Schwarz-blauer EU-Ratsvorsitz: Es droht historischer Rückschlag für Menschenrechte

Am 1. Juli 2018 übernimmt Österreich den EU-Ratsvorsitz. Die Devise für die kommenden sechs Monate ist klar: Die komplette Abschottung der „Festung Europa“. Tausende Tote sind in diesen Plan einkalkuliert. Rassisten in ganz Europa fühlen sich durch den schwarz-blauen EU-Ratsvorsitz gestärkt.
21. Mai 2018 |

Seit der Schließung der Balkanroute im März 2016 führt Österreich die europäische Anti-Flüchtlingspolitik an. Jetzt übernimmt Österreich den EU- Ratsvorsitz. Im EU-Rat sind alle Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertreten. Mit dem Vorsitz gehen zwar primär bürokratische Pflichten einher, doch in Zukunft kann die schwarz-blaue Regierung auch die Tagesordnung der Sitzungen des EU-Rats festlegen.

Neben der Erstellung der Tagesordnung ist Österreich auch für die Verhandlungsführung zwischen EU-Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission zuständig. Bundeskanzler Kurz kündigte gegenüber der Kronen Zeitung an, welche Themen im Mittelpunkt stehen werden. Das bescheuerte Motto des österreichischen Vorsitzes lautet: „Ein Europa, das schützt“. Für Kurz bedeutet das „den Fokus auf den Außengrenzschutz zu legen. Wenn es uns gelingt, die illegale Migration zu stoppen, wird das für mehr Sicherheit in der EU sorgen“. Innenminister Kickl will das Asylrecht überhaupt abschaffen, indem er fordert, dass Asylanträge nur mehr außerhalb Europas gestellt werden können.

KZs an Außengrenze

Das zentrale Projekt der Anti-Flüchtlingspolitik ist die Errichtung von „Konzentrationslagern“ an der europäischen Außengrenze. Das Vorbild für diese Politik ist Australien, dort werden Flüchtlinge vor der Ankunft auf dem Festland in Lagern auf Inseln interniert. Die Lebensbedingungen in den Lagern sind unmenschlich, auf der Insel Manus sind mehr als 1.000 Flüchtlinge auf engsten Raum zusammengepfercht, regelmäßig kommt es zu Vergewaltigungen und Morden.

Im Juli 2017 bezahlte die EU 50 Millionen Euro für die Flüchtlingsabwehr an Libyen. Unter anderem wurden mit diesen Geldern in Libyen Lager errichtet, in denen selbst nach den internen Berichten deutscher Diplomaten „KZ-ähnliche“ Zustände herrschen. Geleitet werden diese Lager von kriminellen Banden, welche mit dem Libyschen Staat und der EU – insbesondere mit Italien – kooperieren. Im Dezember 2017 wurde bekannt, dass Flüchtlinge aus diesen Lagern als Sklaven verkauft werden.

Währenddessen kündigte Kurz gegenüber der Krone an: „Was es dringend bräuchte, wäre der klare politische Wille, auch solche unangenehmen Entscheidungen zu treffen.“ Wenn es nach ihm und Kickl geht, sollen solche Lager bald entlang der gesamten europäischen Außengrenze errichtet werden.

Rechte in der Offensive

Der aus der konservativen griechischen Partei Nea Dimokratia stammende EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, ist das Gesicht der mörderischen Anti-Flüchtlingspolitik. Er entwarf den Plan, die Boote von Schleppern zu zerstören sowie Flüchtlingen Fingerabdrücke an den Außengrenzen abzunehmen, um sie besser deportieren zu können. Auch die Grenzschutzagentur Frontex baute er aus.

Am 17. Mai traf er sich in Wien mit FPÖ-Innenminister Kickl, um die Möglichkeiten, welche sich mit dem EU-Ratsvorsitz Österreichs ergeben, zu diskutieren. Die Gespräche fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Gegenüber der Zeitung Die Presse skizzierte Avramopoulos aber seine Ziele: „Was ebenso wichtig ist, sind stärkere Außengrenzen, Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie die Rückführungen zu erhöhen.“ Frontex soll in den kommenden Jahren von 1.200 auf 10.000 Mitarbeiter aufgestockt werden, denn „wir müssen wissen, wer zu uns kommt“, so EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. Hinter diesen harmlos klingenden Sätzen steht ein kalkulierter Massenmord.

Organisierter Massenmord

In den letzten vier Jahren starben 12.000 Menschen bei der Überfahrt nach Europa. Die International Organisation for Migration (IOM) schätzt, dass noch einmal dieselbe Anzahl an Menschen auf dem Weg nach Europa in der Sahara verdurstete. Alleine bis Februar 2018 waren erneut 400 Tote im Mittelmeer zu beklagen. Weit über die Hälfte aller toten Flüchtlinge starben entlang der europäischen Außengrenze.

Seit Mitte des Jahres 2017 vertreibt die EU gezielt NGO-Rettungsbote aus dem Mittelmeer. Die libysche Küstenwache eröffnete im Jahr 2017 das Feuer auf ein Rettungsboot der spanischen NGO Open Arms. Seenotrettung wurde von der EU systematisch kriminalisiert.  Jede/r einzelne Verstorbene/r wurde von der europäischen Politik bewusst ermordet. Die Toten sind gewollt. Geht es nach Strache, Kurz und Co. werden es in den folgenden Jahren noch mehr werden!

Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik ruft am Weltflüchtlingstag am 20. Juni zur Großdemo gegen die schwarz-blaue Abschiebe- und Asylpolitik auf. 18:00 Uhr, Hauptbahnhof Wien. Mehr dazu | Veranstaltung auf Facebook.