Schwarz-Blau gestürzt: Jetzt zerschlagen wir die FPÖ!
Am Freitag, 17. Mai 2019 veröffentlichten die deutschen Medien Süddeutsche Zeitung und Spiegel Videomaterial, das im Vorfeld der Nationalratswahlen 2017 heimlich aufgenommen wurde und Verhandlungen zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und FPÖ-Klubchef Johann Gudenus mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte in einer Villa auf Ibiza dokumentierte. In eiskalter Manier erklärt Strache in den Mitschnitten, wie die FPÖ plane, unliebsame politische Gegner und kritische Medien auszuschalten und das eigene antidemokratische Projekt voranzutreiben.
Die Aufdeckungen und wütende Proteste von tausenden Menschen aus politischen Parteien und der Zivilgesellschaft auf dem Wiener Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt zwangen Strache und Gudenus zum Rücktritt. ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz war gezwungen, unter tosendem Jubel der Demonstrierenden die schwarz-blaue Koalition aufzukündigen.
Bewegung brachte Schwarz-Blau zu Fall
Der Ibiza-Skandal traf eine Regierung, die seit Wochen in einer ernsten Krise steckte und trotz aller verzweifelten Versuche sich davon nicht erholen konnte. Antifaschist_innen, Journalist_innen und Karikaturist_innen schwangen eifrig die Nazikeule und prangerten unermüdlich die rechtsextremen Netzwerke der Freiheitlichen und „Identitären“, die von der FPÖ propagierte, völkische und antisemitische Verschwörungstheorie vom „großen Bevölkerungsaustausch“ sowie die unzähligen braunen „Einzelfälle“ wie das Braunauer Rattengedicht an.
Eine Serie von Protesten feuerte die letzten siebzehn Monate der schwarz-blauen Amtszeit den Widerstand gegen die Regierung an und kehrte den gefährlichen Charakter der FPÖ und ihrer „identitären“ Waffenbrüder hervor – erinnern wir uns an die Demonstrationen gegen Innenminister Herbert Kickl, gegen die Aufmärsche der „Identitären“ am Kahlenberg, in der UNO-City und vor dem Justizministerium in Wien, die wöchentlichen Donnerstagsdemos und die antirassistischen Großproteste der Plattform für eine menschliche Asylpolitik. Fantastische 120.000 Menschen konnte der Österreichische Gewerkschaftsbund darüber hinaus zum Protest gegen den 12-Stunden-Tag mobilisieren und der Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger machte in ganz Österreich gegen die Abschaffung der Mindestsicherung mobil.
„Genug ist genug“, erklärte Bundeskanzler Kurz in seiner ersten Stellungnahme und versucht sich aus der Affäre zu ziehen. Er habe in den letzten zwei Jahren vieles aushalten und in Kauf nehmen müssen: „Vom Rattengedicht über die Nähe zu rechtsradikalen Gruppierungen bis hin zu immer wiederkehrenden Einzelfällen.“ Auch Strache jammerte in seiner Rücktrittserklärung zuallererst über die antifaschistischen Angriffe: „Man hat in der Vergangenheit schon des Öfteren versucht, mich zu Fall zu bringen, zum Beispiel durch bewusst falsch gestreute Drogengerüchte, durch Versuche mich ins rechtsextreme Ecke zu drängen und auf unterschiedlichen Ebenen zu diskreditieren.“
Faschistisches Projekt
Die antidemokratischen und korrupten Pläne, die mit den Ibiza-Aufnahmen an die Öffentlichkeit gelangten, waren kein Alleingang von Strache und Gudenus, sondern entsprechen der freiheitlichen Parteilinie. Die „Neutralisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ und das „beinharte“ Umfärben des Staates sind essentielle Schritte der FPÖ-Strategie, wie der damalige freiheitliche Landesrat Elmar Podgorschek 2018 seiner Rede vor der Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen ganz offen erklärte.
Strache und Gudenus wurde zwar der Rücktritt abgerungen, doch die FPÖ denkt nicht daran, mit ihrem faschistischen Projekt zu brechen. Strache spricht auf Twitter von einer vorübergehenden „Phase“ und ist bemüht, den Vorsitz über die Wiener Landespartei zu behalten. Verzweifelt versuchen die Freiheitlichen Herbert Kickl als Innenminister (der, wie wir argumentiert haben, die faschistische Agenda der FPÖ verkörpert und die Schwachstelle der Regierung ist) zu retten und Kickl selbst bringt in letzter Minute seinen Vertrauten Peter Goldgruber als Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit in Stellung. Unterdessen soll der kreidefressende Norbert Hofer, der Strache als FPÖ-Chef nachfolgt, nach außen hin den „Saubermann“ spielen. Doch wir dürfen ihn damit nicht davon kommen lassen, Hofer teilt dieselbe deutschnationale und völkische Ideologie seines Vorgängers.
Wir dürfen außerdem nicht zulassen, dass Noch-Kanzler Kurz sich aus der Verantwortung stehlen kann. Kurz hat die Vorgängerregierung gesprengt, um einen Großangriff auf den Sozialstaat zu unternehmen, sich dafür die FPÖ als skrupellosen Kettenhund als Partner geholt und wissentlich die höchsten Ministerämter – allen voran das in den Koalitionsverhandlungen zur Bedingung erhobene Amt des Innenministers – an die rechtsradikalen FPÖ-Kader ausgehändigt.
Wir sind noch nicht fertig
Das Scheitern der schwarz-blauen Regierung ist ein wichtiger Erfolg und eine grandiose Gelegenheit, der FPÖ weiteren Schaden zuzufügen und Fortschritte in der Arbeiter_innenbewegung zu machen. Auch im Burgendland und in Linz, wo es Koalitionen der SPÖ mit der FPÖ gab, wurde die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Doch es ist kein Automatismus, dass die Linke aus dieser Staatskrise profitiert, denn schon jetzt arbeiten Kräfte an der Rehabilitation der FPÖ. Medien wie der Kurier rücken bereits zur Verteidigung der FPÖ aus: „Österreich hat nun jedenfalls ein Problem: Wenn die FPÖ wieder marginalisiert ist, besteht die Gefahr einer Rückkehr zum Zwei-Parteien-Staat. Das kann niemand wollen.“
Die antifaschistische Bewegung muss jetzt offensiv bleiben, den neuen FPÖ-Chef Norbert Hofer sofort für dessen faschistische Gesinnung ins Visier nehmen und die gesamte blau-braune Bagage mit nassen Fetzen aus dem Parlament jagen.