Israel ist ein rassistischer Terrorstaat
Die Proteste wurden als der große „Marsch der Rückkehr“ angekündigt. Als Initiator gilt Ahmad Abu Artema, der Monate zuvor einen Aufruf für friedliche Proteste über Facebook verbreitete. Ihm schlossen sich bald die prominentesten Intellektuellen, Akademiker_innen und Zivilgesellschaftsorganisationen an. Frauen nehmen heute eine führende Rolle in dieser Bewegung ein. Alle politischen Parteien mussten sich über ihre gravierenden Differenzen hinweg der Initiative anschließen – Hamas, Fatah, Islamischer Dschihad und linke Parteien.
Die Idee war, mittels friedlicher Proteste daran zu erinnern, dass die Flüchtlinge, die Gaza seit Jahrzehnten bevölkern, ihr Recht auf eine Rückkehr in ihre Heimat weiterhin einfordern. Friedlich sollten die Proteste sein, weil Israel bei gewaltsamen Konfrontationen immer der Stärkere sein wird. Israels Militär ist eines der mächtigsten der Welt. Der Beginn der Proteste fielen auf den „Tag des Bodens“: Am 30. März 1976 wurden sechs unbewaffnete Palästinenser von der israelischen Polizei ermordet, während sie gegen die Konfiszierung großer Flächen palästinensischen Bodens protestierten.
Gezielte Tötungen
Avigdor Liberman, der Verteidigungsminister und rechtsextreme Koalitionspartner von Benjamin Netanjahu, hat den Soldaten eine unmissverständliche Lizenz zum Töten gegeben. In israelischen Medien sorgen Videos für große Empörung, die zeigen, wie Soldaten Demonstrant_innen ins Visier nehmen, von denen keinerlei Bedrohung ausgeht und sie unter Jubelrufen weiterer Soldaten erschießen. Man sieht auch Jugendliche, die in den Rücken geschossen werden, während sie von der Grenze weg in Richtung ihrer Protestcamps laufen. Nach dem ersten Tag twitterte die Armee, dass jeder Schuss genau gezielt war und „wir wissen, wo jede Kugel gelandet ist!“ Sie löschte den Tweet, nachdem Videos von den gezielten Tötungen online gingen.
Ärzte und Erste Hilfe-Personal berichten vom Einsatz von Gummigeschossen und von explodierenden Geschossen, die klaffende Wunden verursachen. Vielen Verletzten mussten Gliedmaßen amputiert werden. Die Soldaten schießen nicht nur auf Demonstrierende, sondern auch auf medizinisches Personal und auf Presseleute. Am ersten Tag wurde ein Bauer, der auf seinem Feld gearbeitet hat, von einem Panzergeschoss getötet.
Gazas täglicher Horror
Es ist nicht neu, dass israelische Soldaten über die Grenze hinweg palästinensische Demonstranten erschießen. Alleine vergangenen Dezember, während der Proteste gegen Trumps Anerkennung von Jerusalem als israelische Hauptstadt, sind acht Menschen innerhalb von Gaza erschossen worden. Fünfzehn weitere wurden 2018 bis zum Beginn der aktuellen Proteste ermordet. Aber der 30. März war der opferreichste Tag seit dem Krieg gegen Gaza im Jahr 2014, bei dem 2.251 Menschen ums Leben kamen.
Gaza ist auf dem Landweg nur über Israel und Ägypten erreichbar und beide Länder halten seit zwölf Jahren eine Blockade aufrecht, die laut UN zu einer humanitären Krise geführt hat. Israel lässt nach Belieben manchmal nur die aller grundlegendsten Nahrungsmittel durch, blockiert oft den Transport von Medikamenten und notweniger Technologie. Die Strom- und Wasserversorgung fällt regelmäßig aus. Die Arbeitslosigkeit beträgt um die 50 Prozent und die über zwei Millionen Bewohner des „größten Freiluftgefängnisses der Welt“ (Erzbischof Desmond Tutu) sind am Rande des Erträglichen.
Widerstand seit 70 Jahren
Der Zweck dieser Grausamkeiten ist natürlich, den Widerstandsgeist der vertriebenen palästinensischen Bevölkerung zu brechen, denn sie sind das größte Hindernis für den israelischen Staat. Die internationale Staatengemeinschaft hat schon längst aufgehört, von Israel die Einhaltung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen zu fordern, wonach es nicht erlaubt ist, auf besetztem Gebiet die Bevölkerung zu vertreiben und Siedlungen zu errichten.
Das Recht auf die Rückkehr der hunderttausenden vertriebenen Palästinenser_innen ist in der UNO formell gültiges, aber totes Recht. Es gibt keine Sanktionen gegen Israel und nicht einmal Verurteilungen des aktuellen Massakers an den Grenzen in Gaza. Dessen sind sich die Flüchtlinge voll bewusst und wählten deshalb auch diese Protestform, den großen Marsch der Rückkehr.