Abrechnung mit Schwarz-Blau

Die schwarz-blaue Koalition ist nun endlich Geschichte, jedoch nicht ihre Folgen. Der Abgang von Strache, Kickl und Kurz ist für die österreichische Linke ein Grund zum Feiern. Dabei darf nicht übersehen werden, wie viel Schaden in einem Land angerichtet werden kann, sobald rechte Parteien die Gelegenheit bekommen, das politische Ruder in die Hand zu nehmen – wenn auch nur für eineinhalb Jahre.
19. Juni 2019 |

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz’ schwarz-blaues Projekt ist gescheitert. Auslöser dafür waren nicht die gefühlt hundert rassistischen und rechtsextremen Einzelfälle seines blauen Koalitionspartners, die er meist nur mit einem Schweigen kommentiert hat, sondern der Ibiza-Skandal im Mai. Das Video hatte den Sturz der Regierung zur Folge, weil es ein treffendes Sittenbild der gesamten Regierung ist.

Die Demonstration am 18. Mai von tausenden Menschen am Ballhausplatz drängte ihn weiter in die Enge: Er sah sich gezwungen, die Koalition aufzulösen. Ende September wird also neu gewählt. Auch wenn der Spuk erstmal vorüber ist, von einem sorgenfreien Happy End kann keine Rede sein, dafür haben unzählige Gesetze gesorgt, die Arbeiter_innen belasten und Rassismus schüren.

Politik für die Wirtschaft

Im Sommer 2018 haben ÖVP und FPÖ mit den Neos den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche eingeführt. Dabei fallen die Zuschläge für die 11. und 12. Stunde komplett weg, was wenige Wochen nach Inkrafttreten bereits von Betrieben ausgenutzt wurde.

Seit September 2018 gibt es weniger Geld für überbetriebliche Lehrstätten, also Ausbildungsprogramme für junge Leute, die keine Lehrstelle finden. Außerdem wird deren Ausbildungsbeihilfe halbiert, statt 753 Euro gibt es im ersten und zweiten Lehrjahr nur mehr 325 Euro. Auch ältere Arbeitslose sind von dieser Sparpolitik betroffen: Durch die Abschaffung der Aktion 20.000 haben es Menschen über 50 besonders schwer, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Die Aktion hatte das Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit bei älteren Arbeitnehmer_innen zu halbieren.

Beim Angriff auf die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) wurden ganze 430 Millionen Euro gestrichen, obwohl die Verwaltungskosten der AUVA nur 92 Millionen ausmachen. Gleichzeitig sollen Unternehmen seit dem 1. Jänner 2019 nur mehr 1,2 Prozent der Lohnsumme als AUVA-Beiträge zahlen, was zu massiven Kürzungen bei den rund 5 Millionen Menschen, die dort versichert sind, darunter Arbeitnehmer_innen und Selbstständige, Kindergartenkinder, Schüler_innen und Studierende, führen wird.
Totale Verachtung für die Ärmsten demonstrierten die Einsparungen bei der Mindestsicherung für Familien mit zwei oder mehr Kindern. Für das dritte Kind gibt es nur mehr lächerliche 43 Euro, das entspricht 1,50 Euro pro Tag.

Die Geldsummen, die man bei Arbeitnehmer_innen und Familien spart, sollen an Unternehmen verteilt werden: Hoteliers erhalten Steuergeschenke in Höhe von 120 Millionen Euro und durch die Halbierung der Körperschaftssteuer werden Unternehmen mit ca. 2,3 bis 4 Milliarden Euro beschenkt werden.

Ausbau eines Polizeistaates

Wofür ÖVP und FPÖ jedoch gerne Geld ausgeben, ist die Polizei. Allein für Kickls geplante Polizeipferde wurden 450.000 Euro im Jahr locker gemacht. 24 Millionen Euro standen für 6.990 Sturmgewehre bereit, mit denen die Polizei gerade aufgerüstet wird. Kickl zeigte sich als gefährlichster Mann in der Regierung. Die Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatten augenscheinlich den Zweck, FPÖ-Gegner im Staatsapparat auszuschalten und ihre eigenen Männer in Schlüsselpositionen zu installieren.

Rassismus und „Einzelfälle“

Im Schüren von Rassismus war Schwarz-Blau besonders erfolgreich. Subsidiär Schutzberechtigte, also Menschen, die zwar nicht persönlich verfolgt werden, in deren Land aber z.B. Krieg herrscht, erhalten keine Mindestsicherung mehr. Besonders heftig wurden Flüchtlinge von Kickl attackiert. Dieser hatte geplant, die Asylanträge „auf Null“ runterzufahren und Flüchtlinge „konzentriert“ an einem Ort in Lagern zu halten. Die rechtswidrige Umbenennung der Erstaufnahmezentren für Asylwerber in „Ausreisezentren“ ist sinnbildlich für dieses rassistische Klima.

Es folgte ein Einzelfall dem anderen, wie zum Beispiel die Vernetzung zwischen FPÖ-Politikern und Mitgliedern der rechtsextremen „Identitären“, wobei sich Kurz mit einer halbherzigen Distanzierung vonseiten der FPÖ zufrieden gab.

Klimazerstörung statt -schutz

Auch punkto Klimaschutz konnte die Regierung keine Fortschritte erzielen. Paradebeispiel dafür waren Hofers Teststrecken für Tempo 140, die den Steuerzahler_innen 311.000 Euro gekostet haben sollen. In Zeiten eines unmittelbar spürbaren Klimawandels ist das wahnsinnig. Wer sich dagegen einsetzt, muss jedoch mit staatlichen Repressalien rechnen.

Das Ende von Schwarz-Blau darf kein Grund sein, sich jetzt entspannt zurückzulehnen. Die Regierungskrise muss nun ausgenutzt werden! Jetzt geht es darum, dass die Linke in die Offensive kommt, anstatt sich nur gegen Angriffe von Rechts zu verteidigen.

Die Ex-Ministerin für Soziales und Gesundheit mit fehlender sozialer Ader, Beate Hartinger-Klein, sorgte innerhalb der knapp eineinhalb Jahre Schwarz-Blau für unzählige Schlagzeilen, hier eine gekürzte schwarze Liste: