Andreas Pittler: Das Totenschiff
„Wenn die Politiker und die Behörden da draußen so etwas selbst miterlebten, sie würden sofort damit aufhören, über Quoten oder Visa oder Einreiseformalitäten zu debattieren.“ Andreas Pittler, bekannt für seine Kriminalromane um den fiktiven Polizeioffizier David Bronstein, hat mit seinem neuen Buch „Das Totenschiff“ nicht nur eine vergessene, dramatische Episode des Holocausts zu Papier gebracht. Seine Worte erinnern – auf eine subtile, mahnende Art und Weise – an den fürchterlichen Umgang von Regierungen mit Flüchtlingen heute.
Die Geschichte, die sich tatsächlich so zugetragen hat, wird in Form von Briefen von David Stoliar an seine Mutter erzählt. David ist 19 Jahre alt, Jude und muss 1940 vor dem mit Nazideutschland verbündeten rumänischen Diktator Ion Antonescu flüchten. Er muss miterleben, wie Bekannte von der faschistischen „Eisernen Garde“ wie Vieh abgeschlachtet werden. Insgesamt ließ Antonescu 380.000 Juden und 20.000 Roma ermorden.
Tausende suchen Asyl in Griechenland und der Türkei, aber bald sind alle Wege abgeschnitten. Für viele ist die letzte Rettung der Seeweg über das Schwarze Meer durch den Bosporus nach Palästina. Die Reise ist gefährlich und Großbritannien verwehrt den vielen jüdischen Flüchtlingen in Palästina rigoros die Einreise. David versucht es dennoch mit 780 anderen Schutzsuchenden an Bord des völlig überfüllten Schrottkahns „Struma“.
Pittler stellt den Alliierten und Behörden, die die Menschen ihrem Schicksal einfach selbst überließen, die riesige Hilfsbereitschaft der einfachen Bevölkerung gegenüber. Nach einem Motorschaden muss das Schiff nach Konstantinopel (heutiges Istanbul) geschleppt werden. Während die Polizei zu verhindern versucht, dass den Schiffbrüchigen Hilfe zukommt (der Kahn steht unter Quarantäne), besorgen die jüdische Gemeinde und türkische Arbeiter_innen Hygieneartikel und Lebensmittel.
„Menschen in Not hilft man“, machte ein türkischer Mechaniker den Flüchtlingen Mut. „Es ist die Pflicht des Menschen, dass er dem Nächsten hilft.“ Unweigerlich wird man an die Jetztzeit erinnert.
Mehr Informationen auf www.andreaspittler.at.