Passau: Antirassisten aus Deutschland und Österreich reißen symbolisch Grenzen ein

In einer einzigartigen Aktion demonstrierten am Samstag, 15. September in Passau Menschen gegen den Rechtsruck, Grenzschließungen und Massenlager für Flüchtlinge. Aktivist_innen entrollten ein Riesenbanner „Baut Brücken, nicht Mauern!“ auf dem Innsteg. Zwei Demozüge aus Deutschland und Österreich haben gemeinsam die Landesgrenzen überwunden.
16. September 2018 |

Herzlicher Jubel, Freude, Umarmungen; ein euphorisches „Hoch die internationale Solidarität“ schallt durch die Dreiflüssestadt Passau, nachdem sich die zwei Demozüge – einer aus Österreich, einer aus Deutschland – am Inn vereint hatten. „Der Moment, als sich die beiden Demos vermischt hatten, war etwas richtig Besonderes“, erzählten Christa und Günter aus dem Bezirk Braunau, die sich dem österreichischen Zug angeschlossen hatten. Die Grenzen der tödlichen „Festung Europa“ für einen Moment einreißen und überwinden, das war das Ziel der grenzüberschreitenden Demo am 15. September in Passau.

Die österreichische Demo – die Plattform für eine menschliche Asylpolitik hatte einen Bus aus Wien über Linz organisiert – sammelte sich in Gattern im Bezirk Schärding und marschierte bunt, singend und gut gelaunt über den Mariahilfberg über die Grenze in die Passauer Innstadt. Unterstützung bekam die Demo gleich von zu Beginn von Anarchist_innen aus Deutschland, die Solidarität mit den Betroffenen von rechter und rassistischer Gewalt und den Genoss_innen in Chemnitz forderten.

„Baut Brücken, nicht Mauern!“

Das Transparent an der Spitze mit der Aufschrift „Öffnet die Grenzen!“ erfreute sichtlich Autofahrer und Einwohner. Viele Passauer klatschten, zeigten den Daumen hoch und bedankten sich. Auf dem „Fünferlsteg“ über dem Inn entrollten die Aktivist_innen schließlich ein 50 Meter langes Banner „Baut Brücken, nicht Mauern!“ – vor den Augen des Demozugs aus Deutschland, der vom Hauptbahnhof in Passau über die Fußgängerzone und die Innpromenade auf den Steg zu marschierte. „Wir konnten anfangs noch nicht genau lesen, was auf dem Banner geschrieben war, aber als es vollständig aufgespannt war, ging ein regelrechter Freudenrausch durch unsere Demo“, erzählte Sandra.

Foto: Plattform für eine menschliche Asylpolitik

 

Nach dem Innsteg vereinten sich die beiden Züge zur gemeinsamen Demo, viele Passauer schlossen sich dem Protest an, der am Ende über 200 Menschen zählte. Das Banner von der österreichischen Seite wurde mit dem deutschen Transparent „Schließt die Lager!“ – ein Protest gegen die neuen „ANKER-Zentren“ für Flüchtlinge – zusammengeführt. In der Mitte der Transparente wurden zwei ineinandergreifende Hände verbunden. In einem Boot aus Karton wurden die Monster der europäischen Abschottungspolitik – Kickl, Strache (beide FPÖ), Kurz (ÖVP), Salvini (Lega Nord), Seehofer, Söder (beide CSU) und Höcke (AfD) – symbolisch im Mittelmeer ausgesetzt.

Mörderische Asylpolitik

Den Demozug in Passau organisierten unsere Freundinnen und Freunde der Königlich Bayerischen  Antifa Regensburg zusammen mit der Sozialrevolutionären Aktion, der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken Passau und dem antifaschistischen Zusammenschluss Widerständiges Bayern. Unterstützung kam vom Motorradclub Kuhle Wampe. Zum Protest aufgerufen hatten auch das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und die Seebrücke – Schafft sichere Häfen.

Für besondere Empörung über die rassistische Politik sorgte der Selbstmordversuch von sechs Flüchtlingen (fünf Afghanen und ein Iraner) im Wiener Schubhaftgefängnis Hernalser Gürtel in der Vornacht – aus Angst vor ihrer bevorstehenden Abschiebung. In einem Abschiedsbrief erklärten sie, dass sie „keine Perspektive mehr sehen“ würden.

„Es ist die rassistische Politik von Leuten wie Kickl, Salvini und Seehofer, Menschen in eine derartige Situation zu treiben, in der sie keinen anderen Ausweg mehr sehen“, sagte David Albrich, Sprecher für die Plattform für eine menschliche Asylpolitik und Aktivist von Linkswende jetzt auf der Schlusskundgebung in der Bahnhofsstraße am Schanzl und machte die europäischen Regierungschefs für den Selbstmordversuch wie den Massenmord im Mittelmeer verantwortlich. „Wir stehen dagegen für Toleranz, Vielfalt und die Verteidigung der Menschenrechte. Lasst uns Brücken bauen, lasst uns Mauern einreißen, lasst uns aufstehen gegen Rassismus!“, forderte Albrich abschließend.

Das Beispiel von grenzüberschreitender, internationaler Solidarität sollte überall auf der Welt Schule machen. Bereits zwei Tage zuvor protestierten 3.000 Menschen in Wien gegen die Flüchtlingskonferenz der EU-Innenminister in Wien.

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