Ist die FPÖ die neue Arbeiterpartei?
Laut dem sozialwissenschaftlichen Institut SORA, das Wählerstromanalysen in Österreich durchführt, wählten bei den Landtagswahlen in der Steiermark 61% der Arbeiter_innen FPÖ – ein Ergebnis, das man hinterfragen muss. Bei den letzten Arbeiterkammer-Wahlen erreichte die FPÖ in der Steiermark 14,5%. Das ist zwar bedeutend mehr als im österreichischen Schnitt (9,7%), aber doch sehr weit von 61% entfernt. Wie ist das zu erklären?
Arbeiter_innen beteiligen sich unterschiedlich stark an den verschiedenen Wahlen. Bei den EU-Wahlen gehen traditionell sehr wenige wählen, bei Nationalratswahlen und Landtagswahlen hängt es stark davon ab, wie gut die große Arbeiter_innenpartei SPÖ mobilisieren kann. In Großbetrieben mit einem hohen Organisierungsgrad beteiligen sich die Arbeiter_innen besonders stark an Betriebsratswahlen.
Betriebe zeigen anderes Bild
Bei der Betriebsratswahl bei voestalpine Austria Draht Donawitz in der Steiermark entfielen auf die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) 98% der Stimmen bzw. 6 Mandate. im März 2012 hat die FSG 90,1%, der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB) 9,9% der Stimmen erhalten. Die Wahlbeteiligung betrug 96,83%.
Die Politik der FPÖ ist ganz betont arbeiterfeindlich.
Bei Plasser & Theurer in Linz (fast 900 abgegebene Stimmen) verloren dieses Jahr die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) eines von bisher zwei Mandaten. Bei BMW, wo sich mehr als 2.300 Mitarbeiter_innen beteiligten, verlor die FPÖ-Fraktion zwei von ihren bisher drei Mandaten, die SPÖ hält nun 18 von 19 Mandaten. Bei der Arbeiterbetriebsratswahl in der Voestalpine Stahl Linz nahmen mehr als 4.000 Beschäftigte teil, und die FSG erreichte 82,7%, die Freiheitlichen 11,76%. Die SPÖ verlor 36.000 Stimmen an die Nichtwähler_innen und 31.000 an die FPÖ.
In den Betrieben, wo Arbeiter_innen sich ihre Meinungen im Kollektiv bilden und nach offenen Debatten abstimmen, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Dort kommt ihr Klassenbewusstsein zur Geltung.
Definition von Arbeiter
Umfrageergebnisse sind äußerst problematisch, wenn Bevölkerungsgruppen wie Arbeiter_innen nicht so repräsentiert werden, wie es ihrer Stärke entspricht. In der Steiermark sind 58 von 100 Wahlberechtigten lohnabhängig, dann sollten auch 58 von 100 Befragten Lohnabhängige sein, damit aussagekräftige Ergebnisse produziert werden. Nach marxistischem Verständnis ist die Unterscheidung zwischen Arbeiter_innen, Angestellten oder Beamten nur bedingt zulässig.
Jemand kann für dieselbe Tätigkeit bei verschiedenen Betrieben einen Vertrag als Angestellter oder Arbeiter haben, oder sogar als Schein-Unternehmer arbeiten müssen. Ob die Beschäftigten zum Management gehören oder ob ihre Tätigkeit darin besteht, andere Beschäftigte zu überwachen, macht einen Unterschied. Rein juristische Unterscheidungen, anstelle von politischen oder sozialen, helfen nicht bei der Definition einer Partei als Arbeiterpartei.
Neoliberale Politik
Sehr wichtig dagegen ist, wo eine Partei ihre Mitglieder und vor allem ihre Parteikader rekrutiert und welchen Interessen ihre Politik dient. Die FPÖ rekrutiert ihre Kader vor allem unter deutschnational gesinnten Burschenschaftern.
Die FPÖ war 2014 gegen die Erhöhung der Bankenabgabe. 2015 stimmten sie gegen den EU-Gleichstellungsbericht, dieser fordert eine Verringerung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. 2015 stimmte die FPÖ gemeinsam mit den Neos für die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer, die Folge daraus wäre eine Schwächung bzw. Auflösung der Arbeiterkammer. Die Politik der FPÖ ist ganz betont arbeiterfeindlich.