Die Regierung lügt uns was vor
Österreich inszeniert sich gerne als Klima-Musterland. Der Realität entspricht das nicht im Geringsten. Emissionen sind auf demselben Level, wie in den 1990er Jahren, während sie sich im EU-Schnitt um ein Viertel reduzierten. Auch die Ergebnisse des Climate Change Performance Index (CCPI) sprechen Bände. Dieser wird jährlich von der Umweltschutzorganisation Germanwatch herausgegeben und beobachtet die Klimaschutzleistungen der 57 größten Treibhausgasemittenten. Österreich schneidet mit 52 von 100 Punkten miserabel ab und ist damit gleichauf mit China. Um die erforderlichen Netto-Null-Emissionen für das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, müsste Österreich bis 2040 seine Emissionen um 90 – 95 Prozent verringern. Diese alarmierenden Zahlen sind das Ergebnis einer jahrelangen Scheinklimapolitik, die ineffiziente Maßnahmen als Erfolge verkauft, die wissenschaftliche Forschungslage konsequent ignoriert und die Verantwortung auf Konsument_innen abschiebt. Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der BOKU bringt es in einem Interview mit der Wiener Zeitung auf den Punkt. „Am wichtigsten wäre, dass die Politik aufhört, Märchen zu erzählen. Zum Beispiel, dass Österreich mit der derzeitigen Politik bis 2040 klimaneutral sein kann oder dass bis 2030 der gesamte Strom aus erneuerbaren Quellen stammen wird. Beim derzeitigen Reform-Tempo ist beides mit Sicherheit unmöglich und das sollte auch offen gesagt werden.“
Vieles ist Greenwashing
Tatsächlich muss die Regierung allerlei Tricks anwenden, um diese klimaschädliche Politik als grün und fortschrittlich verkaufen zu können. So wurden die Ziele des Pariser Klimaabkommens 2012 nur mit dem Kauf vom Emissionszertifikaten erreicht. Studien aus dem Umweltministerium werden zwar massenhaft in Auftrag gegeben, aber zu großen Teilen nicht veröffentlicht und Vorzeigeprojekte, wie eine symbolische CO2-Bepreisung, sollten der Öffentlichkeit weißmachen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenngleich sie wenig effizient sind. Echte Regulierungen bleiben hingegen aus. Seit über 600 Tagen ist in Österreich kein gültiges Klimaschutzgesetz in Kraft. Dieses setzt Vorgaben für Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft und Industrie – gerade der Verkehrssektor ist in Österreich Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen: 30 Prozent, also nahezu ein Drittel, ist diesem Sektor zuzuschreiben.
Mit Tipps aus dem Nähkästchen wie „Deckel drauf beim Kochen“ oder „Heizung um 2 Grad runterdrehen“, schiebt sie die Verantwortung für Umweltschutz trotz Gaskrise lieber auf Konsument_innen ab.
Grünen machen Geldhahn auf?
Gelobt werden die Grünen in der Regierung insbesondere dafür, dass sie Geld für den Klimaschutz locker machen. Jeweils 1 Milliarde Euro sollten in den nächsten zwei Jahren in den Ausbau erneuerbarer Energien, thermische Sanierungen, Steuersenkungen für Reparaturen und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs fließen. Die Klimamilliarde ist ein wichtiger Schritt und in erster Linie die Errungenschaft einer starken Straßenkampagne und dem damit zusammenhängenden Volksbegehren. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, sind damit gesetzte Maßnahmen jedoch bei weitem nicht ausreichend. Jede kapitalistische Wirtschaft hat jahrzehnte- bis jahrhundertelang Treibhausgase produziert und muss den Ausstieg deshalb schneller vorantreiben als Entwicklungs- und Schwellenländer. Für Österreich bedeutet das: Runter vom Gas. Angesichts des Ukraine-Russland-Konflikts wurde uns von der Politik versprochen, dass der Anspruch sich von russischem Gas zu emanzipieren, den Umstieg auf Erneuerbare rasant vorantreiben würde. Das Gegenteil ist passiert. Österreich hat zwischen Februar und April seine Abhängigkeit von (russischem) Gas von 80% auf 87% erhöht. Aktuellere Daten sind nicht publik.
Steuergeschenke für Klimazerstörer
Die Klimamilliarde relativiert sich dramatisch, wenn man sich ansieht, wie viel Geld jedes Jahr in klimaschädliche Sektoren fließt. Eine aktuelle WIFO Studie zeigen ein Volumen von etwa 5,3 Milliarden Euro, dass sich unter anderem zusammensetzt aus: steuerlichen Begünstigungen für Heizöl und Diesel, der Mineralölsteuerbefreiung in der Luftfahrt, sowie dem so genannten Herstellerprivileg – eine Steuerbefreiung von fossilen Energieträgern (Erdöl und Kohle), die Unternehmen zur Erzeugung von Energie für Endverbraucher benötigen. Dies ist jedoch nur eine Mindestschätzung, vielerorts fehlen Daten, der tatsächliche Betrag dürfte um einiges höher sein, insbesondere die Förderungen der einzelnen Bundesländer ließen sich nicht eruieren.
Sie verdienen – wir zahlen
Dieser heuchlerische Ansatz, klimafeindlichen Konzernen mit der einen Hand Geld in den Rachen zu schieben und mit der anderen Hand die Konsumenten zu rügen, zeigt sich auch in der aktuellen Energiekrise. Die von der türkis-grünen Regierung vorgesehene Energielenkungsverordnung, sollte Großverbrauchern aus Industrie und Energieversorgung, die derzeit Übergewinne in Millionenhöhe verzeichnen, den Umstieg auf Kohle und Ölbefeuerung finanzieren. „Unverantwortlich“ nennt Umweltministerin Gewessler die Weigerung der Opposition, diese unsoziale und klimaschädliche Politik mitzutragen. Mit Tipps aus dem Nähkästchen wie „Deckel drauf beim Kochen“ oder „Heizung um 2 Grad runterdrehen“, schiebt sie die Verantwortung für Umweltschutz trotz Gaskrise auf Konsument_innen ab. Der Koalitionspartner steht dieser Dreistigkeit um nichts nach, um das Klima zu schonen, rät ÖVP Landeshauptfrau Mikl Leitner, solle man überlegen, „nicht zehn Ballkleider zu haben, sondern nur drei.“
Raus auf die Straße
In exemplarischen Studien, in denen die Klimaschutzgesetze aus vier verschiedenen Ländern analysiert wurden, kamen Reinhard Steurer und Sarah Nash zu dem Ergebnis, dass es egal ist, welche Partei in der Regierung sitzt: Ohne öffentlichen Druck haben linke Regierungen keine besseren Klimaschutzgesetze verabschiedet als rechte. Ausschlaggebend sei allein der „Grad der Politisierung“, also die Stärke der Klimabewegung. Wollen wir also den politischen Schein-Klimaschutz, der auf unsere Kosten enorme Krisen produziert, beenden, dürfen wir nicht auf grüne Parteien hoffen, sondern müssen selbst aktiv werden.
Wir lassen uns nicht verarschen: Raus auf die Straße zum globalen Klimastreik am 23. September!