#VolemAcollir: Hunderttausende in Barcelona für Flüchtlinge

Bis zu 300.000 Menschen gingen am Samstag, 18. Februar in Barcelona auf die Straße und forderten die spanische Regierung auf, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. David Karvala, Sprecher von „Vereint gegen Faschismus und Rassismus“ (UCFR) berichtet aus Barcelona von dieser beeindruckenden Demonstration der Solidarität.
21. Februar 2017 |

Die Demonstration am Samstag, 18. Februar in Barcelona war gewaltig und setzte sich aus allen sozialen Schichten zusammen. Schwarze und muslimische Aktivist_innen aus dem katalanischen Bündnis Vereint gegen Faschismus und Rassismus (UCFR) waren am Frontbanner des Demozugs vertreten.

Straßenverkäufer_innen in Barcelona, vor allem aus dem Senegal, Gambia und anderen afrikanischen Ländern, bildeten auf der Demonstration mit  ihrer vor Kurzem gegründeten Gewerkschaft einen eigenen Block, in dem auch ein ehemaliges Mitglied der Black Panther Party mitmarschierte. Im Moment kämpfen sie gegen die Unterdrückung durch die Stadtregierung. Während diese in rechter Hand war, wurden sie stark schikaniert, aber auch unter der linken Führung werden sie nicht in Ruhe gelassen.

Syrische Flüchtlinge und linke Aktivist_innen marschierten hinter einem Banner mit der Aufschrift „Tadamun“ (Arabisch für Solidarität). Diese Aktion unterstützt die Bewegungen in Syrien, die sich  gegen Assads Diktatur und seine Verbündeten, gegen westliche Interventionen und gegen den „Islamischen Staat“ wehren.

Beeindruckende Mobilisierung

Die Kampagne zur Mobilisierung lief unter dem Namen „Unser Heim ist euer Heim“ und rief mit dem Slogan „Wir wollen Asyl geben!“ (#VolemAcollir) zur Demonstration auf. Sie wurde von jungen Medienbeschäftigten ins Leben gerufen, die freiwillig in Griechenland in der Flüchtlingshilfe aktiv waren und nach ihrer Rückkehr mit dem Aufbau dieser einflussreichen Kampagne begannen.

Ein Konzert, das für die Demonstration mobilisierte, wurde in der Vorwoche im größten katalanischen TV-Sender live übertragen. In den VIP-Logen saßen wichtige Politiker_innen und zeigten ihre Unterstützung für den Protest. Der Sender bewarb die Demo mehrmals täglich – in den Nachrichten, in Sonderberichten und auch eine politische Satiresendung zeigte einen eigenen Sketch.

Unabhängigkeitsbewegung

Die beiden größten katalanischen Unabhängigkeitsbewegungen hatten stark mobilisiert und waren mit ihren Fahnen auf der Demonstration sehr gut sichtbar. Die katalanische Regierung und alle Pro-Unabhängigkeitsparteien – inklusive der Mitterechtspartei – unterstützten den Protest und bauten ihn mit auf.

Das wirft die Frage auf, warum nicht mehr Flüchtlinge in Katalonien aufgenommen werden, wenn alle dafür sind. Die Politiker_innen sagen, der spanische Staat ließe das nicht zu, sie könnten ohne die Unabhängigkeit Kataloniens nichts selbst entscheiden. Deswegen stehen sie jetzt unter Druck. Die spanische Regierung hat Katalonien untersagt, ein Referendum über seine Unabhängigkeit abzuhalten, seine Regierung wird aber trotzdem eines organisieren.

Die antikapitalistische Partei CUP (Popular Unity Candidacy) forderte „keine Entschuldigungen mehr“. Wenn Katalonien unabhängig werden will, muss es sich jetzt den Vorschriften Madrids widersetzen, nicht erst in ferner Zukunft.

Schwächen der Kampagne

Die Mobilisierung zeigt, dass Katalonien Flüchtlinge willkommen heißen, der hierarchische Charakter der Kampagne hat aber seine Grenzen. Breitere antirassistische Forderungen wurden hierbei ausgeschlossen. Auf einem der Haupttransparente sollte „Nein zum Einwanderungsgesetz“ stehen, es wurde aber eigenmächtig auf „Katalonien, Land der Willkommenskultur“ geändert.

Viele waren noch offensichtlich nie zuvor an antirassistischen Aktionen beteiligt. Es ist wichtig, dass sie auf die Straße mobilisiert wurden, aber es zeigt auch, dass der Kampf weitergeführt werden muss. In einigen Gebieten war das Bündnis UCFR führend im Aufbau der Delegationen für den Protest. Es unterstützt Initiativen gegen Islamfeindlichkeit und Rechtsextremismus.

In den derzeitigen Kämpfen gegen Rassismus dürfen wir diese Probleme ignorieren – wir müssen eine starke Bewegung aufbauen, die sie führen kann.

David Karvala ist Sprecher von UCFR und Mitglied von marx21.net. Übersetzung aus dem Englischen von Jakob Zelger.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.