Linke Aktivisten im Visier: Staatspolizei im Dienste der FPÖ

Die österreichische Staatspolizei versucht in einer offenbar politisch motivierten Attacke erneut antifaschistische und antirassistische Proteste zu kriminalisieren. Aktivist_innen werden derzeit systematisch mit Anzeigen wegen angeblicher „Missachtung der Pflichten“ von Versammlungsleitern und Ordner_innen eingedeckt. Die Betroffenen wehren sich und sammeln Spenden.
27. Januar 2017 |

Die Staatspolizei – das Landesamt für Verfassungsschutz Wien (LVT) – hat nach Demonstrationen für das Recht auf Asyl und gegen die FPÖ führende Aktivist_innen angezeigt. Alleine gegen Mitglieder der Neuen Linkswende liegen derzeit mehrere Anzeigen wegen angeblicher „Missachtung der Pflichten“ von Versammlungsleitern und Ordner_innen vor (Versammlungsgesetz § 11) vor. Offenbar sollen wir eingeschüchtert werden und die Staatspolizei hat vielleicht die Hoffnung, dass wir in Zukunft von weiteren Demonstrationen absehen.

„Ganz offensichtlich geht es dem Verfassungsschutz darum, linke Proteste zu kriminalisieren und Aktivist_innen einzuschüchtern und finanziell auszuhungern“, sagt David Albrich, Redakteur der Neuen Linkswende und selbst Betroffener. „Dieser politisch motivierte Angriff auf das demokratische Versammlungsrecht wird allerdings nach hinten losgehen. Wir werden mehr Spenden sammeln, als Prozess- und Anwaltskosten und etwaige Verwaltungsstrafen ausmachen, und dieses Geld in den Aufbau von weiteren Protesten investieren.“

Betreff: „Versammlungsfreiheit“
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In den Anzeigen, die der Neuen Linkswende vorliegen, geht es um die Demonstration gegen Abschiebungen #LetThemStay am 26. November und die F*CK HOFER-Proteste am 3. Dezember. Die Staatspolizei wirft Aktivist_innen vor, nicht gegen Teile der Demonstration vorgegangen zu sein, als diese sich angeblich „vermummt“ und „bengalische Feuer“ gezündet hätten.

Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik, die die Demo am 26. November organisiert hat, wehrt sich gegen den Angriff und schreibt in einer Stellungnahme: „Versammlungsleiter_innen und Ordner_innen sollen eingeschüchtert werden, indem auf sie ‚Polizeiaufgaben‘ abgewälzt werden und sie zu ‚Hilfssheriffs‘ gemacht werden.“

Keine Spaltung zulassen

In einer der Anzeigen hegt der Verfasser, ein gewisser „Mag. Schweizer“ (wie nennen ihn im folgenden „Agent Schweizer“), besonderen Groll gegen Antifaschist_innen des „Schwarzen Blocks“. Die Behörden versuchen hier ganz offensichtlich einen Keil zwischen „gute“ und „böse“ Demonstrant_innen zu treiben – eine Polizeistrategie, die uns nur allzu gut in Erinnerung ist.

2014 ließ der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl die Proteste gegen FPÖ-Akademikerball niederknüppeln und verkündete dann (unter Berufung auf den Verfassungsschutz und das Vermummungsverbot): „Wer sich mit Hunden ins Bett legt“ – damit meinte er angeblich „gewaltbereite Demonstranten“ – dürfe „sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht“. Antifaschist_innen bezeichnete er als „Kriminelle“, die „zur Strecke“ zu bringen wären.

Diese Aussagen sorgten für riesige Empörung. Albrich, der eine Demo gegen den Polizeipräsidenten organisierte hatte, sagt: „Wir weigerten uns damals, uns von Teilen von antifaschistischen Demonstrationen zu distanzieren, und daran wird sich auch heute nichts ändern. Politischer Protest ist kein Verbrechen, sondern ein demokratisches Recht.“

Die wegen Vermummung Angezeigten werden gebeten, sich bei uns zu melden, damit wir uns gemeinsam gegen die Angriffe durch die Behörden wehren und mögliche rechtliche Schritte koordinieren können. Niemand soll auf den Kosten sitzen bleiben.

Verfassungsschutz bereits blau?

Ob „Agent Schweizer“ der Staatspolizei FPÖ-Anhänger oder gar Mitglied der freiheitlichen Gewerkschaft (AUF) ist, wissen wir nicht, aber er hat ganz offensichtlich eine politische Motivation. Er echauffiert sich in der Anzeige zur F*CK HOFER-Demonstration, dass bereits im Vorfeld zu „militantem Antifaschismus“ aufgerufen wurde und Burschenschafterbuden entlang der Demoroute ins Visier genommen wurden. Im FPÖ-Sprech beschwert er sich, dass vor dem Schulhaus in der Fuhrmannsgasse (Treffpunkt der „Identitären Bewegung“) und anderen Burschenschafterbuden (mit Mitarbeitern in Norbert Hofers Parlamentsbüro) „Reden gegen politisch anders Denkende gehalten“ wurden.

Springt er damit für die „amtsbekannten Neonazis“ in den „Reihen der Bewegungseliten“ der Identitären in die Bresche? Zu dieser Einschätzung kam nämlich ausgerechnet jene Behörde, für die „Agent Schweizer“ arbeitet. Ironischerweise hat unser Versammlungsleiter in seiner Rede vor besagtem Gebäude auf eben jenen Bericht des Verfassungsschutzes hingewiesen.

Die Polizei ist der natürliche Feind der Linken

Die Polizei ist der natürliche Feind der Linken

Wir verurteilen den jüngsten Angriff auf das Versammlungsrecht und schließen uns der Plattform für eine menschliche Asylpolitik an, die schrieb: „Gerade zu einer Zeit, in der die Regierung Menschen- und Grundrechte am laufenden Band bricht … und damit ständig FPÖ-Forderungen umsetzt, ist Protest nötiger denn je.“

Unterstützt uns mit einer Spende und helft mit, die nächsten Proteste am 18. März, dem internationalen Aktionstag gegen Rassismus #M18, aufzubauen. Beteiligt euch an den Protesten gegen die FPÖ-Burschenschafterbälle in Wien am 3. und in Linz am 4. Februar und besucht unsere Spendenparty Love Music Hate Strache am 3. Februar im Club Duplex.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.