Nach Maurer-Urteil: Riesige Solidarität gegen Sexismus

Sigrid Maurer hat sich gegen eine grauslich sexistisch Beschimpfung gewehrt und ist dafür auch noch verurteilt worden. „Hallo, Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbeigegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen. […] Dein fetter Arsch turnt mich ab aber da Du prominent bist, ficke ich dich gerne in deinen fetten Arsch, damit dir einer abgeht du kleine dreckige Bitch.“ Der mut-maßliche Verfasser ist es aber, der geklagt hat und der vom Gericht Recht bekommen hat. Es sei nämlich nicht zweifelsfrei nachweisbar, dass er selbst an seinem – mit Passwort gesicherten – Computer den Text verfasst hat. Was für eine Sauerei!
20. November 2018 |

Die ehemalige Grünen-Abgeordnete Sigi ­Maurer wurde nach eigener Aussage auf ihrem Weg zur Arbeit vom Besitzer eines Bierlokals und dessen Freunden vor seinem Shop „deppert angequatscht“. Später am gleichen Tag wurden vom Facebook-Konto des Geschäfts die zwei sexistischen, beleidigenden und extrem obszönen Nachrichten an Maurer versendet. Nach dem Erhalt der Nachrichten hatte Maurer diese via Facebook und Twitter öffentlich gemacht, ebenso den Account (mit Klarnamen) des Senders. Der Besitzer klagte daraufhin wegen übler Nachrede und Kreditschädigung.

Laut dem zuständigen Richter Stefan Apostol kann nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass die Nachrichten tatsächlich vom Lokalbesitzer verfasst und versendet worden sind, weshalb der Tatbestand der üblen Nachrede greift. Die Klage gegen Maurer auf Kreditschädigung wurde hingegen abgewiesen.

Solidarität

Auch, wenn Maurer jetzt einen teuren und aufwändigen Rechtsstreit vor sich hat, sie hatte recht: eine derartig menschenverachtende Obszönität erfordert eine Reaktion.

Glücklicherweise gab es eine breite Welle der Solidarität mit Maurer. Innerhalb von zwei Tagen wurde durch eine Kampagne von Maurer und Zara (Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) 100.000 Euro per Crowdfunding gesammelt, um Sexismus und Hass im Netz juristisch bekämpfen zu können. Eine zweite Sammelaktion wurde schon gestartet.

Darüber hinaus erzeugte die Debatte negative Aufmerksamkeit für den Geschäftsmann: Sein Craftbeer-Geschäft wird bei Google mittlerweile durchschnittlich sehr schlecht bewertet (1,7 von 5 Sternen). Richter Apostol äußerte, er sei überzeugt, der Kläger habe gelogen, als er bestritt, die Nachricht geschrieben und versendet zu haben. Dementsprechend wurden die Gerichtsprotokolle zur weiteren Überprüfung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Wieso werden solche Nachrichten in Österreich juristisch nicht als sexuelle Belästigung gewertet? Eine Regelung, die nicht mehr zeitgemäß ist, spielt sich doch ein erheblicher Teil der Kommunikation heute online ab. Laut einer Studie ist jede dritte Frau im letzten Jahr von Beleidigungen oder anzüglichen Nachrichten im Internet betroffen gewesen. Der Fall Maurer könnte der längst überfällige Stein des Anstoßes sein, dieses gesellschaftliche Problem konstruktiv anzugehen.