Brüssel: Rassismus und Krieg fördern Terror, statt ihn zu bekämpfen
In einem ekelhaften Kommentar schrieb Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner nach den schrecklichen Bombenattentaten mit 31 Toten in Brüssel, man dürfe dem Terror nicht mehr „wehrlos“ zuschauen, denn Terroristen würden bereits in städtischen Kindergärten herangezüchtet werden: „Mittlerweile muss die Diskussion erlaubt sein, ob nicht der Islam als solcher in Europa verboten werden sollte.“ FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte prompt, jetzt „endlich die Grenzen zu schließen“ und „Islamisten-Nester auszuräuchern“.
Bereits kurz nach den Anschlägen spekulierten Medien über eine mögliche Racheaktion für die Verhaftung des mutmaßlichen Drahtziehers der Anschläge von Paris im November, Salah Abdeslam. Wer auch immer für die Schreckenstat verantwortlich sein mag: Die Medien und Politiker_innen werden sie einmal mehr – nach Paris und Köln – als Rechtfertigung für mehr Rassismus, Islamfeindlichkeit und Militärinterventionen missbrauchen. „Europa befindet sich im Krieg“, erklärte der französische Premierminister Manuel Valls und verlangte im selben Atemzug von Muslim_innen (einmal mehr) den Beweis, dass der Islam „mit der Demokratie vereinbar“ sei.
Kriege und Rassismus verantwortlich für Terror
Die Regierenden heuchelten in Brüssel in einer Schweigeminute Anteilnahme mit den Opfern. Aber es waren ihre Kriege, die dem „Islamischen Staat“ und anderen Gruppen erst den Boden bereitetet haben. Dieselben westlichen Eliten unterstützen den gewissenlosen Diktator Ägyptens al-Sisi und das Regime in Saudi Arabien, eben weil sie die Konterrevolution während des arabischen Frühlings angeführt haben – womit sie den Aufstieg von IS erst angespornt haben. Auf die Unterdrückung der Hoffnung setzte sich die Strategie der Verzweiflung durch.
Es ist unbestreitbar, dass mehr Repression und Rassismus zu mehr Attacken führen. Nach den Anschlägen von Paris im November erklärte die französische Regierung den Ausnahmezustand, der bis heute in Kraft ist. Präsident François Hollande hatte Proteste, darunter die Demonstration gegen den Weltklimagipfel in Paris, verboten und verschärfte Grenzkontrollen eingeführt. In den ersten 12 Tagen nach den Terrorattacken terrorisierte die Polizei die muslimische Bevölkerung mit über 1.600 Razzien vor allem in den ärmeren Vorstädten von Paris und stellte fast 300 Menschen unter Hausarrest. Zur selben Zeit verhängte die belgische Regierung den Ausnahmezustand in Brüssel.
Außerdem muss Terrorismus in Westeuropa auch in Relation zu den Opfern von Terror in den Kriegsschauplätzen des Westens gesehen werden – was die jüngste Abscheulichkeit in Brüssel keineswegs rechtfertigen soll. In den letzten vierzehn Jahren kamen in Westeuropa laut der Global Terrorism Database 420 Menschen bei Terrorattacken ums Leben, gegenüber 42.759 Terroropfern im Irak, gefolgt von Afghanistan und Pakistan. Von insgesamt 135.391 bei Anschlägen getöteten Menschen starben 0,3 Prozent in Europa. Es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet in Ländern, die vom westlichen Imperialismus verwüstet wurden, die meisten Opfer zu beklagen gibt.
Rassismus bekämpfen
Europa hat ein gewaltiges Problem mit rechtsextremen Parteien und Rassismus gegen Muslim_innen und Flüchtlingen. In Deutschland hat sich 2015 die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsheime durch den Aufstieg von Pegida und der Alternative für Deutschland (AfD) verfünffacht. Der jüngst veröffentlichte ZARA-Antirassismus-Report 2015 berichtet einen deutlichen Anstieg rassistischer Vorfälle in Österreich.
Die antirassistische Bewegung hat bisher dafür gesorgt, dass Pegida in Österreich eine Fußnote der Geschichte blieb und der jüngste FPÖ-Aufmarsch gegen eine Asylunterkunft in Liesing in einem Debakel endete. Über 16.000 Menschen demonstrierten am internationalen Aktionstag #M19 für offene Grenzen.
Weder die Bomben in Syrien, noch die Hetze gegen Muslim_innen oder die schäbige Behandlung von Flüchtlingen haben die Attacken in Brüssel verhindert. Alle, die in den letzten Tagen, Wochen und Monaten in Solidarität mit Flüchtlingen auf der Straße waren, werden nicht zulassen, dass die schrecklichen Attentate von Brüssel für die widerliche Hetze gegen Muslim_innen und weitere Rechtfertigung kriegerischer Interventionen verwendet werden.