Akademikerball-Demo: 4.000 zornig über Sobotkas Kriegserklärung

Einen Tag vor der Demo gegen den FPÖ-Burschenschafterball kündigte Innenminister Wolfgang Sobotka die Aushebelung des Demonstrationsrechts an. Neue Linkswende hat auf der Demo mit den Leuten über diese Kriegserklärung an die antifaschistische Bewegung und Widerstand gegen Trump und die FPÖ gesprochen.
3. Februar 2017 |

Über 4.000 Menschen gingen heute Freitag, 3. Februar gegen den „Ball der Holocaustleugner“ in der Wiener Hofburg – den FPÖ-Burschenschafterball – auf die Straße. Die 20-jährige Politikwissenschafts-Studentin Johanna erzählt im Gespräch mit der Neuen Linkswende, warum sie heute gekommen ist: „Ich bin gegen das Gedankengut, dass diese Leute vertreten.“ Zu den Ballgästen zählten in der Vergangenheit Holocaustleugner wie der ehemalige FPÖ-Politiker John Gudenus und der frühere Chef des Front National, Jean-Marie Le Pen.

Die Demonstrierenden regte auf, dass dieser braunen Brut nach jahrelangen Protesten immer noch die Feier in einem der repräsentativsten Gebäude der Republik erlaubt wird.

Sozialarbeiterin Julia (28) sagt: „Ich möchte nicht, dass sich Leute, die gegen andere Leute hetzen, in der Hofburg vernetzen können.“ Der 21-jährige Zivildiener Markus ist mit seinem Freund Christian (18, Maturant) gemeinsam auf die Demo gekommen. Markus erzählt: „Es ist eine Sauerei, dass in einem öffentlichen Gebäude wie der Hofburg so ein Treffen stattfinden darf.“ Die Anglizistik-Studentin Stacie (23) ist zornig: „Die FPÖ gehört nicht ins Parlament, und schon gar nicht in die Hofburg!“

Auf Trumps Spuren

Innenminister Wolfgang Sobotka ließ seinen ganzen Staatsapparat zu einer Machtdemonstration auffahren. 2.700 Beamte waren im Einsatz, Dutzende Polizeifahrzeuge sollten die Demonstrierenden einschüchtern und die gesamte Innenstadt war durch unzählige Tretgitter abgeriegelt.

Foto: Neue Linkswende

Für besondere Empörung sorgte die Sobotkas Kriegserklärung an die Demonstrant_innen genau am Tag vor der Demo. In einem Interview in der Tageszeitung Die Presse erklärte Sobotka, dass er künftig Proteste verbieten wolle, wenn „Geschäftsinteressen bedroht sind“. Er will die langjährige FPÖ-Forderung nach „Demozonen“ umsetzen – also einschränken, wann und wo demonstriert werden darf.

Wut über geplante Demoverbote

„Das ist ein Wahnsinn, das ist gegen die Demokratie!“, meint Johanna. Stacie ist überhaupt sprachlos und zeigt Sobotka einfach nur den Vogel. Markus ist empört: „Das würde uns ein paar Jahrhunderte zurückwerfen. Demonstrationen zu verbieten gleicht fast einer Diktatur.“ Furchtbar findet das auch Julia, die wie derzeit rund 9.000 weitere Menschen bereits die Petition von SOS Mitmensch gegen die Einschränkung des Demonstrationsrechts unterschrieben hat.

Schon jetzt hat sich eine breite Front gegen Sobotka gebildet: SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim nannte den Angriff „völlig inakzeptabel“, die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) sprachen von „Ignoranz und Ahnungslosigkeit“. Für den grünen Peter Pilz ist Sobotka der „größte Gefährder der Verfassung.“ Das Bündnis Offensive gegen Rechts, das zur Demo aufrief, erklärte: „Wir lassen uns weder von der Polizei noch von einem Innenminister einschüchtern, der auf die Grundwerte der Demokratie spuckt.“

#NoMuslimBan

Der Einschüchterungsversuch ist jedenfalls schon gewaltig nach hinten losgegangen. Die Demonstration war laut, bunt und die Antifaschist_innen waren gut gelaunt. Johanna sagt: „Es ist ein guter Anfang, sich an Demonstrationen wie heute zu beteiligen. Zu zeigen, dass man damit nicht einverstanden ist.“ Auch Julia meint, dass Proteste ein guter Beginn sind, „um zu zeigen, dass die Gesellschaft nicht damit zufrieden ist, wie es ist.“

Uns muss es gelingen, die fantastische weltweite Rebellion gegen Trump auch in Österreich zu etablieren. Es gilt die nächsten Proteste und politischen Druck aufzubauen.

4. Februar: Auf die Straße gegen Trump und Kopftuchverbot!

„Ich würde es wichtig finden, dass sich auch andere Parteien an Straßenprotesten beteiligen würden. Es ist schrecklich, dass manche mit der FPÖ kuscheln und koalieren wollen“, sagt Stacie, die sich noch viel mehr Widerstand wünscht und morgen auch auf die Demo gegen das Kopftuchverbot geht. Sie sagt: „Männer wollen Frauen vorschreiben, was sie tragen dürfen und was nicht. Das ist der nächste Scheiß! Gegen diesen Schwachsinn muss man einfach demonstrieren.“ Die weltweiten Proteste am 18. März zum internationalen Aktionstag gegen Rassismus müssen in jedem Demo-Kalender ganz fett rot angestrichen sein.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.