Das Scheitern des Reformismus führte in die griechische Tragödie
Das Abkommen mit Griechenland wird weitgehend als Putsch betrachtet – und auf eine gewisse Weise ist es das auch. Europas Machthaber haben grausame finanzielle und politische Erpressungsmethoden angewandt, um die Abstimmung gegen das Austeritätsprogramm zu kippen.
Aber Premierminister Alexis Tsipras von der radikal linken Partei Syriza wurde keine Waffe an den Kopf gehalten, als er dem jüngsten Austeritäts-Deal zustimmte. Er hat die Geier um einen Kompromiss gebeten. Als sie ablehnten, hatte er keinen Plan B und musste aufgeben.
Debatte
Wenn wir uns von diesem Schlag erholen wollen, müssen wir uns ehrlich ansehen, was passiert ist. Syriza galt als eine Partei, die anders wäre, als die typischen sozialdemokratischen Parteien. Stathis Kouvelakis, Mitglied im Zentralkomitee von Syriza, und Alex Callinicos (britische Socialist Workers Party) diskutierten darüber am Kongress „Marxism“ in London.
Stathis argumentierte, dass Syriza eine „antikapitalistische Partei“ sei: „Sie ist eine Partei, die den Sturz des Kapitalismus anstrebt und zum Sozialismus voranschreiten möchte“. Syrizas radikale Ziele und ihre Verwurzelung in sozialen Bewegungen unterscheide sie, meinte Stathis, von reformistischen Parteien, „die versuchen, die Lebensumstände der Arbeiterklasse im Rahmen des Kapitalismus zu verbessern.“
Interventionsfähige Organisation
Es stimmt, dass Syriza frischen Wind im Gegensatz zu den alten sozialdemokratischen Parteien brachte. Und Stathis ist Teil eines großen und offen linken Flügels innerhalb von Syriza. Der linke Flügel hat eine klare, ehrliche und dringende Kritik an der Strategie der Regierung geübt. Er hat zu einem Austritt aus der Europäischen Union (EU) aufgerufen, anstatt endlos Zugeständnisse zu machen. Allerdings erwiderte Alex: „Diese Form der Kritik bleibt wirkungslos, solange man nicht handelt.“
Bei der Abstimmung am vergangenen Freitag über das Austeritätsprogramm – schlimmer als jenes, das im Referendum gerade erst abgelehnt wurde – stimmten nur zwei Syriza-Abgeordnete im griechischen Parlament dagegen. Weitere acht enthielten sich, sieben blieben der Abstimmung fern und 15 lehnten den Deal ab, stimmten aber mit Ja, in der Hoffnung, die Regierung zu verteidigen. Mitglieder der „Linken Plattform“ waren auf beiden Seiten zu finden.
Alex argumentierte: „Es hätte eine gemeinsame Ablehnung des Abkommens geben sollen – und dann hätten die Abgeordneten raus auf die Straße gehen und zu massenhaftem Widerstand aufrufen sollen.“
Hoffnung von oben
Während des Aufstiegs von Syriza 2012 verurteilten manche den Versuch, andere linke Parteien aufzubauen. Sie erklärten, dass Sozialist_innen keinen Einfluss hätten, solange sie nicht beitreten. Aber die Trennlinie zwischen Syriza und Sozialdemokratie ist nicht so eindeutig. Das griechische Äquivalent zu Tony Blair wäre am ehesten ein Guerillakämpfer.
Die britische Labour-Party hatte bis 1994 formal den Sozialismus im Programm. Die deutsche SPD nannte sich „marxistisch“, als ihre Abgeordneten den Ersten Weltkrieg unterstützt haben. Alle Reformist_innen wollen den Staat benutzen, um Veränderungen zu erreichen. Allerdings hat der Staat sie immer mehr verändert, als sie umgekehrt den Staat.
Bewegung von unten
Revolutionäre Sozialist_innen setzen hingegen auf die Kämpfe der Arbeiter_innenklasse. Sie tun das nicht aus Dogmatismus. Es ist der einzige Weg zu gewinnen. Arbeiter_innen halten den Kapitalismus am Laufen. Ihre Aktionen kann das System zum Stillstand bringen.
„Wir sind sehr optimistisch, weil wir eine revolutionäre Organisation haben.“
Petros Constantinou ist führendes Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SEK) in Griechenland und ein Athener Stadtrat im antikapitalistischen Bündnis Antarsya. Er meinte: „Wir wollen nicht, dass die linke Regierung die Hände der europäischen Machthabern fällt. Wir haben Syriza gefeiert. Doch darin liegt nicht unsere Stärke. Wir haben die Menschen für den Kampf vorbereitet.“
Weg vorwärts
Die Krise Griechenlands hat Fragen aufgeworfen, die nur durch durch die unmittelbare Kontrolle der Werktätigen beantwortet werden können. Die Existenz einer Partei, die diese Werte vertritt, war wesentlich im Kampf gegen das erpresserische Referendum der Eliten. „Wir sind sehr optimistisch, dass wir zurückschlagen können“, sagte Petros. „Vor allem deswegen, weil wir eine revolutionäre Organisation haben.“
Viele, die zuerst gesagt haben, dass es außerhalb von Syriza keine Zukunft gibt, äußern sich jetzt so, als gäbe es überhaupt keine Zukunft. Die griechische Krise zeigt sehr anschaulich, dass selbst die besten Sozialist_innen in entscheidenden Momenten handlungsunfähig sind – wenn sie keine revolutionäre Partei aufbauen.