Irland: Abtreibungsrechte müssen auf Legalisierung der Homo-Ehe folgen
Einer Umfrage zufolge unterstützen über 70 Prozent der irischen Bevölkerung das Recht der Frau, selbst über ihren Körper zu entscheiden.
Das seit 1967 bestehende irische Abtreibungsgesetz macht es einfachen Frauen aus der Arbeiter_innenklasse kaum möglich, eine Abtreibung auf legalem Weg zu erhalten.
Abtreibung wird bis zur 24. Schwangerschaftswoche nur dann erlaubt, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Leben der Frau durch die Schwangerschaft gefährdet ist. Schwangerschaften abzubrechen, die durch Vergewaltigung oder etwa Inzest entstanden, ist verboten und kann mit einer Gefängnisstrafe sanktioniert werden.
Abtreibungen sind teuer
Jährlich reisen tausende Frauen in andere Teile Großbritanniens, um eine Abtreibung legal in Anspruch nehmen zu können, und müssen dafür immense Mengen an Geld ausgeben. Das nationale Gesundheitssystem übernimmt keine Kosten für Schwangerschaftsabbrüche, dazu kommt noch die Anreise und Unterkunft. Für ärmere Frauen ist diese Prozedur kaum leistbar und hinterlässt nicht selten einen Haufen Schulden.
Wie negativ die irische Gesetzeslage das Leben einer Frau beeinflussen kann, zeigt der erschütternde Todesfall der Inderin Savita Halappanavar 2012. Als die 31-jährige Zahnärztin in der 17. Woche mit Rückenschmerzen in die Galway-Universitätsklinik kam, erfuhr sie, dass sie eine Fehlgeburt erleiden würde. Da aber noch ein Herzschlag des Fötus zu hören war, verweigerten die Ärzt_innen ihr eine Abtreibung. Savita erlag ihren Schmerzen und starb an einem septischen Schock.
Klassenaspekt
Jährlich werden weltweit 20 Millionen Abtreibungen unter unsicheren Bedingungen durchgeführt, davon sterben schätzungsweise 80.000 Frauen. Auch Frauen aus der Mittel- und Oberschicht brechen Schwangerschaften ab – eine Abtreibung in einer privaten Klinik kostet in Großbritannien 2.000 Pfund.
Aber es wird privat und abseits der Öffentlichkeit behandelt, während Arbeiter_innen die Zustimmung von zwei Ärzt_innen brauchen, um eine Abtreibung bewilligt zu bekommen. Die Sparmaßnahmen der Regierung werden mit radikalen Kürzungen im Gesundheits- und Wohlfahrtssystem durchgeführt – betroffen sind vorrangig Menschen, welche auf die Unterstützung von öffentlichen Spitälern angewiesen sind.
Kapitalistische Denkweise
Was den Prozess des Schwangerschaftsabbruchs noch zusätzlich erschwert, ist die abtreibungsfeindliche Propaganda der Massenmedien und der Abtreibungsgegner_innen. Diese Stimmung wirkt sich bis in die kleinsten Elemente der Gesellschaft aus, die Familie und das Individuum. Wenn du versagst, so das neoliberale Credo, ist es deine Schuld und nicht die des Staates. Wirst du ungewollt schwanger, dann ist das dein Problem.
Diese Ideologie nutzen Abtreibungsgegner_innen schamlos aus, um ihre Theorie von „guten“ und „schlechten“ Abtreibungen in die Köpfe der Menschen zu pflanzen. Wird man Opfer einer Vergewaltigung, wird eine Abtreibung akzeptiert, nicht aber, wenn du bei einem One Night Stand nicht verhütest.
„Baby Hope“
Abtreibungsgegner_innen arbeiten intensiv mit der Moralkeule und versuchen, Frauen ein schlechtes Gewissen zu machen. Dabei ist es für eine Frau nie eine leichte Entscheidung, ob sie eine Schwangerschaft austragen soll oder nicht. Auf Anti-Choice-Demonstrationen werden Ultraschallbilder von ungeborenen Föten und von grausamen, veralteten Abtreibungsmethoden gezeigt.
Das Recht auf Abtreibung ist eine der wichtigsten Errungenschaften im Kampf gegen Frauenunterdrückung.
Als 1999 eine schwangere Asylwerberin in Irland eine Abtreibung benötigte, gingen Anti-Choice-Aktivist_innen soweit, ihr Kind, das die Abtreibung für kurze Zeit überlebte, „Baby Hope“ zu nennen. In keinem der damaligen Medienberichte wird der Name der Mutter erwähnt. Auch heute noch wird der Stellenwert der Frau völlig in den Hintergrund gedrängt. Das Leben einer Frau verändert sich nach einer Geburt um 180 Grad. Viele, die bereits existenzgefährdet sind, können sich aus Mangel an finanziellen Mitteln kein weiteres Kind leisten.
Die irische Abtreibungsrechtlerin Sinéad Kennedy argumentiert, dass „Abtreibung ein soziales Gut“ ist: „Das Recht auf Abtreibung ist eine der wichtigsten Errungenschaften im Kampf gegen Frauenunterdrückung. Wir werden erst gleichberechtigt sein, wenn wir selbst die Kontrolle über unseren Körper haben. Abtreibung bewahrt uns nicht nur vor Verletzlichkeit, sondern schützt unsere Identität, denn so werden wir Mütter, weil wir es wollen.“