Dritte Piste: Wir müssen das Skandal-Urteil politisch anfechten

Ende Juni hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sich für die dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat stark gemacht. Er hat eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) zurück gesetzt, das einen Baustopp verhängt und die Regierung zum Klimaschutz verpflichtet hatte. Die Entscheidung des VfGH einfach hinzunehmen, wäre ein schwerer Fehler.
14. August 2017 |

Das Urteil des VfGH (Verfassungsgerichtshof) ist hochpolitisch und folgt dem gewaltigen Druck seitens des Flughafens und der Politik. Nachdem das BVwG (Bundesverwaltungsgericht) den Baustopp für die dritte Piste verhängt hatte, wurde den Richtern die Staatsanwaltschaft mit Verdacht auf Amtsmissbrauch auf den Hals gehetzt. Der Flughafen startete eine sündteure Werbekampagne für die dritte Piste. Die Regierung ist sogar bereit, die Verfassung zu ändern, um das klimaschädlichste Bauprojekt Österreichs mit allen Mitteln durchzuboxen.

Kräfte sichtbar machen

Der Staat und seine Institutionen sind nicht neutral. Sie schützen die herrschenden Macht- und Eigentumsverhältnisse. Doch selbst wer dem nicht zustimmen mag, muss anerkennen, dass alle Fortschritte im Klimaschutz durch Bewegungen von unten erkämpft wurden. Die richtungsweisende Entscheidung des BVwG folgte auf massiven politischen Druck aus der Bevölkerung. Das Paris-Abkommen ist nicht zustande gekommen, weil die Mächtigen plötzlich ein Interesse an der Rettung des Planeten entwickelt hatten, es wurde ihnen durch jahrelange Kämpfe der Klimabewegung abgerungen.

Der Plan der Regierung, noch klammheimlich vor den Neuwahlen die Verfassung zu ändern und „Wirtschaftswachstum“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ als Staatsziel zu verankern, ist gescheitert, weil wir offensiv waren. Ein breites Bündnis hatte zum Protest vor dem Parlament aufgerufen und Wissenschafter_innen und Jurist_innen hatten den Vorstoß heftig kritisiert.

Allein um dieses Kräfteverhältnis sichtbar zu machen, müssen wir das Urteil des VfGH anfechten. Die Justiz agiert im Widerspruch zur öffentlichen Meinung. Eine EU-Studie, die von Mai bis Juni 2015 durchgeführt wurde, zeigt das ganz klar: „In Österreich sind nahezu sieben von zehn Befragten (69%) der Meinung, dass der Klimawandel ein ‚sehr ernstes‘ Problem darstellt. … Fast ein Fünftel (19%) der Befragten sind der Meinung, dass Klimawandel das größte Problem ist, mit dem die Welt konfrontiert ist.“

Heuchelei

Mit seiner Entscheidung erklärte der VfGH internationale Klimaverträge, wie das Pariser Abkommen zur Reduktion von Treibhausemissionen und das Kyoto-Protokoll, für obsolet.

Das 2-Grad-Ziel einzuhalten, das beim Klimagipfel in Paris festgehalten wurde, würde nach Berechnungen des IPCC (Weltklimarat) bedeuten, dass wir in Österreich bei derzeitigem CO2-Ausstoß ab 2030 gänzlich auf fossile Brennstoffe verzichten müssten. Statt den Ausstieg aus Fossilen einzuleiten, tut die Regierung alles, um die dritte Piste durchzusetzen.

Genauso leer und heuchlerisch sind die Versprechen der G20, die beim Gipfel in Hamburg ihr Festhalten am Pariser Übereinkommen bekräftigt haben. Solche Abkommen werden die Klimakatastrophe nicht stoppen und schon gar nicht dürfen sie ein Grund sein, nicht mehr gegen das System zu rebellieren.

Mit dem System brechen

Das Verhalten von Kanzler Kern und Co. ist nicht in Ignoranz begründet. Die Fakten zum Klimawandel werden der Politik seit Jahrzehnten vorgelegt, sie kennen die Notwendigkeit zu handeln. Sie tun es nicht, weil im Kapitalismus immer Profite über Mensch und Umwelt stehen.

Unsere Reaktion auf das hochpolitische Skandal-Urteil des VfGH muss daher ebenfalls politisch sein und das System als Ganzes angreifen.

Wie können wir den Planeten retten und die Klima-Katastrophe verhindern?

Wie können wir den Planeten retten und die Klima-Katastrophe verhindern?

Es reicht nicht, die Verantwortung an die Legislative abzugeben und zu hoffen, dass diese in Zukunft eine bessere Rechtsgrundlage schaffen wird. Der Kampf um Reformen wie der Baustopp der dritten Flugpiste ist ein wichtiger Schritt im Aufbau einer globalen Klimabewegung, die den Motor von Kapitalismus brechen und Klimawandel bekämpfen kann.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.