Die Identitäre Bewegung: Norbert Hofers Sturmtruppen
Tumultartige Szenen. Rechtsradikale rufen Buh, Transparente werden entrollt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache störte 1988 die Premiere von Thomas Bernhards „Heldenplatz“ im Wiener Burgtheater. Damals trieb er sich in der gewaltbereiten Neonazi-Szene herum, besuchte mindestens eine Wehrsportübung mit Gottfried Küssel, dessen Programm der Wiederaufbau der NSDAP war.
28 Jahre später stürmt wieder eine Truppe von Neonazis eine Theateraufführung – Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ im Audimax der Universität Wien. Dieses Mal sind es die „Identitären“, eine Gruppierung gewaltbereiter Neonazis, die zuletzt in Graz einen brutalen Überfall auf Antifaschist_innen verübt hatten. Bewaffnet waren sie dabei mit Teleskopschlagstock, Quarzhandschuhen und Boxer-Mundschutz. Einer der Angreifer, Phillip H., dirigierte auch die Attacke im Audimax per Megafon.
Elitäre Schlägerbande
Die Identitären kommen im Unterschied zu den „Glatzennazis“ meist aus Akademikerfamilien. Viele von ihnen sind Mitglieder der obskuren „schlagenden Verbindungen“. Ihr Obmann Alexander Markovics stammt aus der Burschenschaft „Olympia“. Sie halten sich für die „nationale Elite“ des Landes und maßen sich als solche an, politische Gegner zu überfallen und zusammenzuschlagen.
Sogar der Verfassungsschutz musste zugeben, dass sich „in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen“. Der verharmlosende Umgang der Medien mit den Identitären musste ihnen Selbstvertrauen gegeben haben. So bekam Markovics im ORF-Bürgerforum eine Bühne für widerliche rassistische Parolen – der ORF verteidigte die offizielle Einladung im Nachhinein sogar.
FPÖ und Identitäre: Gegenseitige Unterstützung
„In fast allen Bundesländern gibt es mittlerweile FPÖ-Funktionäre und Mandatare, die ganz offen zu den Identitären stehen“, warnte der grüne Abgeordnete Karl Öllinger. Von Strache persönlich gibt es Fotos, die ihn bei Speis und Trank mit Identitären zeigen. Deren Sprecher Patrick Lenart verteidigte den stramm deutschnationalen Präsidentschaftskandidaten der FPÖ, Norbert Hofer jüngst auf Facebook.
Und umgekehrt, nachdem die Identitären einen Anschlag auf die grüne Parteizentrale durchgeführt hatten, wurden sie vom Grazer FPÖ-Chef (auch ein Burschenschafter) Mario Eustacchio in Schutz genommen: „Bei den Identitären mitzutun steht nicht in Widerspruch zu unserem Parteistatut.“ Der FPÖ-Klubobmann im Wiener Neustädter Stadtsenat, Michael Schnedlitz, begrüßte erst im Februar die Identitären auf einer FPÖ-Kundgebung herzlich.
Norbert Hofer distanzierte sich nach der Attacke im Audimax formal von den Identitären – und doch weiß jeder Rechtsextreme, wie das gemeint ist. Identitären-Chef Martin Sellner twitterte, er finde es Okay, dass „Hofer nicht mit uns sympathisiert. Das ist auch nicht Aufgabe des kommenden Präsidenten.“
Antifaschisten auf Straße stärker
Die Aktionen der Identitären erinnern an den nationalsozialistischen Terror auf den Straßen und in den Universitäten. Aber anders als in den 1920er- und 1930er-Jahren ist die Zeit noch nicht reif für eine faschistische Straßenbewegung. Auf der Facebook-Seite der Identitären beklagen sich bereits FPÖ-Anhänger: „Und war das jetzt so knapp vor der Wahl notwendig?“
Der Angriff ging völlig nach hinten los. Augenzeugen berichteten, dass die Zuschauer_innen nicht eingeschüchtert aus dem Audimax gingen, sondern ganz im Gegenteil erhobenen Hauptes. Studentin Rosa erzählte: „Die Leute haben gesagt: Jetzt müssen wir erst recht auf die Straße gehen.“ Bürgermeister Michael Häupl und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou luden die „Die Schutzbefohlenen“ zu einer weiteren Vorstellung in das Rathaus ein.
Am Montag, 18. April organisiert die Plattform für eine menschliche Asylpolitik und die Offensive gegen Rechts einen Protest gegen einen weiteren rassistischen FPÖ-Aufmarsch der FPÖ in Floridsdorf. Treffpunkt ist um 17:30 bei der U6-Station Floridsdorf