WKR-Ball: Strache tobte nach Niederlage!
„Teilweise habe ich von einem Spießrutenlauf die Mitteilung erhalten, dass Ball-Gäste, die mit Taxi Staus und Konvois auch gesessen sind, teilweise von gewaltbereiten Demonstranten aus den Autos gezerrt worden sind, attackiert worden sind. Einige Verletzte sind leider Gottes auch zu verbuchen. Es gibt massive Sachschäden, auch die ersten Autos brennen und auch Verbindungshäuser wurden vom gewaltbereiten antidemokratischen Mob attackiert.“
So klingt Strache wörtlich, wenn ihm eine Niederlage bereitet wird! Der Rausschmiss des Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) aus der Wiener Hofburg und die Eroberung des Heldenplatzes durch die Verteidiger der Demokratie nagen in der Eröffnungsrede des Burschenschafter-Balls am 27. Jänner 2012 an der Geduld des FPÖ-Vorsitzenden. „Wir sind die neuen Juden“, so Strache. Seine Hysterie und Nervosität sind eine Bestätigung dafür, dass die FPÖ tatsächlich schweren politischen Schaden davon getragen hat.
Regelrecht zornig reagierte Strache selbst noch zwei Tage später in der ORF-Pressestunde, angesprochen auf den WKR-Ball: „…für die links-linken Utopisten gilt man da sofort als Faschist!“
Masken runter
Das zeigt, wie entscheidend es sein kann, die FPÖ als eine Partei der Faschisten zu entlarven. Die Grenze zwischen bürgerlichem Anstrich und offenem Bekenntnis zum Neofaschismus wurde wieder einmal überschritten: Ausgerechnet am 27. Jänner, dem Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, vernetzten sich führende FPÖ-Funktionäre wie Andreas Mölzer oder Martin Graf auf dem Burschenschafter-Ball mit Holocaust-Leugnern und der Crème de la Crème des internationalen Rechtsextremismus.
Die Burschenschaft Teutonia und die akademische Grenzlandsmannschaft Cimbria, so der Autor und Rechtsextremismus-Experte Hans-Henning Scharsach, „haben praktisch die ganze Mannschaft von Gottfried Küssels VAPO integriert. Küssel, der die Zerschlagung der Demokratie, die Wiedererrichtung des Führerstaats, die Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei gefordert hat. Das sind die Herrschaften, die jetzt am Auschwitz-Gedenktag auf einem Ball in der Hofburg tanzen.“
Meilenstein für Antifaschisten
Die Breite der diesjährigen Mobilisierung gegen den WKR-Ball, vor allem die führende Beteiligung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), ermöglichte den Antifaschistinnen und Antifaschisten erstmals den Heldenplatz zu betreten – ein Meilenstein im Kampf gegen die FPÖ!
Diesen Erfolg feierte Doron Rabinovici, im Jahr 2000 einer der Initiatoren der Proteste gegen die schwarz-blaue Regierung, in seiner Rede am Platz vor der Hofburg: „Heuer dürfen wir zum ersten Mal auf dem Heldenplatz und die Burschenschaftler sind zum letzten Mal in der Hofburg.“
Bis zu 10.000 Menschen strömten auf die Straßen um für Solidarität und gegen rechte Gewalt zu demonstrieren. Sie folgten mehreren Initiativen und versammelten sich aus verschiedenen Demonstrationen kommend auf der Kundgebung des Bündnisses Jetzt Zeichen setzen! – getragen von der IKG, den Wiener Grünen, Gewerkschaften und Jugendorganisationen – am Heldenplatz. Damit bedeuten diese Proteste, neben den Demonstrationen vom 8. Mai, die erfolgreichsten antifaschistischen Mobilisierungen der letzten Jahre.
Das Bündnis Offensive gegen Rechts mobilisierte 2.000 überwiegend Studierende zur Universität Wien. Sie sahen und beanspruchten die Straße als Sprachrohr für ihren Unmut über die skandalösen Zustände, dass Neofaschisten in einem so repräsentativen Gebäude der Republik wie der Wiener Hofburg feiern dürfen. Vom Westbahnhof marschierte ein weiterer Demonstrationszug des Bündnis NoWKR mit etwa 1.800 Menschen auf den Heldenplatz.
Der Ball konnte erst mit einer Stunde Verspätung beginnen, da Busse und Taxis mittels Sitzblockaden aufgehalten wurden – die größte in der Herrengasse, wo bis zu 200 Antifaschistinnen und Antifaschisten zwei Reisebusse voll mit Ballgästen an der Weiterfahrt hinderten.
Zurückhaltung des Staats
Staat und Polizei mussten sich sehr zurückhalten. Sie kannten die Kräfteverhältnisse und konnten daher nicht wie gewöhnlich mit aller Härte gegen antifaschistische Mobilisierungen auf dem Heldenplatz vorgehen. Gehörten der Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken in den vergangenen Jahren zur üblichen Polizeitaktik, war der Staat in diesem Jahr stets um Zurückhaltung bemüht. Der Pressesprecher der Wiener Polizei, Roman Hahslinger, betonte immer wieder den „geordneten und friedlichen Verlauf“ der Demonstrationen.
Zwar schützte der Staat wieder die Faschisten: Polizisten versuchten gemeinsam mit der FPÖ und rechten Tageszeitungen wie der Presse oder dem Kurier die Proteste in „gewaltbereite“ und „brave“ Protestinitiativen zu spalten und so die Mobilisierung zu sabotieren, verhafteten 12 Aktivist_innen und unterließen die Hilfeleistung als der ehemalige SPÖ-Fraktionsvorsitzende im Bundesrat Albrecht Konecny von einem Neonazi blutig niedergeschlagen wurde.
Man stelle sich allerdings den Image-Schaden für die Polizei vor, wenn diese gezielt auf Proteste eingeprügelt hätte, die von Holocaust-Überlebenden mitgetragen werden! Die Breite der Mobilisierung verunsicherte also nicht nur Strache und die FPÖ, sondern auch das Innenministerium.
Feuer wieder auf FPÖ konzentrieren
Leider ließ man es jedoch wieder zu, dass die Haltung zum israelischen Staat die Bewegung spaltet. Strache schlachtete das auf einer Pressekonferenz am 27. Jänner vor dem Ball voll aus: „Und wenn dann die grünen Studenten aus dem Bündnis gegen den WKR-Ball ausgetreten sind, weil sie bei mehreren Teilnehmerorganisationen antisemitische Einstellungen erkennen mussten, na dann spricht das für sich… [Da kann] man sich wirklich nur mehr auf den Kopf greifen …, wenn da Organisationen dabei sind, die antisemitische Aktivitäten seit Jahren auch betreiben, Hetze auch gegen den israelischen Staat betreiben, sich auch mit Terroristen solidarisieren und die sozusagen Teil des Bündnisses gegen einen friedlichen kulturellen Ball auch heute sind.“
Strache versucht einen unnötigen Konflikt innerhalb seiner Gegnerschaft zu nutzen, um sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Nach dem Motto: Die anderen (Israelkritiker) sind die Antisemiten, nicht wir! Wie so oft stilisiert er sich zum Opfer: „Das war wie die Reichskristallnacht, wir sind die neuen Juden.“
Ob deshalb die Antisemiten in der FPÖ und den schlagenden Burschenschaften (die einen „friedlichen kulturellen Ball“ besuchen) nicht mehr als Antisemiten wahrgenommen werden, sei dahingestellt, aber eines zeigt seine Verteidigungsstrategie: Wenn wir erfolgreich gegen die FPÖ kämpfen wollen, sollten wir uns auf die Bedrohung von rechts konzentrieren! Die unterschiedlichen Haltungen zum israelischen Staat haben dabei nichts verloren.
Fehlende Einheit
Die Proteste zeigten einerseits die Wichtigkeit von massenhafter Beteiligung, was den Antifaschisten am 27. Jänner den Erfolg sicherte, und andererseits die Bereitschaft zu entschlossenen Aktionen, die Faschisten zu konfrontieren. Unnötigerweise wird die antifaschistische Bewegung allerdings durch unterschiedliche Initiativen und Bündnisse, die parallel anstatt gemeinsam arbeiten, geschwächt.
Wenn wir den Aufstieg der Neofaschisten zurückschlagen und einen Wahlsieg der FPÖ bei den nächsten Nationalratswahlen verhindern wollen, brauchen wir die größtmögliche Breite, Entschlossenheit und vor allem Einheit in der Bewegung.
Es geht darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden und zu erkennen, dass die größte Gefahr von der FPÖ ausgeht. Dabei sollten wir politische Differenzen wie in der Positionierung zum Nahostkonflikt außen vorlassen und in diesem einen Ziel, nämlich Strache und die FPÖ zu stoppen, gemeinsame Sache machen.
Der Holocaust-Überlebende Martin Löwenberg meinte: „Nazismus, Völkermord und Krieg hätten verhindert werden können, wenn Antinazis und Demokraten die Gefahr rechtzeitig erkannt und gemeinsam den Kampf gegen die braune Pest geführt hätten.“ Verpassen wir den Faschisten weitere Niederlagen – und Strache wird wieder hysterisch heulen.