Sichere Fluchtwege: Zornige Proteste gegen griechisch-türkischen Grenzzaun
Die einzige Möglichkeit, nach Griechenland zu gelangen, ist der Seeweg über das ägäische Meer, wo im vergangenen Jahr 4.000 Menschen gestorben sind. Hunderte Aktivist_innen zogen durch das Grenzdorf Kastanies und riefen Sprüche wie „Nieder mit dem Zaun – Öffnet die Grenze“. Die Polizei blockierte zwar die Straße, war aber schließlich gezwungen, eine Delegation durchzulassen. Ein Teil dieser Delegation war Costas Papadakis von der linken antikapitalistischen Gruppe „Antarsya“. „Wir sagen Nein zu einer Politik der ertrunkenen Kinder“ rief er der Menge zu.
Anrainer_innen schlossen sich bei eisigen Temperaturen einem lautstarken Marsch rund um die Küstenstadt Alexandroupolis an. Das Theater der Stadt öffnete an diesem Abend erstmals seine Türen für eine politische Versammlung. Aktivist_innen von der Insel Lesbos trugen Schwimmwesten und gigantische Drahtzangen aus Karton. Sie riefen: „No borders, no nations, save transportation“ (Keine Grenzen, keine Nationen, sicherer Transport). Sie hatten die Auswirkungen des Zauns mit eigenen Augen gesehen.
Grenzzäune töten
Efi Latsoudi erzählte der Zeitung Socialist Worker: „Ungefähr 2.500 Leute sind alleine gestern angekommen. Sie sind verzweifelt – die Kälte ist extrem und hat schwere Auswirkungen. Viele von denen, die letzte Woche gestorben sind, wurden von der Kälte getötet.“ Wie tausende andere gewöhnliche Griech_innen hat Efi geholfen, Nahrung, medizinische Versorgung und Unterkunft für Flüchtlinge zu organisieren, die vom Staat im Stich gelassen werden. Sie sagt: „Das ist aber nicht genug. Es ist eine politische Entscheidung, diese Menschen sterben zu lassen. Wir müssen diese Politik ändern und ihnen sichere Reisemöglichkeiten verschaffen.“
Straßenbockaden von Bäuerinnen und Bauern, die sich gegen hohe Steuern und Pensionskürzungen wehrten, erschwerten zum Grenzbezirk Evros zu gelangen, der weit ab von den größten griechischen Städten liegt. Ein Konvoi mit antirassistischen Aktivist_innen erreichte eine Blockade, kurz bevor die Straße ganz versperrt war. Sie stiegen aus ihrem Bus, sprachen mit den Bauern und riefen Slogans mit der Forderung nach Einheit.
Grenzenlose Solidarität
Viele Delegationen kamen aus Betrieben, darunter Schulen, Spitälern, Regierungsgebäuden und der Athener U-Bahn. Es waren Leute mit dabei, die freiwillig in Flüchtlingslagern arbeiten, Aktivist_innen, die selbst als Flüchtlinge nach Griechenland gekommen waren und viele Studierende. Am Grenzübergang Kipoi überquerten Aktivist_innen die Grenze zur Türkei, um sich mit ihren türkischen Mitstreiter_innen zu treffen, die am Tag zuvor in Istanbul demonstriert hatten.
Gewerkschaftsgruppen und Initiativen empfingen die Demonstration in jeder Stadt. In Orestias bezeichnete der lokale Aktivist Theodis Ferentidis den Zaun als „Ungeheuerlichkeit“. Er fügte hinzu: „Dieser Zaun ist ein Symbol des Todes, ein Symbol für die Ertrunkenen, die wir jeden Tag in den Nachrichten sehen. Wir werden uns niemals an diese Bilder gewöhnen, wir werden niemals diesen mörderischen Zaun akzeptieren.“
Viele in der Region stammen von ethnischen Griechen ab, die vor einem Jahrhundert aus der Türkei vertrieben wurden. Wie Costas Aslanoglou von der Lehrer-Gewerkschaft in Alexandroupolis meinte: „Wir wissen, was es heißt, Flüchtling zu sein.“