Schmutziger Flüchtlings-Deal: EU wälzt Drecksarbeit auf Türkei ab

EU-Regierungen haben heute kein Problem mit Präsident Erdogan zu kooperieren, um Flüchtlinge abzuschrecken, trotz seiner Verbrechen gegen die Opposition und die Kurden. Noch vor zehn Jahren verhinderten Deutschland und Österreich eine Annäherung der Türkei an die EU mit rassistischen Argumenten.
18. Januar 2016 |

Seit der syrische Aufstand gegen Assad an ihrer südlichen Grenze begonnen hat, beherbergt die Türkei die meisten Flüchtlinge. Es wird geschätzt, dass bis zu zweieinhalb Millionen Syrer_innen in den letzten vier Jahren nordwärts geflohen sind. Die Position der AKP gegenüber den Syrer_innen lief dabei immer parallel zum türkischen Engagement in Syrien. Jahrelang hatte Erdogan erklärt, die Syrer_innen wären „unsere Gäste“ und implementierte eine Politik der offenen Grenze.

Das bedeutete allerdings nicht, dass der türkische Staat den Flüchtlingsstatus dieser Menschen anerkennen und ihnen Rechte zugestehen würde – das tut die Türkei nur für Flüchtlinge aus dem „Westen“

Das bedeutete allerdings nicht, dass der türkische Staat den Flüchtlingsstatus dieser Menschen anerkennen und ihnen Rechte zugestehen würde (das tut die Türkei nur für Flüchtlinge aus dem „Westen“). Verglichen mit den anderen Anrainerstaaten Syriens bietet die Türkei den Syrer_innen noch die besten Bedingungen. Die basieren aber auf inoffiziellen Zugeständnissen, was bedeutet, die Regierung könnte die Situation jederzeit ändern.

Im Jahr 2015 begann sich die Position der AKP zu wandeln. Nach einem langen Prozess, in dem die Flüchtlinge benutzt wurden, damit die Türkei ihre Interessen in Syrien gegenüber den westlichen Politikern vertreten konnte, hat sich die AKP nun auf einen schmutzigen Deal mit dem Westen eingelassen.

Grenzwächter des Westens

Die Türkei hat zugesagt, die Grenze sowohl auf der syrischen als auch auf der europäischen Seite zu schließen. Im Gegenzug hat die AKP-Führung endlich die drei Milliarden Dollar westlicher Hilfe erhalten, um die sie solange gebeten hatte. Dieselben Regierungen, die behaupten, sie könnten es sich nicht leisten, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, zeigten sich großzügig.

Nach dem Übereinkommen begann die türkische Polizei tausende Flüchtlinge an der ägäischen Grenze aufzusammeln und zurück in Lager zu schicken, wo die Bedingungen schrecklich sind. Dort können sich die Flüchtlinge entscheiden, ob sie bleiben oder nach Syrien zurückgeschickt werden.

„EU-Minimum“

Die direkte Übernahme von Flüchtlingen aus der Türkei in die EU-Staaten war ebenfalls Teil des Deals. Das wurde allerdings von derart vielen EU-Staaten abgelehnt, dass Angela Merkel gezwungen war, einen Mini-Gipfel mit nur sieben weiteren Staaten abzuhalten, um zu irgendeinem Abkommen zu gelangen.

Doch die Entscheidung zu einem harten Vorgehen scheint schon gefallen zu sein. Der französische Premierminister Manuel Valls polterte: „Wir können keine weiteren Flüchtlinge in Europa aufnehmen.“ Und sogar Schweden, eigentlich auf Merkels Seite, hat entschieden, seine Asyl-Verfahren auf eine „EU-Minimum“-Stufe herunterzufahren, die Hürden für Asylsuchende werden erhöht, das Recht auf Familiennachzug erheblich eingeschränkt.

Menschenrechte zählen nicht

Neben der Geldleistung sollen als Gegenleistung die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei wiederbelebt werden. Ein Projekt, das, angesichts des rassistischen Widerstands in Kernstaaten der EU (vor allem Österreich und Deutschland) gegen einen Beitritt der Türkei, eigentlich längst aufgegeben wurde. Das ändert sich gerade jetzt, wo die türkische Regierung mit Menschenrechtsverletzungen, vor allem im Krieg gegen die kurdische Bevölkerung, auffällt.

Doch Menschenrechte kommen in der EU an zweiter Stelle. Der Vorsitzende des Treffens, der frühere polnische Premierminister Donald Tusk erklärte: „Unser Hauptziel ist es, den Strom von Migranten einzudämmen.“ Die Gewalt, die sicher nötig sein wird, um verzweifelte Menschen aufzuhalten, soll an die Türkei und deren berüchtigten „Sicherheitskräfte“ delegiert werden.

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Die grausamen Bilder, die die Medien dann verbreiten werden, sollen keinem europäischen Regierenden Probleme mit der eigenen Bevölkerung bereiten. Das Motto der Eliten: Die EU zahlt, sollen sich andere die Hände schmutzig machen.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.