Österreichische Kindergärten verdienen Besseres

Das österreichische Kindergartenwesen ist zersplittert. Die politische Verantwortung tragen fünf Ministerien. Es gibt neun verschiedene gesetzliche Regelungen in den neun Bundesländern, dort liegt die eigentliche Macht. Das pädagogische Personal ist bei Ländern oder Gemeinden oder bei privaten Trägern angestellt und wird nach über 40 verschiedenen Lohnschemata bezahlt.
3. Juni 2015 |

Kinder lernen im Kindergarten spielerisch ganzheitlich mit allen Sinnen. Von uns Pädagoginnen wird gefordert, den Entwicklungsstand der einzelnen Kinder festzustellen und ihre individuelle Entwicklung gezielt zu fördern. Die konkrete Umsetzung des Bildungsauftrags scheitert meist an den unzureichenden strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Pädagog_innen. Nur rund 30 Prozent der Kindergärtner_innen bleiben längerfristig in diesem Beruf mit seiner großen Verantwortung und den vielfältigen Anforderungen.

Zuständigkeitsdschungel

Insgesamt fünf Ministerien und Staatssekretariate waren und sind für das Zustandekommen bundesweit gültiger Gesetze für den Kindergarten verantwortlich. Die Hauptzuständigkeit für das Kindergarten- bzw. Hortwesen liegt bei den Ländern.

Gesetzliche Regelungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. In Tirol sind maximal 20 Kinder pro Gruppe erlaubt. In den restlichen Bundesländern befinden sich 23 bis 25 Kinder in einer Gruppe. Der Pädagog_innen/Kind-Schlüssel in Finnland beträgt eine Fachkraft auf 10 Kinder und in Dänemark 1:7 auf. Rechnet man Hilfskräfte ein, erreicht Tirol einen Betreuungsschlüssel von 1:10. Hilfskräfte heißen „Assistenten“, „Helfer“, „Betreuer“ oder „Stützkräfte“ und bekommen nach unterschiedlichsten Ausbildungen einen Hungerlohn. Neben den Bundesländern und dem Bund sind die Gemeinden bzw. zahlreiche private Träger (Vereine oder Kirchen) zuständig und weisen riesige Unterschiede auf.

In der Steiermark hat eine Vollzeitpädagogin pro Woche 10 Vorbereitungsstunden. Arbeitet die Pädagogin bei der Gemeinde Wien kann sie sich 6 Stunden wöchentlich vor- oder nachbereiten, in Kärnten und Tirol sind es nur 5. Immerhin 60 Prozent der Kindergärten und -horte in Wien werden privat geführt und dort gibt es keine Regelung für Vorbereitungsstunden. Für die dort Beschäftigten gibt es auch keinen Kollektivvertrag, sondern nur einen Mindestlohntarif und nur teilweise innerbetriebliche Regelungen wie Betriebsvereinbarungen.

Ein Gesetz für alle

Schon seit Jahren fordern die Gewerkschaften die Umsetzung der parlamentarischen „Bürgerinitiative für ein einheitliches, österreichisches Bundesrahmengesetz“. Je nach Arbeitgeber sind die vier Gewerkschaften GÖD, vida, GPA-djp, GdG-KMSfB zuständig.
Es existiert ein bundesweiter „Fleckerlteppich“ von 40 verschiedenen Gehaltsschemata. Im Gemeindedienst machen unterschiedlichste Zulagen einen Teil des Einkommens aus. Vor- oder Nachbereitungszeit der Pädagog_innen und die Ausbildung der Assistent_innen sind quer durch Österreich verschieden geregelt. Daher fordert die GPA-djp Wien einen guten Kollektivvertrag und einheitliche gesetzliche Bestimmungen für alle öffentlich geförderten Bildungs- und Betreuungseinrichtungen.

Bahnbrechender Kindergartenstreik in Deutschland

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Wir brauchen bessere Gehälter und Anerkennung der Bildungsarbeit im außerschulischen Bereich. Wir brauchen einheitliche gesetzliche Regelung der Aus- und Fortbildung für das pädagogische Personal und für das unterstützende Personal. Wir brauchen 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit als Vor- und Nachbereitungszeiten. Der Pädagog_innen-Kind-Schlüssel und die Kinderanzahl müssen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Die Solidaritätserklärung der GPA-djp für die streikenden deutschen Kolleg_innen ist großartig. Jetzt heißt es für uns von ihnen das Kämpfen zu lernen.

Karin Wilflingseder ist Vorsitzende der Themenplattform Elementar- Hort- und Freizeitpädagogik in der GPA-djp Wien
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.