Echte Opposition ist antirassistisch
Irgendwo steht im „Kleinen Einmaleins der Parteipolitik“ sicherlich, dass Parteien in der Oppositionsrolle gut Wähler_innen sammeln können, wenn die Regierungspolitik sich gegen die Interessen der Masse der Bevölkerung wendet. Aber die Dinge scheinen doch komplizierter zu sein, es geht wohl auch darum, ob die Oppositionspartei adäquat reagiert, laut genug, vehement genug und ob man die Stimmung der Mitstreiter_innen auch einkalkuliert.
Adäquat heißt in diesem Zusammenhang, dass man auch den Rassismus konfrontiert, der immerhin einen Grundpfeiler der Regierungspolitik darstellt. Jede Kürzung und jede Sozialabbaumaßnahme wird von rassistischen Vorstößen begleitet. Die Regierungspolitik auf die antisozialen Maßnahmen zu reduzieren, und vor den anderen rechten Angriffen die Augen zu verschließen, das muss schiefgehen.
Basis bald desillusioniert
Wer auf der großen Demonstration gegen den 12-Stunden-Tag dabei war, kann bezeugen, dass die Gewerkschaftsbasis sehr zornig über das Paket an sozialen Kürzungen ist, und sehr empört darüber, wie die Vorstellungen der FPÖ in der Fremden- und Asylpolitik durchgesetzt werden.
Kein Zweifel: die Gewerkschaftsbasis würde einem Kampfaufruf der Gewerkschaftsführung ziemlich geschlossen folgen. Wenn nicht gekämpft wird, dann weil die Führung nicht dazu aufruft, und es ist die SPÖ, der zu Recht großer Einfluss auf die Gewerkschaftsführung nachgesagt wird.
Das Ausbleiben gewerkschaftlicher Kämpfe fällt auf die SPÖ zurück. Wenn man heute über die Einführung des 12-Stunden-Tags von Arbeiter_innen hört: „Die tun ja nix!“, dann sind beide – ÖGB und SPÖ – gemeint. Auch wenn sie wirklich getrennte Arbeitsgebiete haben, für den ausbleibenden Widerstand werden sie als Duo verantwortlich gemacht.
Gewollter Rechtsruck
Nur, die Regierung begeht viel mehr Verbrechen als bloßen Sozialabbau. Schwarz-Blau ist keine Regierung von Technokraten, die nur die Profite ihrer Klientel und Wirtschaftsdaten im Sinn hat. Schwarz-Blau ist eine sehr politische Regierung und ihr Angriff gilt nicht nur der klassischen Basis der SPÖ, sondern sie greift die gesamte Linke an, um das Land umzugestalten.
ÖVP und FPÖ werden das Land so weit nach rechts treiben, wie es die Linke zulässt. Alles, was uns Linken und fortschrittlichen Menschen lieb ist, steht auf der Abschussliste. Das beginnt bei den Menschenrechten und geht über Frauenpolitik, Umweltschutz, Schulpolitik bis zu Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Was sie vorhaben, ist eigentlich leicht zu durchschauen: Schockiere deine Gegner mit deiner Grausamkeit und führe ihnen ihre Ohnmacht vor. Die Deportation von um Asyl ansuchenden Lehrlingen ist ein typisches Beispiel für diese Taktik. Alle, die sich für solche Flüchtlinge einsetzen, fühlen und befinden sich dermaßen im Recht, dass sie völlig schockiert darüber zurückbleiben, dass sie solch himmelschreiendes Unrecht nicht verhindern können.
Übrig bleibt auf unserer Seite ein Gefühl der Niederlage und auf der Gegenseite, bei den Rassisten, entsteht ein immer stärkeres Triumphgefühl, die Gewissheit, im Vormarsch zu sein, eine Stimmung, in der Gewalt gegen Linke und gegen Schwächere entsteht.
Opposition nur auf Straße
Es ist das Verdienst „der Straße“, bzw. der außerparlamentarischen Opposition, dass die Stimmung in Österreich bei weitem nicht so miserabel ist, wie die Regierung das anstrebt. Seit dem Wahlkampf 2017 hat eine große Demonstration nach der anderen sich dem Rechtsruck entgegengestemmt.
Aber die SPÖ kann sich diese Proteste nicht zugute halten. Das konnte zu einem Teil die Wiener SPÖ unter Michael Häupl, weil sie sich für Solidarität stark gemacht hat, aber nicht die Bundespartei. Die Herausforderung für die SPÖ ist, die Regierung mit aggressiver Oppositionspolitik aus dem Takt zu bringen und in Kooperation mit den Gewerkschaften Rassismus und Sozialabbau gemeinsam und gleichzeitig zu konfrontieren.
Die Kunst für die außerparlamentarische Bewegung ist es, den Druck von unten aufrecht zu erhalten und zu steigern, und es nicht dem Zufall oder dem bescheidenen politischen Willen in der Sozialdemokratie zu überlassen, ob Widerstand stattfindet.