAP in Österreich“ (Anton Pelinka) stammt, deren Gründer sich aus ehemaligen SS-Offizieren rekrutierten, passiert so was nicht einfach.
Kurz darauf ließ der Innenminister das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, kurz BVT, von einer Polizeieliteeinheit unter Leitung eines der rechtsextremen „Reichsbürgerbewegung“ nahestehendem FPÖ-Beamten stürmen. Kickl besuchte dieses protofaschistische Rollkommando, die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), kurz vor der Razzia in deren Dienststelle.
Blauer Putsch
Die Sturmtruppen beschlagnahmten unter anderem die Daten der Leiterin des Extremismus-Referats, die kritische Berichte über die rechtsextreme, FPÖ-nahe Website Unzensuriert und den Neonazi-Kongress „Verteidiger Europas“ verfasst hatte.
Das ist bemerkenswert, denn der Chefredakteur von Unzensuriert, Alexander Höferl, stieg zu Kickls Kommunikationschef im Innenministerium auf. Und: 2016 hielt Kickl die Hauptrede auf besagtem Kongress in Linz – für ihn ein „Kongress der ganz normalen Leute“. Führend vertreten waren etwa die rechtsradikale „Identitäre Bewegung“ und die Neonazi-Organisation Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AfP). Kickl sprach unter Bezugnahme auf die Anwesenden von „Gleichgesinnten“ und „von unserer ideologischen Einstellung“, die es gegen die Linken und „Mainstream-Medien“ zu verteidigen gelte. Er war froh, „nicht in die Gesichter mieselsüchtiger roter und grüner Parlamentarier“ schauen zu müssen.
Braune Gesinnung
Kickl war bislang die treibende Kraft hinter den freiheitlichen Kulissen. Er schrieb praktisch alle Reden Straches und trieb die rassistischen Wahlkämpfe mit ekelhaften Slogans wie „Daham statt Islam“ und „Pummerin statt Muezzin“ auf die Spitze.
Sein Wahlspruch „Platzverbot statt Denkverbot“ gibt einen tiefen Einblick in seine Gesinnung, die – Kickl ist selbst kein Burschenschafter – völlig d’accord geht mit der faschistischen Ideologie der deutschnationaler Verbindungen. Mit Platzverbot meint er die Einschränkung beziehungsweise Abschaffung der erkämpften Grundrechte wie dem Demonstrationsrecht. Mit Denkverbot spielt er auf den antifaschistischen Grundkonsens Österreichs an. So oberflächlich die Entnazifizierung in Österreich auch stattgefunden hat, man kann als moderner Faschist im 21. Jahrhundert dennoch noch nicht wieder offen auftreten – in Kickls Augen ein Denkverbot.
Seine Verhöhnung der Demokratie, wonach „das Recht der Politik zu folgen hat“, steht in direkter Nazi-Tradition und könnte vom NS-Staatsrechtler Carl Schmitt abgeschrieben sein, der 1934 verlautbarte: „Der Führer schützt das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft […] Der wahre Führer ist immer auch Richter.“ Ob sich Kickl nach Straches Abgang vom Drahtzieher hinter den Kulissen zum neuen Führer berufen fühlt?