Das SPÖ-Ja zu CETA: Ein Schlag ins Gesicht der Basis
Bei CETA geht es um mehr als nur um ein Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. CETA wird einer ganzen Reihe von anderen Freihandelsabkommen den Weg frei räumen. Die Europäische Union (EU) verhandelt neben CETA und TTIP noch zwei weitere große Freihandelsabkommen: einmal TISA (EU und 22 weitere Staaten darunter Türkei, Mexiko, Australien) und FTA (zwischen der EU und Japan).
Es gibt zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Abkommen, doch Privatisierungen und Abbau von Arbeitsrechten ziehen sich durch alle Verträge. Am umstrittensten ist das Klagsrecht für Konzerne gegenüber Staaten, auch bekannt unter ISDS (Investor-Staat-Schiedsverfahren). Diese Investitionsschutzbestimmungen sind in CETA wie in TTIP enthalten. Es wirkt deshalb mehr als unsinnig, dass Bundeskanzler Kern seine Zustimmung zu CETA an die gleichzeitige Ablehnung von TTIP knüpft. „CETA ist die Hintertür zu TTIP“, wusste sogar Ex-Kanzler Werner Faymann im Mai 2016.
Geheimwaffe ISDS
In den Investitionsschutzbestimmungen ist festgelegt: Konzerne können Staaten vor nicht staatliche „Super-Gerichte“ zerren. Die Gerichte können Staaten zu Milliardenstrafen verdonnern, wenn sie zum Schluss kommen, dass diese für Gewinnverluste der Konzerne verantwortlich sind.
Der Witz daran ist, dass diese Gerichte nicht von unabhängigen Richtern geführt werden, sondern von Anwälten, die als Schiedsrichter auftreten. Laut OECD arbeiten 60% der Schiedsrichter als Anwälte für dieselben Unternehmen, über deren Klagen sie dann entscheiden dürfen. Damit ist jegliche Unabhängigkeit abgeschafft. Der bekannte US-Ökonom Dani Rodrik stellte passend fest: „Freihandel, Demokratie und Nationalstaat vertragen sich nicht.“
ISDS wird in Europa oft so dargestellt, als wäre das Schiedsgericht nur im Interesse US-amerikanischer Konzerne, die die „vorbildlichen europäischen Standards“ aushöhlen würden. Diese Darstellung ist grundverkehrt. Die EU will diese Klagemöglichkeiten unbedingt für ihre Konzerne erkämpfen.
Profite einklagbar
Im fertigverhandelten, aber noch nicht unterzeichneten, Freihandelsabkommen mit Singapur ist ISDS bereits enthalten. Die europäischen Konzerne sind besonders eifrige Kläger. Eine Gruppe aus Gewerkschaften und NGOs dokumentierten weltweit 568 Fälle in denen Investoren Staaten vor internationale Schiedsgerichte zerrten. 299 Klagen, also mehr als die Hälfte, stammen von EU-Firmen, gerade einmal 127 (22 Prozent) von US-Firmen (Stand 2014). Es ist eine Illusion zu glauben, man könnte die EU-Politik dazu bringen, diese Abkommen abzulehnen.
Kanadische CETA-Kritiker_innen haben die berechtigte Sorge, dass mit CETA die verhältnismäßig strengen Finanzmarktregelungen Kanadas außer Kraft gesetzt werden. In Europa gibt es die berechtigte Sorge, dass Arbeitsrechte beschnitten werden. CETA ist ein Angriff sowohl auf die europäische als auch auf die kanadische Arbeiter_innenklasse. Wieso stimmt die SPÖ dem zu?
Antidemokratisches Vorbild
Ende September organisierte Kanzler Kern noch eine Mitgliederbefragung. 14.000 (7,5% aller SPÖ-Mitglieder) nahmen teil, 88% von ihnen stimmten gegen das Abkommen. Laut SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler war die Beteiligung relativ hoch, an ähnlichen Umfragen beteiligten sich sonst nur 3 bis 5%. Kanzler Kern kommentierte: „Wir werden uns natürlich an die Ergebnisse dieser Befragung gebunden fühlen“.
Kern verspottet mit seinem Ja zu CETA jede innerparteiliche Demokratie. Der österreichische Gewerkschaftschef Erich Foglar verkündete direkt nach der Zustimmung Kerns, die Gewerkschaft halte CETA für „nicht zustimmungsreif“. Der Protest der Gewerkschaften ist wichtig, sonst kann sich die FPÖ wieder als alleinige Anti-Eliten-Partei präsentieren. Kern macht es ihnen leicht genug.
Einen Fortschritt gegen CETA gibt es aber auch: Im wallonischen Regionalparlament Belgiens wurde es mit gigantischer Mehrheit abgelehnt. CETA kann deshalb noch mehrfach verhindert werden. Nach den Regierungen müssen auch alle nationalen Parlamente CETA ratifizieren. Der Widerstand, ohne falsche Hoffnungen in die SPÖ-Führung, muss weitergehen.