Rote Parteijugend rebelliert für Verteidigung des Demo-Rechts
Eigentlich wollte die Regierung das neue Demonstrationsgesetz einfach durchboxen, ohne Begutachtung und ohne öffentliche Diskussion. Nein, zuerst hat Kanzler Christian Kern noch gesagt: Mit uns sicher nicht, „meine politische Partei und Vertreter meiner politischen Partei haben vor Jahren, vor Jahrzehnten dieses Demonstrationsrecht mit Blut erkämpft“.
Da hat man schon gemerkt, dass er in Geschichte nicht ganz sattelfest ist, aber viel schlimmer ist, es mangelt ihm und der roten Regierungsmannschaft vor allem an Standhaftigkeit. Nach dem „Mit uns sicher nicht!“ sagte die SPÖ „Scheiß drauf!“ und hat gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Anlauf unternommen, das Gesetz per Initiativantrag auf schnellstem Weg zu beschließen.
Ging aber auch schief. Sobald ruchbar wurde, dass sozialdemokratische Basisorganisationen wie die Sozialistische Jugend (SJ) und die Volkshilfe Österreich zum Protest aufrufen, kam der dritte Schwenk: es würde doch eine Begutachtung erfolgen.
Breite Allianz
Auf den Aufruf der SJ formierte sich eine breite Allianz aus relevanten politischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Mit dabei waren der Verband sozialistischer Student_innen Österreichs (VSStÖ), die Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), die SPÖ-nahe Schülerorganisation (aks), Volkshilfe Österreich, Plattform für eine menschliche Asylpolitik, Attac, Global 2000, Greenpeace, 20.000 Frauen, Neue Linkswende, SOS Mitmensch, System Change not Climate Change und viele andere.
Wir sind unter dem Motto „Herr Sobotka, wir lassen uns die Straße nicht nehmen“ vom Platz der (gebrochenen) Menschenrechte vor dem Museumsquartier über den Ring (das mag Sobotka besonders schlecht leiden) zum Innenministerium marschiert. Es gab keine stille Minute auf dieser Demonstration, aber auch kein trauriges Gesicht. Niemand unter den Demonstrierenden hat das Gefühl, wir müssten uns geschlagen geben.
Für den Kanzler dagegen könnte es zum Wendepunkt werden, denn die Versammlungsfreiheit ist für die Gewerkschaftsmitglieder eine Grundsatzfrage, an der es nichts zu rütteln geben darf.
Lex Antifa
Den Medien machte die Regierung das Gesetz als Lex Erdoğan schmackhaft und wir sind alarmiert darüber, dass die Medien (mit der löblichen Ausnahme von FM4) die Demonstration total verschweigen. Nur was könnte es wichtigeres zu berichten geben, als über die Verteidigung der Demokratie, der Versammlungs- und Meinungsfreiheit!
Das ist bedenklich und auch sehr kurzsichtig. Die Journalistinnen sollten sich erinnern, dass es erst wenige Jahre her ist, dass die Polizei gemeinsam mit einer Innenministerin 2014 eine Kundgebung von Holocaustüberlebenden gegen den FPÖ-Akademikerball am Heldenplatz untersagte und dabei auch das Recht auf freie Berichterstattung unterbunden hat.
„Schutzzonen“ für rassistische Hetze?
Das neue Gesetz richtet sich, wie man sich denken kann, in erster Linie gegen antifaschistische Proteste. Denn der umstrittenste Punkt ist einen Mindestabstand zwischen einer Kundgebung und Gegendemonstrationen einzuführen. Genau das hat die FPÖ verlangt, nachdem ihre Wahlstände so oft von Gegenaktionen gestört wurden, durch Braune-Sack-Aktionen von Neue Linkswende und Blaue-Tonne-Aktionen der Sozialistischen Jugend.
Die anderen Gelegenheiten, wo nach Abstand gerufen wurde, das sind die FPÖ-Akademikerbälle in der Hofburg (von Hans-Henning Scharsach auch „Bälle der Holocaustleugner“ genannt). Diese Gegenproteste konnten weder durch äußerste Brutalität der Polizei oder mittels Kriminalisierung abgestellt werden.
Das neue Gesetz wird auch nicht den gewünschten Erfolg haben. Denn Antifaschismus ist und war immer erfinderisch und es ist uns Antifaschist_innen auch nicht gerade neu, dass der Staat mehr Sympathien mit der extremen Rechten hat als mit uns. Wir werden sie trotzdem aufhalten! ¡No Pasarán!
Demo gegen Sobotka (28.3.2017)
Die Versammlungsfreiheit soll massiv eingeschränkt werden und deshalb ist Feuer am Dach. Für Dienstag, 28. März rief eine breite Allianz zum Protest gegen dieses Regierungsvorhaben – initiiert hatte den Protest die Sozialistische Jugend. Ein Spruch, der die Stimmung gut zusammengefasst hat war: Wir sind hier und wir sind laut, weil Sobotka Scheiße baut!