Klimawandel: Meeresspiegel könnte schneller steigen als erwartet
Die Auswirkungen des Klimawandels kommen rascher und härter auf uns zu als bisher angenommen. Hansen und seine Kolleg_innen vermuten, dass die Gletscher in Grönland und der Antarktis zehnmal schneller schmelzen als in vorherigen Untersuchungen geschätzt wurde.
Grundlage für diese Annahme sind Paläoklimadaten, Computermodelle und Messungen aktueller Meeresspiegelschwankungen. Die Ergebnisse sind so gewaltig, weil sogenannte „Rückkopplungen“ einbezogen werden. Damit sind Prozessen gemeint, die durch den bereits erfolgten Temperaturanstieg aufgrund des Klimawandels in Gang gesetzt wurden und die zusätzlich die Situation beschleunigen und verschärfen.
Millionenstädte in Gefahr
Das Abschmelzen der Gletscher beschleunigt sich beispielsweise dadurch, dass salzarmes, leichteres Schmelzwasser der Gletscher zum Absinken des salzreicheren, schwereren und wärmeren Ozeanwassers führt, das somit umso mehr unter die Gletscher strömt, diese wärmt und das Schmelzen beschleunigt. Ebenfalls in Betracht gezogen wird der generelle Temperaturanstieg der Ozeane, der sich zusätzlich negativ auf die Gletscher auswirkt.
Wann welcher Meeresspiegel erreicht wird, lässt sich nicht auf das Jahr genau bestimmen, allerdings zeigen die Untersuchungen, dass der Anstieg wesentlich rascher stattfinden wird, als bisher diskutiert wurde. Küstengebiete mit ihren zahlreichen Millionenstädten bleiben nur noch einige Jahrzehnte erhalten, wenn nicht dringend etwas getan wird.
Zeit drängt
Daher entschied sich das Forscher_innenteam zu einer unkonventionellen Publikationsmethode: der Artikel wurde in einem kostenfreien Open-Access-Journal veröffentlicht, um das monatelange Prozedere üblicher Publikationen zu vermeiden. James Hansen erklärte, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen unbedingt vor dem Klimagipfel in Paris im Dezember dieses Jahres veröffentlicht werden mussten (siehe auch Artikel unten). Andere Wissenschafter_innen begrüßten diesen Schritt.
James Hansen und seine Kolleg_innen weisen in ihrem Artikel auf die enormen sozialen und wirtschaftlichen Folgen des durch Treibhausgase verursachten Meeresspiegelanstiegs hin. Doch in den letzten Jahren konnten wissenschaftliche Fakten die Regierungen nicht zum Handeln bewegen, zu dominierend waren wirtschaftliche Interessen. Währenddessen rennt uns die Zeit davon.
Profitstreben
Seit einigen Jahren sind sogenannte „Tipping Points“ (Umkipp-Punkt) der Grund, warum Wissenschafter_innen die Politik zur Einführung der Zwei-Grad-Grenze drängen – Tipping Points wie das Ausgasen von Methanhydraten („brennbares Eis“) durch das Aufheizen der Ozeane, welche die globale Erwärmung unwiderruflich beschleunigen und unvorhersehbare Folgen mit sich bringen würden.
Um allerdings diese Zwei-Grad-Grenze einzuhalten, hätte der CO2-Ausstoß bereits die letzten Jahre massiv reduziert werden müssen, stattdessen steigt er immer rasanter an. Trotz solcher dramatischen Argumente von Seiten James Hansens und seiner Kolleg_innen ist das Einlenken der Politik fraglich. James Hansen selbst meinte, dass eine soziale Revolution der effektivste Weg sei den Klimawandel zu stoppen.
Ob sich die Überflutung der Küstengebiete und der zahlreichen Millionenstädte noch verhindern lässt oder ob uns der Kapitalismus dieses traurige Andenken hinterlässt, lässt sich schwer sagen. Es wird immer notwendiger das Zepter den profitorientierten Staaten und Konzernen aus der Hand zu reißen.