Das Kaputtsparen des Bildungssystems: Ein Rückblick
Spätestens seit Ende der 1980er- und frühen 1990er-Jahren setzten sich in den Konflikten um die Finanzierung der Universitäten meistens die Sparefrohs durch. Der Bologna-Prozess seit 1999 ist Ausdruck der Liberalisierungs- und Kommerzialisierungsbestrebungen.
Hochschulen wurden verstärkt externen Anforderungen unterworfen, wie Orientierung auf den Arbeitsmarkt und zunehmende private Finanzierung der Unis zeigen. Die Angriffe auf das Bildungssystem – Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren, überfüllte Hörsäle, Bachelor für die Masse, Master und Doktorat für die Elite – waren massiv.
Sparpaket folgt Sparpaket
Im Herbst 1987 brachen große spontane Bewegungen gegen ein Sparpaket aus. Im Frühjahr 1996 brachten Neuwahlen abermals eine große Koalition mit gestärkter SPÖ, die die Wahlen mit ihrer Position gegen Sparmaßnahmen gewonnen hatte. Die abermalige Ankündigung eines Sparpakets löste eine breite Bewegung aus. Im Herbst 2000 führte die Ankündigung, dass Studiengebühren eingeführt werden, zu einer Spontandemo über den Ring.
2004 wurde gegen das neue Universitätsgesetz (UG) protestiert. 2007, als die Gusenbauer-Regierung die von Schwarz-Blau eingeführten Studiengebühren nicht sofort abschaffte, protestierte die SPÖ-Basis. Doch der faule Kompromiss unter Faymann, der zur aktuellen Regelung mit der Befreiung von Studiengebühren für einen Teil der Studierenden führte, ändert kaum etwas daran, dass sich die Studienbedingungen weiterhin verschärfen: Verschulung, Änderungen der Studienpläne, überfüllte Hörsäle und mangelnde Finanzierung sind Symptome der Neoliberalisierung der Unis.
Autonomie als Sparzwang
Die Regierungen erhofften sich über die „institutionelle Autonomie“ der Universitäten eine Entlastung bei Finanzierungskonflikten: Sparzwänge konnten so „nach unten“ delegiert werden.
Das Universitäts-Organisationsgesetz (UOG) 1993 unter dem damaligen Wissenschaftsminister Busek war ein erster Schritt in diese Richtung. Es beinhaltete bereits die Eckpunkte des derzeit geltenden UG 2002. Die Rektoren wurden erstmals zu „Universitätsmanagern“ mit entsprechender Macht, die den Fakultäten entzogen wurde.
Spätestens seit dem Universitätsgesetz 2002 wurden unternehmensähnliche Strukturen geschaffen und typisch marktwirtschaftliche Instrumente und wirtschaftspolitische Kriterien in die staatliche Hochschulpolitik eingeführt.
Spätestens seit dem Universitätsgesetz 2002 wurden unternehmensähnliche Strukturen geschaffen und typisch marktwirtschaftliche Instrumente und wirtschaftspolitische Kriterien in die staatliche Hochschulpolitik eingeführt. Die Finanzierung soll verstärkt privat (über Studiengebühren und Drittmittel) erfolgen. Neu eintretende Lehrende und Forschende stehen nicht mehr in einem öffentlichen, sondern in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis.
Außerdem schafft die Autonomie eine zuvor nicht dagewesene Möglichkeit der politischen Einflussnahme: Durch die neu eingerichteten Universitätsräte, die mindestens zur Hälfte von der Regierung beschickt werden, verschaffte sich die Regierung tiefgreifende Macht. Denn der Universitätsrat ist für alle wichtigen Entscheidungen, inklusive der Rektoratswahl, letztverantwortlich.
Außerdem stimmt dieser der Leistungsvereinbarung zu, welche die Finanzierung der Uni regelt: Alle drei Jahre „verhandeln“ Rektorat und Ministerium über das Budget der Uni und die damit zu erbringenden Leistungen. Insofern sucht sich das Ministerium seine Verhandlungspartner quasi selbst aus. Dass dabei nicht mehr Geld für die Unis raus kommt, verwundert nicht.
Erpressung
Seit den 1980er-Jahren wird Sparpaket auf Sparpaket angekündigt. Dieser Kürzungswahn hat sich im Zuge der Wirtschaftskrise seit 2008 verstärkt, weil die Krise als passende Ausrede dient.
Während die Regierung über Studienplatzfinanzierung schwadroniert ist schon von vornherein klar: Mehr Geld für die Unis gibt’s nicht. Es wird der Weg der Universitätsgesetze und Novellierungen der letzten Jahrzehnte fortgesetzt.
Schrittweise wird das Universitäts-Organisationsgesetz von 1975, das einen Teil der von Studierenden 1968 aufgestellten Forderungen umsetzte, rückgängig gemacht. Die Bildungsausgaben wurden nicht erhöht, denn mit knappen Mittel erpresst es sich leichter. Für Studierende, Lehrende und Forschende bedeutet dies Verschlechterung der Studienbedingungen, unsichere Lebens- und Arbeitsverhältnisse und eine stärkere Verquickung von Uni und Markt, die Demokratisierung und kritische Wissenschaft unmöglich macht.