Abschiebung in Groß-Enzersdorf: „So dankt uns ‚Vater Staat‘ die Hilfe“

Anlässlich der Abschiebung eines Flüchtlingspaares mitsamt Baby organisierten Solidarische eine spontane Mahnwache am Samstag, 29. Oktober, in Groß-Enzersdorf. Der kleine Khaled und seine Eltern Hanadi und Walid hatten Unterkunft und Freund_innen im Ort gefunden.
30. Oktober 2016 |

In den frühen Morgenstunden am Samstag, 29. Oktober, verhaftete die Polizei Hanadi, Walid und ihr Baby Khaled zur Deportation nach Kroatien. Unterstützerin Margit ist wütend und traurig: „Wieder eine Familie zerstört, Menschen erneut traumatisiert, Herzen gebrochen, Menschen gebrochen. Auch uns Helfer versetzt das in einen totalen psychischen Ausnahmezustand. So dankt uns ‚Vater Staat‘die Hilfe…“ Auch sie kämpft um die Rückkehr der palästinensischen Familie, die hier bestens integriert ist.

Im Stadtpark trafen sich junge und alte Menschen aus Groß-Enzersdorf mit Kerzen und selbstgedruckten Schildern am Abend zu einer Mahnwache, auch aus der Umgebung kamen Leute. Die Rentnerin Susanna aus Essling erklärt mit Tränen in den Augen: „Ich bin sonst still, aber jetzt nicht mehr. Wenn wir jetzt nichts tun und Unrecht zulassen, wäre das ein großer Fehler.“

Rückkehr gefordert

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Groß-Enzersdorf will für die Rückkehr der abgeschobenen Familie kämpfen.

Gaby und Gerhard Mühlbauer erzählt kämpferisch: „Wir haben [die Familie] im Anhaltezentrum Simmering besucht. Wir fahren am Montag nach Kroatien, wohin die Familie abgeschoben wird. Wir kämpfen weiter bis zur Rückkehr.“ Christian ist aus Wien zur Mahnwache angereist und berührt vom Kampfgeist der Menschen: „Es ist mir wichtig persönlich dabei zu sein, wenn so etwas geschieht und dagegen aufzustehen.“

Die enorme „Willkommenskultur“ der österreichischen Bevölkerung hatte die Regierung 2015 unterschätzt. Jetzt versucht uns die Große Koalition nach einer rassistischen Offensive an die Abschiebungen von Schutzsuchenden zu „gewöhnen“. Aber immer mehr Widerstand formiert sich österreichweit in den Gemeinden.

Widerstand formiert sich

Die freiwillige Helferin Fanny berichtet von den vielen jetzt bedrohten Flüchtlingen, die sich integriert haben und ihren Freund_innen, die jetzt vorm Deportationswahn der Regierung Angst haben. Sie meint: „Wir müssen uns vernetzen und gemeinsam starken und breiten Widerstand aufbauen.“

Zwei jugendliche Flüchtlinge, Mohammed und Musa aus Afghanistan, sind dankbar für die Hilfe der Bevölkerung von Groß-Enzersdorf: „Wir waren alleine und haben jetzt hier Freunde, die helfen. Wir wollen nur eine friedliche Zukunft mit ihnen hier.“ Die abgeschobene Familie hat wie sie die Flucht über das Meer, die Winterkälte und das Elend der Balkanroute überlebt.

Wieder Deportation verhindert: Wir können die Regierung aufhalten!

Wieder Deportation verhindert: Wir können die Regierung aufhalten!

Margit hat die grauenhafte Abschiebung von Hanadi, Walid und Khaled am Morgen miterlebt: „Der Abschiebechef unter den Polizisten sagt auf meine Anmerkung ‚Wie können Sie das nur machen?‘ als Erstes: ‚Haben Sie a Arbeit?‘ und wiederholt das gebetsmühlenartig. Bis er schließlich sagt: ‚Wir führen nur Befehle aus.‘“ Familien werden von unmenschlichen Politikern deportiert und Uniformierte führen die Befehle aus. Der Antifaschist Bert Brecht formulierte treffend: „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“

Großdemonstration #LetThemStay#LasstSieBleiben: 26. November, 14 Uhr Westbahnhof. Mehr Infos: menschliche-asylpolitik.at | Facebook
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.