Von alleine geht FPÖ nicht unter
Wer die FPÖ seit Ibiza beobachtet, kann sich nur ins Fäustchen lachen. Ein Skandal löst den nächsten ab, gefolgt von schalen Distanzierungen – Erinnerungen an Knittelfeld (Krise der FPÖ nach der Regierungsbeteiligung 2002) drängen sich auf.
Dass die Freiheitlichen so in der Defensive sind, muss natürlich gefeiert werden. Antifaschist_innen dürfen aber nicht auf die Selbstzerfleischung der Blauen vertrauen, sondern müssen die FPÖ weiter als eine im Kern faschistische Partei bekämpfen. Schon in der Vergangenheit hat sie sich wieder nach oben gekämpft und durch offenes Zeigen ihrer rechtsextremen Gesinnung ihre Basis gefestigt. Wie müssen ausnutzen, dass sie jetzt am Boden liegen – und nachtreten.
Opferrolle hat ausgedient
In der Regierung hatte die FPÖ Narrenfreiheit. Die unzähligen Nazi-Skandale haben Schwarz-Blau zwar geschwächt, konnte ihnen aber nicht das Genick brechen. Allerdings war Strache genötigt, sich von den „Ausreißern“ öffentlich zu distanzieren, etwa vom Verfasser des Braunauer „Rattengedichts“, in dem Migrant_innen als Ratten diffamiert werden. Dieser trägt Strache bis heute nach, dass der ihn einfach „fallen gelassen“ hat.
Nachtragend sind auch die FPÖ-Wähler. Nicht nur bei der Landtagswahl in der Steiermark verlor die FPÖ um ca. neun Prozentpunkte, auch bei der Nationalratswahl musste sie Verluste hinnehmen. In der letzten Ausgabe des rechtsextremen Magazins Info-DIREKT erklärte ein Anhänger, Julian Maier, wieso er dieses Mal nicht FPÖ gewählt hat: er habe die ständige Opferrolle satt, das passe einfach nicht zu einer regierenden Partei. Im Ibiza-Video habe Strache gezeigt, dass er sich „den Oligarchen“ ebenso anbiedere wie der ÖVP. Mit Anti-Establishment habe das nichts zu tun.
Die Opferrolle mag in der Koalition hilfreich gewesen sein – immerhin war man Opfer gemein-gefährlicher linker Machenschaften – die FPÖ-Basis erwartet aber keine Duckmäuser, sondern starke Männer.
Führer ist auswechselbar
Zwar ist die FPÖ eine Führerpartei, aber auch Führer lassen sich austauschen. So, wie Strache Haider als freiheitliches Idol abgelöst hat, will jetzt Kickl Straches Stelle antreten. Er ist als Hardliner bekannt, mit ihm verspricht sich die Wählerschaft eine Rückbesinnung auf die „Kernkompetenzen“, das heißt: Schluss mit Kompromissen und Distanzierungen. Kickl steht für eine radikale Anti-Flüchtlingspolitik und Unabhängigkeit von reichen Strippenziehern (nicht zufällig kramt Info-DIREKT wieder in der Verschwörungs-Kiste und bringt den jüdischen Bänker George Soros in Verbindung mit den Wahlerfolgen der Grünen, die der „Börsenspekulant und Unruhestifter“ in „geradezu prophetischer Weise“ vorhergesagt hätte).
Mit diesem Strategiewechsel will die FPÖ zurück zum angriffigen Oppositions-Image. Das zeigt die Reaktion auf den letzten Nazilieder-Skandal: der steirische FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger hatte ein Liederbuch mit antisemitischen, rassistischen, den Nationalsozialismus verherrlichenden Texten zu Hause herumliegen. FPÖ-Chef Norbert Hofer stellte sich hinter Zanger und meinte, man dürfe „einen Politiker nicht einfach in eine Nazi-Diskussion verwickeln, nur weil er vor 14 Jahren ein Buch geschenkt bekommen hat“.
Ziel ist eine Verhärtung der FPÖ-Kernwählerschaft – und das ist brandgefährlich. Projekte wie die Linzer Stadtwache geben Einblicke in ihre Vorstellung von Ordnungshütern im SA-Stil. Die FPÖ ist und bleibt eine faschistische Partei, in der die Verherrlichung des NS-Regimes ihren festen Platz hat. Sie ist die „indirekte Nachfolgepartei der NSDAP“ (Anton Pelinka) und als solche müssen wir sie angreifen.
Nicht nur ihre Geschichte macht die FPÖ untragbar. Kickl will besonders das „Ausländerthema“ wieder stark machen. Wohin das Gerede von „Bevölkerungsaustausch“ und „Islamisierung“ geführt hat, wurde nicht nur in Christchurch (ein Rechtsextremer tötete in Moscheen 51 Menschen) deutlich. Damit einher geht die Hetze gegen Flüchtlinge und Menschen, die sich solidarisieren und Geflüchteten helfen. Die Liste von Menschen, die für die FPÖ als „Feinde der Heimat“ eingestuft werden, ist endlos. Die FPÖ würde das Rad der Zeit gerne um ein paar Jahrzehnte zurückdrehen – und da wollen wir nie wieder hin.
Klimabewegung schadet FPÖ
Unser großer Vorteil ist, dass die FPÖ es nie geschafft hat, einen starken Straßenflügel aufzubauen – und das weiß sie. Nicht umsonst haben sie eine derartige Angst vor der abhebenden Klimabewegung. Es ist nicht verwunderlich, dass selbst die Rechten jetzt versuchen, da aufzuspringen – logischerweise aber mit Anti-Fridays for Future-Haltung. Sie holen lieber den mit Rassismus aufgeladenen Begriff der Überbevölkerung hervor. Gepaart mit „Heimatliebe“ im Alpenromantik-Stil werden sie wohl kaum mit der globalen Klimabewegung mithalten können.